Landtag, 9. Sitzung vom 30.09.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 89
Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es ist sehr, sehr viel wichtiger, in die Prävention zu investieren, und ich möchte hier sagen, Kindergesundheitspolitik ist Zukunftspolitik. Kindergesundheitspolitik braucht eine stärkere, politische Priorität und die haben wir nicht. Wir brauchen (Beifall bei den NEOS.) hier sehr viel mehr Prävention und nicht nur nachsorgende Maßnahmen. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Punkt und das ist auch etwas, das von sehr vielen Experten immer wieder gefordert wird, denn wir hinken hier immer wieder hinterher, und in Wirklichkeit läuft uns in vielen Bereichen auch die Zeit davon. Das, was wir jetzt an Versorgungskapazitäten skizziert haben, wird ja dem, was wir an zukünftigen Problemen gerade bei Kindern und Jugendlichen haben werden auf Grund der Rahmenbedingungen, auf Grund der Umfeldbedingungen sicherlich bei Weitem nicht gerecht. Man muss hier ganz klar sagen, dass sich hier gerade die Gesundheitsrisken für Kinder und Jugendliche in dem Fall massiv verändert haben und wir eine ganz andere Form der Versorgungsstruktur brauchen.
Ich möchte hier noch einmal betonen, dass der PSD hier sicherlich auch sehr viel in Vorleistung gegangen ist und bemüht ist, das entsprechend zu verändern. Aber die Zunahme von verschiedenen Lebensstilerkrankungen, die Chronifizierungs- und Entwicklungsbeeinträchtigungen, die auch damit zu tun haben, in welchem sozialen Umfeld Kinder und Jugendliche aufwachsen, die auch damit zu tun haben, was das Thema der Bildungschancen betrifft - wir müssen diese Themen sehr viel integrierter sehen. Die Kinder- und Jugendheilkunde, Bildung und soziale Aspekte halte ich für extrem wichtig und hier eine viel integriertere Vorsorge zu treffen und nicht nur am Ende der Kette die entsprechenden Erkrankungen zu heilen, denn das ist viel teurer als die Prävention. Daher fordern wird ganz klar einen Fokus, einen sehr viel stärkeren Fokus, eine politische Priorität in der Kinder- und Jugendheilkunde. (Beifall bei den NEOS.)
Woran mangelt es im Moment? Es mangelt ja nicht nur an den Versorgungseinrichtungen am Ende der Kette der Behandlung, sondern woran es mangelt, und das ist wieder ein Aspekt, den ich gestern schon erwähnt habe, denn wir setzen hier sehr stark auf evidenzbasierte Gesundheitspolitik, ist, es mangelt auch an Gesundheitsdaten. Wir haben zu wenig integrierte Gesundheitsdaten für Kinder und Jugendliche. Ich hielte das für sehr, sehr wichtig, hier sehr viel stärker anzusetzen, hier sehr viel stärker zu vernetzen und auch wirklich die Datengrundlage zu haben: Was sind denn in Zukunft die Voraussetzungen, um hier wirklich präventiv Maßnahmen entsprechend zu setzen? Das heißt, dieses Thema der Kinder- und Jugendheilkunde ist eine Querschnittsmaterie, und ich hielte es für wichtig, diesen eine stärkere politische Priorität zu geben.
Die Probleme wurden schon aufgezeigt. Gerade im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie haben wir natürlich ein massives Ausbildungsproblem. Wir haben viel zu wenige Fachärzte, wir haben viel zu wenige Kassenärzte und eigentlich ist gerade der Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein wunderbares Beispiel einer Mehrklassenmedizin, weil viele Menschen einfach in die Wahlarztordinationen getrieben werden, weil es viel zu wenig Kapazitäten im Bereich der niedergelassenen Ärzte gibt, die entsprechende Kassenverträge haben. Auch darauf muss man schauen. Das heißt, wir erzeugen hier von Anfang an gerade im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie eine Mehrklassenmedizin. Insofern halte ich es eben für wichtig, hier eine politische Priorität zu haben, und ich bin deswegen auch der Volksanwaltschaft dankbar, dass sie dieses Thema hier aufgegriffen hat. Ich halte es für wichtig und ich denke, wir sollten hier gemeinsam daran arbeiten, für unsere Kinder gerade diese Basis zu schaffen, um hier eine starke politische Priorität für die Kinder- und Jugendgesundheit zu schaffen. Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und ÖVP.)
Präsidentin Veronika Matiasek: Als nächste Rednerin ist Frau Dr. Kugler zu Wort gemeldet. Ich bitte darum.
Abg. MMag. Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Vielen Dank. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Volksanwälte!
Ich kann mich da eigentlich in allen Punkten meinem Vorredner, dem Kollegen Gara, anschließen und möchte Ihnen zuallererst für Ihre Arbeit danken. Die Arbeit der Volksanwaltschaft ist für die Demokratie ganz wichtig. Ich sage das bewusst so breit und ich sehe auch den Einzelfall, aber das ist etwas, was man nicht genug hervorheben und nicht genug loben kann. Sie haben im Jahr 2015 über 1.000 Beschwerden angesehen und dann auf 151 Missstände hingewiesen. Es ist gut, dass diese Hinweise bei uns Resonanz finden und darum nehmen wir diesen Bericht auch sehr gerne zur Kenntnis.
Ich möchte jetzt meine heutige Redezeit dazu verwenden, um auf drei Bereiche einzugehen, die Sie in diesen Missständen aufgreifen. Das Erste ist, wie auch schon mehrfach angesprochen, das Thema Missstände im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie. Es ist für mich eigentlich sehr überraschend und auch gut zu sehen, wie das alles zusammenpasst, denn jetzt haben wir gerade eine Aktuelle Stunde gehabt und von den Regierungsparteien gehört, wie gut denn alles ist. Kollege Wagner hat uns genau erklärt, das alles ist erstens einmal sowieso auf dem besten Wege. Da denke ich mir, es ist gut, wenn er sich jetzt den Volksanwaltschaftsbericht genau anschaut. Aber zweitens weiß man oft auch gar nicht, was es eigentlich brauchen würde, denn auch die Ärzte sind sich hier nicht immer einig. Und auch da kann ich nur sagen, die Volksanwälte haben das sehr gut ausgearbeitet, wie es mit der zu geringen Bettenkapazität in der Kinder- und Jugendpsychiatrie aussieht. Interessanterweise kann man ja, wenn man das rechnerisch herunterbricht, sagen, dass in Wien im Schnitt täglich 2 Minderjährige, also Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren, in der Erwachsenenpsychiatrie untergebracht werden müssen, und dort fehlt natürlich die altersadäquate Betreuung. Wir haben uns die Forderungen der Volksanwaltschaft sehr genau angesehen und haben sie auch noch ein bisschen weiter vertieft. Wir haben auch schon mehrmals in den Diskussionen hier an dieser Stelle gesagt, dass es unerlässlich ist, dass eine Gemeinderätliche Psychiatriekommission eingesetzt wird, die einen integrativen Psychiatrieplan für Wien für psychisch erkrankte Erwachsene, Kinder und Jugendliche ausarbeitet, der dann alle fünf Jahre überarbeitet wird.
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