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Landtag, 17. Sitzung vom 29.06.2017, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 67

 

Im Petitionsausschuss, der Gegenstand dieses Berichts ist, gibt es Probleme in der Abwicklung. Diese zeigen sich aber nicht im schlechten Umgang der Mitglieder untereinander, sondern diese Probleme bestehen in den rechtlichen und sachlichen Gegebenheiten und vielleicht ab und zu auch in nicht ganz zutreffenden Interpretationen eines nicht ganz ausgereiften Gesetzes. Konkret problematisch dabei ist, dass die vielleicht nicht petitionsfreundlichste Auslegung auf Grund der Unausgereiftheit des Gesetzes ein bisschen von den Petitionswerbern ausgebadet werden muss. Das heißt, im Endeffekt gehen die Interpretationen des Gesetzes zu Lasten oder, wenn wir es gut machen, zu Gunsten der Petitionswerber.

 

Und das heißt wiederum mit anderen Worten: Es besteht großer und dringender Handlungsbedarf im Bereich des Petitionsrechtes in Wien. Deshalb werde ich jetzt den Antrag der Freiheitlichen Fraktion im Petitionsausschuss vortragen: Es ist dies ein Beschussantrag der FPÖ-Landtagsabgeordneten Wolfgang Seidl, Manfred Hofbauer, Gerhard Haslinger, Michael Niegl, Klaus Handler, Nemanja Damnjanovic, Michael Stumpf, Ricarda Reif, Christian Unger, Stefan Berger und Lisa Frühmesser zum dem Thema, das wir auch in Zukunft ein bisschen als Arbeitstitel weiter pflegen möchten, nämlich: „Wiener Runder Tisch zur Weiterentwicklung des Petitionsrechtes.“

 

Nun einige Sätze zum besseren Verständnis, worum es beim Petitionsrecht geht: Das Petitionsrecht ist seit 1867 im Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger als verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht in der österreichischen Rechtsordnung verankert. Meine Damen und Herren! Ich betone die Jahreszahl 1867: Warum ist diese so interessant? - Weil dieses Petitionsrecht in den Revolutionen des Jahres 1848 in Wien und in anderen mitteleuropäischen Städten erkämpft wurde, als sich die Menschen, Bürger, Studenten, Arbeiter, Bauern, gegen ein absolutistisches System gewehrt haben. 1848 war das eine der wesentlichen Forderungen im Hinblick auf Freiheitsrechte und demokratische Rechte.

 

In Wien wurde das Petitionsrecht 2013 gesetzlich verankert. An dieser Stelle möchte ich einen wichtigen Punkt erläutern, weil kaum jemand mit dem Begriff Petition im engeren Sinne etwas anfangen kann und ein falsches Verständnis davon entstehen könnte, was mit Petition gemeint ist. Nicht damit gemeint ist, dass es das ganze Recht einer Petition wäre, dass irgendein Unterworfener dem Fürsten, dem Kaiser, dem König oder der Stadtregierung sagen darf, was er sich denkt.

 

Das freiheitliche Verständnis des Petitionsrechtes besteht darin, dass das ein Recht ist, gewisse Anliegen an die Regierenden heranzutragen, und zwar, wie ich ausdrücklich betonen möchte, mit dem Anspruch auf inhaltliche Befassung und Erwägung des Anliegens und der Argumente in der Entscheidungsfindung. Ich betone das noch einmal, weil das sehr wichtig ist: Es besteht bei der Petition ein Anspruch auf inhaltliche Befassung und Erwägung des Anliegens und der Argumente in der Entscheidungsfindung.

 

Das heißt, eine solche Petition geht sehr viel weiter, als dass man etwas erreichen möchte, dass man dann dafür 500 Unterschriften sammeln darf und somit der rot-grünen Stadtregierung gesagt hat, dass man etwas haben möchte. Nein, meine Damen und Herren! Das Petitionsrecht geht weiter: Man hat einen Anspruch darauf, dass das Thema behandelt wird, dass recherchiert wird und dass der Inhalt der Petition dann auch in der Entscheidungsfindung erwogen wird. Das Petitionsrecht beinhaltet nicht das Recht, dass so entschieden wird, wie das Anliegen lautet, aber die Petitionswerber haben das Recht darauf, dass das Anliegen erwogen wird und dass die Regierenden nachher erklären, warum sie gewisse Anliegen und Argumente der Petitionswerber nicht befolgt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Jetzt habe ich schon über die Schwächen gesprochen, und ich möchte den Bogen nicht zu weit spannen und die Zeit nicht zu sehr in Anspruch nehmen, weil ich glaube, dass die Botschaft klar ist: Es gibt ein Defizit, das in der Formulierung des Gesetzes begründet ist. Es ist dies ein sehr kurzes Gesetz, und kurze Gesetze haben normalerweise Vorteile. Wenn aber nicht klar ist, was in der Kürze gemeint ist, dann hat das auch Nachteile und dann muss man daran arbeiten, die Formulierungen zu verdeutlichen.

 

Es gibt oft starke Kritik von Wienerinnen und Wienern, die eine Petition eingebracht haben und das dann so erlebt haben: Sie haben einen Haufen Unterschriften für ihr Anliegen gesammelt, oft sammeln sie tausende Unterschriften, kommen also weit über die 500 hinaus. Das reichen sie ein, und dann wird irgendetwas in einer geheimen Sitzung entschieden. - Ich werde oft kritisiert, wenn ich von solchen „Geheimsitzungen“ hinter verschlossenen Türen spreche, aber das ist ja nichts anderes, denn der Petitionsausschuss und auch die anderen Ausschüsse sind nicht öffentlich. Daher haben die Petitionswerber den Eindruck, dass in einer geheimen Sitzung irgendetwas entschieden wird, was ihnen dann irgendwann mitgeteilt wird, und zwar leider Gottes zunehmend häufig zu einem Zeitpunkt, wenn über das Anliegen schon entschieden ist, sei es durch Flächenwidmung, sei es betreffend Parkpickerl wie in diesem Fall. - Ich glaube, ich brauche jetzt nicht mehr viel in Details eingehen, um zu zeigen, dass da Verbesserungsbedarf besteht.

 

Darüber besteht hier an sich Konsens. Es besteht Konsens darüber, dass wir das Petitionsrecht in Wien weiterentwickeln müssen, und dieser Konsens besteht, glaube ich, quer durch alle Parteien. Wenn wir uns aber einig sind und ein grundsätzlich ähnliches Verständnis über das Petitionsrecht als wesentlichen Bestandteil der Instrumente der Bürgerbeteiligung haben und dieses weiterentwickeln wollen, dann müssen wir einen nächste Schritt setzten. Deshalb sage ich im Hinblick darauf, dass wir einen gewissen Stillstand haben und nicht wirklich etwas weitergegangen ist, es zwar gute Gespräche, aber keine Ergebnisse gegeben hat: Machen wir doch einen Runden Tisch! Bringen wir das in eine Form und versehen wir es sozusagen mit ein bisschen Regelmäßigkeit. Wir können ja immer zusammenkommen und über irgendetwas reden, und das tun wir auch, aber

 

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