Landtag, 9. Sitzung vom 30.09.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 89
stärkeren psychischen Belastungen in der Zukunft leiden! (Beifall bei den NEOS.)
Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächste ist Frau Abg. Korosec zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
Abg. Ingrid Korosec (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ja, es ist richtig, psychische Erkrankungen sind stark im Ansteigen. In Wien wurde in den letzten Jahren eine Reihe von Schritten gesetzt, und zwar in die richtige Richtung, um diesen großen Herausforderungen auch zu begegnen. Der Psychosoziale Dienst PSD unter der Führung von Dr. Psota hat sich sehr, sehr positiv entwickelt, stößt aber natürlich auch an Kapazitätsgrenzen. Daher bin ich sehr einverstanden mit diesem Antrag, der jetzt einmal alles zusammenfasst, wo viele Maßnahmen notwendig sind. Diese können sicher nicht von einem Tag auf den anderen gemacht werden, aber die Linie muss klar sein. Daher werden wir diesem Antrag selbstverständlich zustimmen.
Wir bringen allerdings auch noch einen Antrag, meine Kollegin Dr. Kugler wird ihn einbringen, für kurzfristige Maßnahmen, die rasch gesetzt werden müssen. Die Frau Landesrätin weiß es: Kinder werden nach wie vor in Einrichtungen behandelt, wo sie nicht hingehören, nämlich in Einrichtungen für Erwachsene, weil wir eben zu wenige Plätze, zu wenig Betten haben.
Ich erinnere mich an die Untersuchungskommission. Ich glaube, es war 2007. Damals haben uns schon alle Expertinnen und Experten gesagt: Hier muss Veränderung kommen. Die Veränderung ist leider noch nimmer nicht da. Wir haben 56 Betten, und das ist natürlich viel zu wenig. Also das wäre eine Maßnahme, die rasch erledigt werden muss.
Ich komme auch zum Thema Demenz. Demenz entwickelt sich heute zu einer Volkskrankheit, kann man sagen. Der Österreichische Demenzbericht ist sehr, sehr alarmierend. Man muss sich vorstellen: Im Jahr 2000 lag die Anzahl der Dementen bei 90.000. Wir haben jetzt 120.000. Die Experten rechnen 2030 mit 175.000 und im Jahr 2050 mit 262.000 Betroffenen.
Meine Damen und Herren, das würde bedeuten, in 50 Jahren hätte sich diese Krankheit verdreifacht. Daher ist jede Initiative, die da gesetzt wird, notwendig und wichtig. Vor allem Unterstützungsangebote müssen für die Betroffenen ausgebaut werden, aber auch die Entlastung für Angehörige. Auch hier müssen Maßnahmen gesetzt werden.
Es gibt aber viele Probleme im niedergelassenen Bereich, das möchte ich erwähnen. Versorgungsangebote müssen erreichbar und leistbar sein. Erreichbar sind sie nicht, denn wir haben in Wien fünf Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie, die einen Kassenvertrag haben. Um die Leistbarkeit ist es noch schlechter bestellt. Eine Behandlungseinheit von 50 Minuten kostet 80 EUR bis 100 EUR. Im ASVG-Bereich zahlt die Krankenkasse 21,80 EUR, und Sie werden es nicht glauben: Das wird bezahlt seit 1992, denn 1992 wurde das eingeführt, vor 24 Jahren, und in diesen 24 Jahren ist überhaupt nicht valorisiert worden. Nun weiß ich schon, Frau Landesrätin, Sie werden sagen, ist nicht meine Aufgabe. Ich würde Sie aber wirklich bitten - denn wir wissen, es geht auch ums Kontingent, das jetzt sehr rasch aus ist - Ihren Einfluss, und den haben Sie natürlich, geltend zu machen, damit hier eine Erhöhung möglich ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Veronika Matiasek: Als Nächste ist Frau Abg. Meinhard-Schiebel zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
Abg. Brigitte Meinhard-Schiebel (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Natürlich unterstützen wir diesen Antrag, den die ÖVP in diesem Bereich gestellt hat, aber ich glaube, es geht um noch viel mehr, es geht um den Antrag, den die SPÖ und wir gemeinsam dazu stellen. Denn die Psychiatrie hat immer noch ein schlechtes Image. Das liegt an den alten Bildern, die wir alle davon haben. Wir sind noch nicht befreit davon. Es geht um die Klapsmühle, um den Narrenturm, um Irre, um Veitstanz, und so weiter.
Die Psychiatriereform in den 1980er Jahren war einer der allerwichtigsten Schritte zu einem Verständnis von psychischer Erkrankung und vor allem dessen, was es bedeutet, darunter zu leiden. Der Psychiatrische und Psychosomatische Versorgungsplan Wien, PPV genannt, bietet eine moderne Behandlung, um mit dieser oft sehr qualvollen Erkrankung umgehen zu können.
Was allerdings heute schon klar ist, ist, dass die psychischen Erkrankungen facettenreicher geworden sind und ganz dringend weitere Ressourcen notwendig sind. Wo Depression, Manie, Schizophrenie, et cetera besser behandelbar sind, wo niederschwellige Ambulatorien Klinikaufenthalte ablösen, wo möglichst realitätsnahes Leben möglich wird, kommen Krankheitsbilder dazu, die behandlungsmäßig enorme Herausforderungen sind.
In der Landeszielsteuerung für Gesundheit finden sie aber auch bereits ihren Niederschlag. So wird die Demenzstrategie, die 2015 auf Bundesebene erarbeitet wurde, in einem Pilotprojekt von heuer bis 2018 durch den Psychosozialen Dienst in Wien umgesetzt - ein hochprofessionelles Projekt, das wir in Zukunft ganz dringend brauchen werden.
Aber eine besondere Herausforderung für die Psychiatrie ist es, dass Flüchtlinge, die oft schwer traumatisiert sind, Hilfe brauchen, um auch integriert werden zu können. Wenn Menschen traumatisiert sind, ist ihre psychische Gesundheit, ihre Identität gefährdet. Traumatisierungen sind schwere individuelle Verletzungen und haben unterschiedliche Auswirkungen: Depression, Aggression, psychosomatische Erkrankungen und suizidales Verhalten sind oft genug die weiteren Folgen.
Wenn es immer wieder um die Frage geht, wie das mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie aussieht: Selbstverständlich sind Kinder und Jugendliche im Fokus. Da geht es aber nicht einfach nur darum, wie viele Betten es gibt, nicht nur um Klinikaufenthalte, sondern um den Ausbau von niederschwelligen Zugängen, von tagesklinischer Betreuung, und das geschieht. Und die Ausbildung von Psychiatern und Psychotherapeuten, das wissen Sie alle selbst, ist eine extrem langfristige. Deshalb
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