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Landtag, 33. Sitzung vom 19.12.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 46

 

sind Städte die Laboratorien der Demokratie von morgen.

 

Ein europäisches Leuchtturmprojekt, das ohne EU-Förderung niemals zustande gekommen wäre, ist das Wasserbaulabor DREAM am Brigittenauer Sporn. Ich glaube, viele von Ihnen haben davon schon gehört. Wien wird mit dem Wasserbaulabor eine europaweit einzigartige Forschungsinfrastruktur beherbergen. Die hohe Durchflussmenge ermöglicht einzigartige Erkenntnisse für den Hochwasserschutz und über biologische Prozesse in Flüssen. Das DREAM-Labor steht somit für mehr überregionale Zusammenarbeit, die zu einem Mehr an Wissen, Sicherheit und Umweltschutz führt.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe das Privileg, die Kraft des gemeinsamen Europas in vielen Bereichen meiner Arbeit zu sehen. Ich weiß, was die 66 Millionen EUR aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung in der laufenden EU-Förderperiode für die Stadt Wien bedeuten. Ich sehe die wichtigen Kooperationen im digitalen Bereich, insbesondere in der Donauraumstrategie und der Smart-City-Initiative. Ich höre von einer internationalen Delegation nach der anderen, dass diese hohe Wertschätzung uns hier entgegengebracht wird und wir von Wien aus Impulse in dieses Europa setzen dürfen und setzen können. (Beifall bei der SPÖ sowie von Abg. Birgit Hebein und Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies.)

 

Ich kenne aus eigener Erfahrung und aus vielen, vielen Gesprächen die positive Kraft des Europäischen Binnenmarktes für unsere Wirtschaft und die Sicherung von Arbeitsplätzen in Wien. Und wenn wir über den Arbeitsmarkt sprechen: Allein in den letzten Jahren standen mehr als 70 Millionen EUR europäische Mittel für die Arbeit des WAFF, unseres Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds, zur Verfügung. Mein besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang der Magistratsabteilung 27, die zielstrebig Projekte entwickelt und umsetzt.

 

Eines möchte ich aber hier noch einmal deutlich unterstreichen: Wien profitiert auch wirtschaftlich enorm von der Europäischen Union. Das liegt nicht zuletzt, sondern gerade an unserer internationalen Ausrichtung in Wirtschaftsfragen. In den letzten Jahren konnten wir 191 internationale Betriebsansiedlungen in Wien verzeichnen - ein bisheriger Rekordwert. Allein das letzte Jahr bedeutet das für den Wiener Arbeitsmarkt über 1.000 neue Arbeitsplätze.

 

Wie wichtig die Rolle der Europäischen Union ist, zeigt auch ein detaillierter Blick auf die Statistik von den Top 10 Herkunftsländern: Weltweit stammen sechs Länder an der Spitze aus der Europäischen Union.

 

Wien kann mit seiner Europabilanz damit durchaus zufrieden sein, und wir blicken mit einer Vielzahl von Ideen und viel Leidenschaft in die nächste Periode. Dennoch müssen wir auch konstruktiv Kritik äußern, denn wir vermissen klare langfristige Ziele, Visionen und Konzepte, wie die Europäische Union von morgen aussehen soll. Zu oft sind für uns die Debatten in Brüssel abseits jener Herausforderungen, denen wir uns täglich stellen müssen. Zu selten gelingt es ihnen und uns, die europäische Idee wirklich spürbar zu machen und so zu einer Realität zu machen. Oft erleben wir auf höchster EU-Ebene Diskussionen über Sicherheit und Migration, doch viel zu selten über Wachstum, Bildung, Investitionen und soziale Politik für die Menschen Europas, wenn ich nur vier Bereiche hier jetzt in weiterer Folge herausheben darf.

 

An erster Stelle steht der Kampf gegen Steuerbetrug und Steuerflucht und für mehr Fairness. Der Aderlass an unseren gemeinsamen Ressourcen zum Vorteil weniger muss endlich seriös bekämpft werden. Ob in unseren Debatten hier, bei der Kommission oder in der Öffentlichkeit hat dieses Thema bei Weitem nicht die Aufmerksamkeit, die es verdient. So wurde auch bei der EU-Bankentransaktionssteuer unnötig gebremst. Der Wettlauf um niedrigere Steuersätze schadet der Bevölkerung, und lasche Regulierungen erzeugen einen Milliardenschaden für nationale und regionale Budgets. Verantwortungsvolle Finanzpolitik bedeutet auch, einen fairen Beitrag von allen zu verlangen. Prekäre Arbeitsverhältnisse, Scheinfirmen und Scheinselbstständigkeit stellen uns alle vor Herausforderungen, die wir nur gemeinsam und nur europaweit lösen können. Das gilt übrigens auch für faire Abgaben aus der Digitalwirtschaft.

 

Als Stadtrat für Finanzen, Wirtschaft, Internationales und Digitalisierung ist mir aber auch klar, dass wir mehr Fairness bei den Abgaben der digitalen Wirtschaft benötigen und wir dies nur auf der europäischen Ebene erreichen können. Gewinne müssen dort versteuert werden, wo sie auch erwirtschaftet wurden. Alles andere würde den Wettbewerb weiter verzerren und die Vormachtstellung einiger weniger multinationaler Konzerne einzementieren. Ein Wiener Start-up soll für ehrliche Steuerleistungen im Vergleich zu Airbnb oder Facebook nicht benachteiligt werden. Wer die Medien verfolgt hat, kennt die Auseinandersetzung zwischen der Stadt Wien und Airbnb. Wir wären wirklich gerne zu einer Lösung gekommen und unterstützen grundsätzlich Sharing-Modelle, aber die Grundlage für wirtschaftliche Arbeit in Österreich ist zumindest eine Anerkennung österreichischen Rechts. Steuergerechtigkeit soll es nicht nur zwischen den Unternehmen und Arbeitnehmern geben, sondern auch zwischen Unternehmen mit unterschiedlichen Businessmodellen.

 

Der EU-Ratsvorsitz hätte eine Möglichkeit geboten, hier einheitliche Regelungen zu finden. Ich möchte mich aber auch ausdrücklich bei allen österreichischen Vertretern für ihren Einsatz für mehr Steuergerechtigkeit und fairen Wettbewerb in Europa bedanken. Ich hoffe, dass hier in Zukunft vieles weitergehen möge. Ein Europa, das schützt, schützt hoffentlich nicht nur jene, die ihr Geld für sich arbeiten lassen, sondern auch Menschen, die für ihr Geld arbeiten müssen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Der zweite Bereich, der mir hier ein Anliegen ist, betrifft eine echte europäische Investitionsagenda für langfristiges Wachstum, soziale Sicherheit und nachhaltige Zusammenarbeit. Das beginnt bereits bei den Maastricht-Regeln. Ich vernehme mit Unverständnis, wenn jene Kritiker, die vom Staat verlangen, sich mehr als Unternehmer zu verhalten, die Grundlage von unternehmerischer Planung nicht verstehen. Wachstum benötigt

 

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