Landtag, 26. Sitzung vom 28.06.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 84
Abg. Mag. Christoph Chorherr (GRÜNE): Frau Präsidentin! Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!
Wir diskutieren öffentlich oft kurzfristige Regelungen heftig, wo man sich nach zwei Monaten fragt, hat das einen Sinn gehabt oder nicht, und manchmal heißt Politik, Rahmenbedingungen zu ändern, die wirklich große Auswirkungen haben. Dieses Gesetz, das wir heute beschließen - da bin ich mit dem Kollegen Gara und dem Kollegen Ulm, glaube ich, einer Meinung - wird große Auswirkungen auf die Zukunft des Stadtbildes, der Mieten Wiens haben.
Und jetzt versetze ich mich ganz kurz in eine Stimmung der Bevölkerung und frage die Bevölkerung, ob Gründerzeithäuser, schöne Häuser vollkommen ohne jede Prüfung der Behörde einfach abgerissen werden können. Und ich sage Ihnen - wir haben diese Umfrage nicht gemacht -, was ich vermute: 80 Prozent der Leute sagen: Was, völlig ohne Prüfung darf ein Gründerzeithaus abgerissen werden, nein, das wollen wir nicht! (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Ich glaube, 90 Prozent!) - Egal, die überwiegende Mehrheit, denke ich, stimmt bei der Frage zu, ob sich irgendjemand anschauen soll, ob ein Haus einen Wert für das Stadtbild hat. Und das behellige und verhehle ich jetzt nicht, denn es ist nicht bei allen unseren Forderungen so, dass wir das Gefühl haben, dass 90 Prozent der Leute hinter uns stehen. In diesem Fall glaube ich jedoch, dass 90 Prozent der Leute das anders sehen als NEOS, ÖVP und FPÖ. Das beschließen wir heute.
Trotz der wertgeschätzten und sehr präzisen Argumentationen von Kollegen Ulm, aber hier hat der Herr Abgeordnete nicht richtig argumentiert, dass jetzt alle Häuser, die vor 1945 errichtet wurden, einfach unter Schutz gestellt werden. Das ist nicht der Fall. Darf ich noch einmal, weil ich glaube, dass jetzt auch viele zuhören, sagen, was heute beschlossen wird: Bevor ein Haus, das vor 1945 errichtet wurde, abgebrochen werden kann, muss die dafür zuständige Magistratsabteilung für Stadtbild sich fragen, ob es ein öffentliches Interesse an diesem Haus gibt. Wenn das nicht der Fall ist, wird sie das bestätigen und das Haus kann abgerissen werden. Es haben mir schon einige geschrieben - Ihnen wahrscheinlich auch - und gesagt, sie haben ein Einfamilienhaus, das - mit Bildern belegt - eigentlich nur abbruchreif ist. Die werden das anzeigen und innerhalb kurzer Zeit wird die MA 19 erklären, dass es da kein öffentliches Interesse gibt und das Haus wird abgebrochen. Es werden auch in Zukunft in einer sich wandelnden Stadt alte Häuser abgebrochen und neu gebaut werden. Selbstverständlich.
Aber das sage ich jetzt ganz bewusst in Richtung FPÖ, ÖVP und NEOS: Was kritisieren diese Parteien nicht permanent seit Jahren, zu heftiger Kritik von Anwohnern, dass schöne Gründerzeithäuser abgebrochen werden, und fragt, wo die Stadtregierung bleibt und warum sie nichts tut. Wumm, das nächste Haus wird niedergerissen. (Abg. Dr. Wolfgang Aigner: Warum hat man bis heute nichts gemacht?) Über 100 Häuser, die vor 1945 errichtet wurden, wurden im letzten Jahr einfach so niedergerissen.
So, und jetzt gibt es zwei Varianten. Der Kollege Gara und der Kollege Ulm schlagen eine besonders bürokratische als Alternative vor, nämlich über 800.000 Häuser - so viele Häuser gibt es in Wien - gesamthaft vorweg zu untersuchen, ob deren Abbruch sinnvoll ist oder nicht. (Abg. Dipl.-Ing. Stefan Gara: Das stimmt nicht!) - Stellen Sie sich diesen Aufwand vor. Wir gehen einen viel unbürokratischeren, klügeren Weg und sagen (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Stimmt nie!), wenn jemand abbrechen möchte, möge er vorher zur MA 19 gehen und die MA 19 wird in kurzer, aber ernsthafter Prüfung hinterfragen - genau das, was im Gesetz steht -, ob der Erhalt dieses Hauses von öffentlichem Interesse ist, ja oder nein, und wird diese Bestätigung ausstellen. Und dann geht man den ganz normalen Weg, geht zu den zuständigen Magistratsabteilungen und kann es abbrechen oder auch nicht.
Wie schaut denn das im internationalen Maßstab aus? Wie schaut denn das in München aus? Wie schaut denn das in Paris aus? Wie schaut das in einem Dutzend anderen Städten aus? Ich sage Ihnen etwas: Nach einem kurzen Überblick über andere Städte, nirgendwo kann man wie bisher in Wien ein altes Haus einfach so abbrechen. Fahren Sie einmal nach Paris, dort ist es nahezu unmöglich, ein altes Haus abzubrechen. Und wir gehen jetzt, glaube ich, einen klugen, intelligenten und unbürokratischen Weg, indem wir sagen: Ja, Häuser müssen erneuert werden, bitte hole dir vorher diese Bestätigung.
Ich möchte mich jetzt vollkommen ohne Zynismus beim Kollegen Ulm und, ich glaube, auch beim Kollegen Pawkowicz - ich kann mich nicht mehr genau erinnern - bedanken, da Sie uns richtigerweise im Ausschuss auf etwas hingewiesen haben. Ich glaube, es waren sogar alle drei, aber deshalb geht man in den Ausschuss und diskutiert das dort. Und da war ein richtiger Einwand, dass dadurch, dass jetzt dieser Paragraph heute vorgezogen wird, eine entsprechend erläuterte Bemerkung, die in der Gesamtnovelle vorgesehen ist, jetzt nicht eindeutig geregelt ist. Und in der Tat wäre es unsinnig, Schutzzonen geringer zu „schützen“ als alle Häuser, das korrigieren wir. Deshalb gibt es einen sinnvollen Weg einer Gesetzwerdung, deshalb gibt es einen Ausschuss und daher gibt es bei der gesamten Baunovelle eine Begutachtung.
Warum ziehen wir das vor? Das zeigen die letzten Tage. Es wäre jetzt Zeit gewesen bis zum Inkrafttreten im Jänner 2019, dass viele Dutzend Häuser, aus Gründen, die ich jetzt auch kurz erläutern möchte, abgerissen werden, da wir in einem Rechtsstaat leben, Gott sei Dank - das sage ich zum Kollegen Gara, denn ich weiß, dass du das auch sehr schätzt und ich denke, wir alle im Haus -, wo ein Gesetz eine lange Werdung hat. Und sinnvollerweise sagt man einmal politisch, was man möchte, dann ging das bisher in eine interne Begutachtung. Und mit Verlaub, eine interne Begutachtung ist so weit, dass es schon legitim ist, vorher zu sagen, was man will, um nicht sozusagen jetzt irgendeinem, der damit an die Medien geht, eine individuelle Interpretation zu lassen und das als gesamthaft darzustellen. Das habe
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