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Landtag, 23. Sitzung vom 26.01.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 46 von 52

 

es wird gespart bei allen möglichen Ausgaben. Und Sie kennen diesen Teufelskreis. Man fängt an, weniger fortzugehen, man trifft sich weniger, man lädt niemanden mehr ein, soziale Kontakte werden weniger. Mit der Abnahme der sozialen Kontakte hat man vielleicht auch eine Einschränkung im ganzen Netzwerk, die Jobs werden auch über Mundpropaganda weitergegeben. Die Situation wird also immer schlechter, und je länger diese Arbeitslosigkeit dauert, umso mehr sind die negativen Folgen spürbar, finanzieller Natur, auch gesundheitlicher Natur, sozialintegrativer Natur, und es wird immer schwieriger, sich da herauszuheben, weil letztendlich diese Faktoren von den Unternehmen noch einmal negativ bewertet werden und Jobabsagen zur Folge haben.

 

Die reichen Arbeitslosen gibt es also nicht. Und um das noch einmal ganz konkret zu machen, wie das bei der Notstandshilfe ausschaut: Eine Frau hat am Tag 22 EUR und im Monat im Schnitt 667 EUR. Es ist daher überhaupt nicht verwunderlich, sondern logisch, dass ein gewisser Teil aus der Notstandshilfe überhaupt nicht über die Runden kommt, sondern jetzt schon auf die Mindestsicherungsleistung angewiesen ist. Die Wirtschaftskrise hat diese Zahl der NotstandshilfeempfängerInnen seit 2009 verdoppelt und die Zahl der Frauen ist dort auch sehr hoch, nämlich die Hälfte. Und das zeigt, obwohl bei den Arbeitslosenzahlen die Frauen nicht die Hälfte stellen, dass sie bei Langzeitarbeitslosigkeit besonders auf das Aufstocken durch die Mindestsicherung angewiesen sind.

 

Und noch ein Problem! Ich möchte Sie an den 12. Oktober erinnern, insbesondere die Damen und Herren der FPÖ. Am 12. Oktober haben Ihre Kolleginnen im Nationalrat einer Initiative der grünen Sozialsprecherin Judith Schwentner zugestimmt. Diese Initiative war eigentlich bahnbrechend. Es geht darum, eine partnerunabhängige Notstandshilfe zu schaffen. Und Ihre Sozialsprecherin damals hat gesagt, das ist sinnvoll, sinnvoll auch im Sinne der Frauen, ihrer ökonomischer Unabhängigkeit, es ist sinnvoll, weil es um Armutsbekämpfung geht. Und genau darum geht es. Die Notstandshilfe muss eine eigenständige Leistung werden. Dieser Beschluss wurde am 12. Oktober vom Nationalrat gefasst, mit den Stimmen von GRÜNEN, SPÖ und FPÖ.

 

Und ich möchte Sie daran erinnern, sehr geehrte Damen und Herren in der FPÖ, ändern Sie dieses Gesetz, das am 1. Juli kommen soll, nicht, denn dieses Gesetz bedeutet Eigenständigkeit für Frauen. Zu 60 Prozent sind nämlich Frauen von der Anrechnung des Partnereinkommens betroffen. Wie Sie wahrscheinlich wissen, die Notstandshilfe ist nicht wie das Arbeitslosengeld eine eigenständige Leistung ist, sondern man schaut, was verdient der Partner/die Partnerin. Und in den meisten Fällen ist es halt so, dass der Partner mehr verdient, und das hat zur Folge, dass die Frauen weniger bis gar keine Notstandshilfe bekommen. Das heißt, das gesamte Haushaltseinkommen wird dadurch schon extrem geschwächt. Und auf diese Problematik hat dieser Beschluss am 12. Oktober hingewiesen, hat eine Korrektur in die Wege geleitet. Diese Korrektur wird auch ad absurdum geführt, wenn die Notstandshilfe jetzt abgeschafft wird.

 

Deswegen sind wir wirklich dafür, dass die Notstandshilfe natürlich reformiert wird, auch reformiert im Sinne dieses Beschlusses vom 12. Oktober, aber auch im Hinblick auf eine höhere Leistung, denn derzeit ist das ein Leben in Armut und ein weiteres Abdriften in eine soziale Situation, die de facto nur mehr schwer packbar ist.

 

Noch etwas möchte ich hier sagen, da wir uns ganz genau anschauen können, wie sich die Situation in Deutschland mit der Einführung von Hartz IV entwickelt hat. Wie hat sich das System verändert? Was ist dort passiert? - Wir wissen, es gab einen riesigen Anstieg an Niedriglohnarbeit. Deutschland hat praktisch eine prekäre Vollbeschäftigung. Die Leute sind nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik, aber sie sind im Niedriglohnbereich. Und das kann man unserer Ansicht nach nicht wollen. Wir wollen keinen Anstieg im Niedriglohnbereich, sondern wir wollen, dass die Menschen ein gutes Einkommen, ein faires Einkommen, ein existenzsicherndes Einkommen haben und sich dann nicht zu Minijobtarifen veräußern müssen. Ich glaube - das ist auch mehrfach belegt -, der Grund, warum diese Erhöhung des Drucks auf Erwerbsarbeitslose oder letztendlich auf alle Beschäftigten nicht mehr Jobs schafft, ist, dass er eigentlich nur die Spirale anheizt: Wer arbeitet billiger? - Das ist die Spirale. Es wird dadurch kein neuer Job geschaffen, sondern es werden nur billigere Löhne geschaffen. Deswegen ist auch aus dieser Perspektive eine solche arbeitsmarktpolitische Fehlentscheidung aufs Äußerste abzulehnen. (Zwischenruf von Abg. Wolfgang Seidl.) Aus Deutschland können wir also sehr viel lernen hinsichtlich dessen, was Hartz IV dort an Verschiebungen verursacht hat. Ich warne wirklich vor diesem Paradigmenwechsel, den Sie vorhaben. Nehmen Sie davon Abstand, machen Sie keine Hartz-IV-Situationen in Österreich! Wir brauchen stattdessen geförderte Arbeitsplätze, wir brauchen kollektivvertraglich abgesicherte Arbeitsplätze. Was wir definitiv nicht brauchen - aber das haben Sie schon gemacht! -, ist die Verschärfung der Zumutbarkeit. Für Sie ist das überhaupt kein Problem, wenn man stundenlang auf der Straße oder auf der Schiene unterwegs ist und daneben Haus, Kinder, Hobbys, Ehrenamt auf der Strecke bleiben. Für Sie ist es überhaupt kein Problem, wenn Leute 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche schuften müssen. Für Sie fällt das unter die Kategorie Sozialpolitik. Es ist sehr entlarvend, wie Sie Sozialpolitik verstehen.

 

Ich möchte noch einmal zusammenfassen, warum wir ganz strikt gegen die Abschaffung der Notstandshilfe sind: Zum einen fördert sie Armut und insbesondere Altersarmut. Sie fördert den Niedriglohnbereich, sie treibt Menschen in die Armut. Sie müssen wirklich das letzte Hemd ausziehen, denn das ist ein völliger Wechsel. Wir sind dafür, dass es eine Versicherungsleistung bleibt und keine Sozialleistung.

 

Frau Korosec, ich finde das irgendwie skurril, zu sagen: Wer länger einzahlt, soll mehr kriegen. Würden Sie beispielsweise im Gesundheitssystem sagen, na ja,

 

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