Landtag, 30. Sitzung vom 22.11.2018, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 98
Zeit, alles mitzunehmen (Abg. Mag. (FH) Alexander Pawkowicz verlässt mit seinen Unterlagen das Rednerpult.) Bitte sehr.
Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrtes Mitglied der Landesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Natürlich ist die vorliegende neue Bauordnung ein großer Wurf, und das wird auch von der Fachwelt so gesehen, und es wird von den Betroffenen so gesehen. Und das, glaube ich, ist das Ausschlaggebende und nicht, dass sie der Kollege Pawkowicz jetzt so einschätzt, wie er sie eingeschätzt hat. Das sei einmal deutlich gesagt. Es ist ein großer Wurf, und es ist wirklich auch der Stadträtin und ihrem Team, aber auch dem Koalitionspartner zu gratulieren, dass wir das in dieser Form hingebracht haben. Das ist eine große Leistung. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Ich glaube auch wirklich, dass in dem Fall die Zusammenarbeit von Rot-Grün ein Musterbeispiel dafür war, dass man nicht nur Kompromisse schließt, wie es in einer Koalition selbstverständlich ist, sondern dass es sogar eine Synthese von verschiedenen Ideen war. Es waren sehr viele Ideen von uns, von der Sozialdemokratischen Fraktion, aber auch viele von den GRÜNEN. Und diese haben wir zu einem Gesamtpaket, einer Synthese eines großen neuen Gesetzeswerkes gemacht, das sehr, sehr viele positive Auswirkungen auf das Leben der Wienerinnen und Wiener haben wird. Ich bin auch der insgesamt doch seriösen Debatte, mit der jetzt die Bauordnung selbst abgehandelt wird, ein bissel im Unterschied zu vorher, dankbar, auch wenn ich natürlich mit vielem nicht übereinstimme. Der Abg. Weber hat zum Beispiel gemeint, dass er sich intensiv mit der Sache beschäftigt hat, was ich sehr schätzenswert finde, ohne dass es mir da jetzt zusteht, ihn zu qualifizieren, aber dass man eine komplett neue Bauordnung macht, wäre legistisch meiner Ansicht nach auch nicht wirklich sinnvoll. Also wenn sich schon, und das haben Sie zugestanden, seit den Zeiten von Karl Seitz die Bauordnung in der Struktur und dem Ganzen doch bewährt hat, dann wäre es jetzt wahrscheinlich schlecht, wenn wir ein vollkommen neues Gesetzeswerk machen und nicht auf dem aufbauen, was schon von der ganzen Judikatur her und von den Judikaten - abgesehen davon natürlich, dass wir dann alle im großen Stil umlernen müssen und nicht nur immer dazulernen, was neu ist. Das wäre nicht das Richtige. Also wirklich gelungene Gesetzeswerke, das sieht man auch beim ABGB, das seit 1812 im Kernbestand gilt, sollten eher kontinuierlich weiterentwickelt werden und nicht als Ganzes ersetzt werden. Das zum Kollegen Weber.
Dann zum Kollegen Pawkowicz, bevor ich dann auch auf ein paar konkrete Sachen eingehe, der gesagt hat, die Opposition wäre nicht eingebunden gewesen. Also Faktum ist, dass bis knapp vor dem Ausschuss die Signale so waren, dass ihr fast zugestimmt hättet. Also so fürchterlich kann das nicht gewesen sein. Die Einbindung und das Angebot dafür waren da. Es war nicht da von Anfang an, so wie es früher manchmal auch war, dass man schon - so haben wir es einmal, ich glaube, bei der vorletzten großen Novelle, wie noch die Henriette Frank Wohnbausprecherin war, die damals, ich kann mich noch sehr gut erinnern, von Anfang an eingebunden war, auch wirklich sehr intensiv mit hoher Kompetenz und Fachwissen mitgearbeitet hat und auch viele ihrer Punkte durchgebracht hat. Und dann 2 Minuten vor 12, wie es dann darum gegangen ist, dass man die Bauordnung beschließt, hat‘s von oben, ich glaube, da war noch der Strache Landeschef in Wien, offenbar die Signale gegeben: Nein, dem Werk, das ja von den Roten ist, stimmen wir nicht zu, sonst nutzt es denen vielleicht noch. Dass es durchaus ein gemeinsames Werk war, war wurscht. Das hat irgendwie natürlich schon bewirkt, dass man sagt: Ja, irgendwie ist das auch nicht das Richtige. Zuerst arbeitet jemand immer mit und wirklich sehr seriös mit, aber ganz zum Schluss ist dann irgendein höheres Ziel und überhaupt nicht die Sache selbst ausschlaggebend, wie das Stimmverhalten ist. Deshalb hat es diesmal auch ein faires Angebot gegeben. Aber schon nachdem in einer Pressekonferenz, das stimmt, gewisse Grundprinzipien, gewisse Bauelemente der neuen Bauordnung dargelegt worden sind, ab dem Zeitpunkt hätte man ruhig auch, und es ist auch davon gesprochen worden - aber im Endeffekt hat man sich eben dazu entschlossen, nicht zuzustimmen, was ja legitim ist. Trotzdem ist es nicht sehr fair, wenn man nicht so weit auseinander war, generell von einer Mogelpackung zu sprechen, aber es sei ihm unbenommen. So ist das eben in der demokratischen Auseinandersetzung.
Was weniger, weil das auch jetzt noch in der Debatte diskutiert worden ist, vom Kollegen Ulm zu akzeptieren ist, ist, dass er einseitig - bist eh da, ja? - sagt, der Niedermühlbichler und ich seien Klassenkämpfer, weil wir für unser gegenwärtiges Wohnbauförderungssystem sind. Wir diskutieren das jetzt bei der Bauordnung, das hast du auch gemacht, mit und da muss ich schon sagen, abgesehen davon, dass schon Bruno Kreisky gesagt hat, die Sozialpartnerschaft, ein sehr zivilisiertes Instrument, ist eine Form sublimierten Klassenkampfes. Also das ist ja nicht von Haus aus was Schlechtes. Die verschiedenen Gruppen und Klassen müssen ihre Auseinandersetzungen in der Gesellschaft führen, und das ist etwas Selbstverständliches. Die Frage ist nur: Geht das zivilisiert und sachlich vor sich oder recht wild? Und nachdem die Bundesregierung jetzt die Sozialpartnerschaft quasi abschafft oder immer mehr zurückdrängt, wird von dieser Seite, nur jetzt ein Sidestep, es anscheinend für besser empfunden, den schroffen Klassenkampf zu führen statt den sublimierten fairen Klassenkampf der Sozialpartnerschaft. Genauso wäre es natürlich, wenn wir auf deine Forderungen eingehen, und die sind legitim vom Standpunkt einer ÖVP aus. Aber dann würden wir natürlich primär den Immobilienmarkt und die Immobilienmakler bedienen und nicht primär, wie wir es doch eigentlich vorhaben, die Mieterinnen und Mieter. Das sind die Unterschiede ideologischer Natur, zu denen wir auch stehen und auf die wir durchaus stolz sind. Ich glaube, das kann man deutlich auch so zusammenfassen.
Ja, jetzt dann noch eine Richtigstellung zum Kollegen Wiederkehr, der in der heutigen Debatte auch gesagt hat, Rot-Grün hätte beschlossen, dass zwei Drittel aller
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