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Landtag, 29. Sitzung vom 25.10.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 34

 

OECD genannt. In diesem Sinne ist diese Studie spannend, weil sie auch ein bisschen Feedback über die aktuelle Bildungspolitik in unserer Republik gibt. Ihr zufolge gibt es zum Beispiel zwei Zusammenhänge, die besonders stark hervortreten: Das eine ist die Tatsache, dass es nicht förderlich ist, sondern eher im Gegenteil, wenn Kinder sehr früh in ihrer Bildungskarriere Jahre wiederholen müssen, sogenanntes Sitzenbleiben, anstatt gezielt in den Bereichen, in denen sie Förderbedarf haben, gefördert zu werden. Das andere ist das Thema stark segregierte Schulen, also schlecht durchmischte, aber auch vom Schulsystem stark segregierte Schulen. Es ist schon spannend, wenn man sich das Pädagogikpaket der Bundesregierung anschaut, das - das ist jetzt nicht mein Wort - in den letzten Tagen von manchen auch als Ideologiepaket bezeichnet worden ist. Dieses Paket der Bundesregierung macht nämlich genau das!

 

Was sollte meiner Meinung nach auch auf Basis der Erkenntnisse der letzten OECD-Studie passieren? - Natürlich, dass man Standorte besonders dort fördert, wo Kinder besondere Förderung brauchen, Stichwort Chancenindex, natürlich, dass man eine bessere Durchmischung in den Schulen schaffen muss, anstatt weitere Mauern hochzufahren oder weitere A- und B-Züge, also Bildungssackgassen, zu schaffen - das werden wir in Wien nicht allein diskutieren können -; natürlich auch, dass man, so wie in 99 Prozent aller OECD-Länder, die Entscheidung über den weiteren Bildungsweg vielleicht nicht mit neuneinhalb Jahren machen muss, sondern etwas später. Was wir in Wien dazu machen, ist eine verstärkte Kooperation mit den Bildungsinstitutionen in den jeweiligen Grätzeln, mit unseren Bildungsgrätzeln.

 

Aber zurück zum eigentlichen Thema: Selbstverständlich sind Ganztagsschulen ein sehr probates Mittel, um unterschiedliche Startbedingungen auszugleichen. Hat ein Kind einen schweren Rucksack zu tragen, durch erhöhten Lernaufwand, durch Übungsaufwand, durch Aufgaben, und dann kommt es nach Hause. Stößt auf Eltern, die dabei helfen können, den Rucksack auszupacken, die dabei helfen können zu lernen, die dabei helfen können, Aufgabe zu machen, oder die sich zumindest eine Nachhilfe leisten können - oder nicht? Und genau diejenigen, deren Eltern sich das nicht leisten können, müssen in unserem Fokus sein. Die probate Antwort darauf ist ein starker Ausbau der ganztägigen Schulformen.

 

Präsident Ernst Woller: Die 2. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Aigner gestellt. Ich erteile ihm das Wort.

 

9.49.46

Abg. Dr. Wolfgang Aigner (FPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrter Herr Landesrat!

 

Sie beziehen sich auf die OECD-Studie. Der Studienautor ist ein bekannter Gesamtschulbefürworter, Herr Schleicher, und das kommt seit vielen Jahren und Jahrzehnten.

 

Es gibt auch andere Zugänge zur Bildungspolitik, ich darf an ein aktuelles Werk der Frau Kollegin Susanne Wiesinger erinnern, die sagt, dass die schlechten Schulergebnisse auch damit zu tun haben, dass immer mehr muslimische Kinder aus einem Elternhaus kommen, in dem es nur wichtig ist, dass der Koran gekonnt wird und dass alles halal ist. Ich glaube, das hat mit der Segregation gar nichts zu tun, das hat dann offenkundig soziokulturelle Hintergründe. Ich denke, so eindimensional, wie das ein Bildungsexperte der OECD sieht, kann man die Sachen nicht angehen. Ich bin froh, dass die Entwicklung unseres Bildungssystems unter unserem neuen Bundesminister Faßmann jetzt in eine andere, nämlich in eine mehr leistungsbezogene Richtung geht.

 

Meine Frage knüpft an die Frage der Frau Kollegin Schwarz an: Bei den ganztägigen Schulformen ist es, glaube ich, gerade in einer Großstadt wichtig, dass die Eltern auch entsprechende Wahlfreiheit zwischen offenen und verschränkten Formen der Ganztagsbetreuung haben. Können Sie auch in Zukunft sicherstellen, dass für jene Eltern, die eine offene Ganztagsbetreuung wünschen, diese auch in Wohnortnähe sichergestellt werden kann?

 

Präsident Ernst Woller: Bitte schön, Herr Landesrat.

 

Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Danke für die Frage. Die Antwort ist: Ja.

 

Präsident Ernst Woller: Die 3. Zusatzfrage wird von Herrn Abg. Aichinger gestellt. Ich erteile ihm das Wort.

 

9.51.27

Abg. Mag. Michael Aichinger (SPÖ): Herzlichen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrter Herr Landesrat!

 

Herzlichen Dank für die bisherigen Ausführungen. Sie haben in Ihren Ausführungen schon auf die Wichtigkeit des Ausbaus der Ganztagsschulen hingewiesen. Ich glaube auch, dass die OECD eine eindeutig international anerkannte Institution ist und durchaus auf der ganzen Welt Stellenwert mit ihren Aussagen besitzt.

 

Nun meine Frage: Welche Auswirkungen haben die Änderungen beim Bildungsinvestitionsgesetz durch die Bundesregierung für den Ausbau der Ganztagsschulen in Wien?

 

Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Danke für die Frage. Ein kleiner Sidestep zur Bemerkung mit der OECD: Selbstverständlich möchte ich an dieser Stelle schon auch ein Bekenntnis dafür ablegen, dass Bildungspolitik gut beraten ist, erstens einmal natürlich auf die Lehrerinnen und Lehrer zu hören, das sind die Praktikerinnen und Praktiker vor Ort, zweitens aber selbstverständlich auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die es weltweit dazu gibt. Ich finde, Politik, die an den Expertinnen und Experten vorbeiagiert, ist schlecht beraten. - Das vielleicht noch als kleiner Sidestep zur Frage vorher.

 

Aber jetzt zum Bildungsinvestitionsgesetz: Im Jahr 2017 hat die vorige Bundesregierung beschlossen, dass ein beträchtlicher Mitteleinsatz, die sogenannte Bankenmilliarde, nämlich 750 Millionen EUR, für den Ausbau ganztägiger Schulformen gewidmet und genutzt werden soll. Das waren meiner Meinung nach ein sehr großer Schritt und auch ein großes Bekenntnis der letzten Bundesregierung dazu, Erkenntnisse, die wir zum Beispiel aus der Wissenschaft haben, ernst zu nehmen. Eine solche Erkenntnis ist, dass ganztägige Schulformen und ein flächendeckender Ausbau ganztägiger Schulformen sehr, sehr wichtig für die Bildungsqualität unserer Republik sind. Jedenfalls wurde dann zur Umsetzung dieser 750 Millionen EUR Investition das Bildungsinvestitions

 

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