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Landtag, 36. Sitzung vom 29.03.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 52

 

Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Also Erhebungen zu Prozessen zu machen, ist deshalb schwer, weil wirklich jeder einzelne Prozess auch ein völlig anderer ist. Wichtig ist, dass sich eine Bildungsverwaltung als Partnerin der Pädagoginnen und Pädagogen, aber genauso als Partnerin der Schülerinnen und Schüler verstehen muss und daher vom Vorwurf, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist, bis zum ersten Handeln, nur ein so kurz wie möglicher, also unmittelbarer Zeitraum verstreichen darf. Es geht da um das Wohl von Kindern und Jugendlichen. Und es geht vor allen Dingen um eine ganz grundlegende Sache, die Erkenntnis, dass Lernen überhaupt nicht funktionieren kann, Schule überhaupt nicht funktionieren kann, wenn die Beziehungen nicht passen. Da ist der konkrete Fall leider halt auch ein Beispiel dafür, dass es manchmal sehr kompliziert ist, weil es natürlich immer auch unterschiedliche Darstellungen gibt. So wie andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Republik haben selbstverständlich auch Lehrerinnen und Lehrer das Recht, ihre Sichtweise darzustellen, sich an die ArbeitnehmerInnenvertretung zu richten und sich zu verteidigen.

 

In dem konkreten Fall ist es so, dass es eben jetzt in der Bildungsdirektion Sachverhaltsdarstellungen, auch sozusagen schriftliche Vorhaltungen gibt, die konkrete Situationen schildern. Da hat der Bildungsdirektor, wie ich meine, unmittelbar völlig richtig gehandelt. Dazwischen steht ein riesengroßer Raum an erstens unterschiedlichen Sachverhalten, wo die Bildungsdirektion in Absprache und in Verbindung mit vielen anderen unterstützenden Systemen, wovon ich jetzt ein paar genannt habe, agieren kann, zum Beispiel mit Begleitlehrerinnen und Begleitlehrern, zum Beispiel mit Gesprächen, wo man sich gemeinsam Ziele ausmacht, zum Beispiel mit Angeboten der Fortbildung, et cetera. Also es gibt einfach ganz oft Situationen, wo Lehrerinnen und Lehrer zuerst einmal Unterstützung und ein gemeinsames Daran-Arbeiten brauchen.

 

Da bin ich davon überzeugt, dass nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer gute Arbeit leisten, sondern besonders auch die Unterstützungssysteme, also die jeweiligen Direktorinnen und Direktoren, die sich als Verantwortliche für ein Team begreifen, aber eben auch die Bildungsverwaltung, die sich da nicht als, weiß ich nicht, Kontrolletti versteht, sondern eben als Partnerin und Partner. Ein Partner ist auch dazu da, zu sagen, wenn etwas nicht passt, aber eben zu helfen, damit man es verändern kann. Da passieren zum Glück sehr viele Dinge, die nicht das Licht der Öffentlichkeit erblicken, weil sie gut gelöst werden, partnerschaftlich gelöst werden und im besten Sinne des Wortes auch schulpartnerschaftlich gelöst werden.

 

Wovon ich überhaupt nichts halte, ist, solche Dinge in irgendeiner Form unter den Tisch zu kehren und nicht zu lösen. Aber wovon ich viel halte, ist, das habe ich eh vorher versucht, ein bisschen auszuführen, dass man nicht gleich nach dem härtesten Mittel ruft und vor allen Dingen auch nicht gleich sozusagen eine riesengroße Krise an die Wand malt, sondern einmal genauer hinschaut und nach Lösungen sucht.

 

In dem konkreten Fall ist es ganz offenkundig so, zumindest aus meiner Warte, wie ich es beobachten kann, dass die Schritte, die der Herr Bildungsdirektor gesetzt hat, richtig, wichtig und notwendig waren.

 

Präsident Ernst Woller: Danke. - Die 2. Zusatzfrage wird gestellt von Herrn Abg. Ellensohn. Ich erteile ihm das Wort.

 

9.38.45

Abg. David Ellensohn (GRÜNE): Guten Morgen, Herr Landesrat!

 

Sie haben in der Erstbeantwortung gesagt, in den letzten fünf Jahren - ich fürchte, es geht noch weiter zurück - kein einziger Fall, wo ein Lehrer oder eine Lehrerin auf Grund Mobbings oder schwerer Vorfälle gekündigt werden musste oder konnte. Das ist ein bisschen so, wie wenn man keinen einzigen Autofahrer erwischen würde, der die nächsten zwei Jahre in Wien zu schnell fährt. Das wirkt zumindest auf die Schnelle, sagen wir, unpraktisch, und das ist ein Euphemismus. Als ich ins Gymnasium gegangen bin, hat es einen Lehrer gegeben, der hat uns regelmäßig Watschen gegeben. Mein jüngster Bruder ist 17 Jahre jünger als ich, ist in die Schule gegangen, der gleiche Lehrer war dort und hat immer noch die gleichen Watschen verteilt. Das, scheint mir, sind einzelne schwarze Schafe, muss man schon dazusagen, weil ich hatte dutzende Lehrer und Lehrerinnen und fast alle waren in Ordnung. Aber eben zwischendurch habe ich den Eindruck, ein völlig falsch verstandenes Verständnis, denn die Lehrergewerkschaft ist dominiert von der ÖVP. Diese ÖVP-Gewerkschaft hat offensichtlich absolut jeden Einzelfall verteidigt, egal, was vorgetragen wird. Deswegen scheint es mir so schwierig zu sein, auch nur einen einzigen Lehrer oder eine Lehrerin loszuwerden.

 

Es ist in Österreich erst seit 1974 die Prügelstrafe verboten. Das ist nicht überall, in Großbritannien nicht einmal durchgehend. Die einen schreien noch jedes Mal Bootcamp, wenn sich ein Kind eine Spur danebenbenimmt oder was auch immer. Bei dem ganzen Rückschritt, den ich in der Bildungspolitik momentan leider auf Bundesebene verorte, sind in Großbritannien führende aktuelle konservative Politiker der Meinung, dass Prügelstrafe ein gutes Erziehungsmittel in der Schule ist. Ich hoffe, dass es soweit nicht kommt, dass wir in Österreich wieder dort landen.

 

Aber wie kriegen wir denn ein schwarzes Schaf bei der Lehrerschaft, bei der Lehrerinnenschaft so weit, dass die Person wenigstens einen anderen Job ausübt? Mir scheint, sie haben keine Ausstiegsmöglichkeiten, keine Umstiegsmöglichkeiten, sehen keine Alternative und bleiben darin, weil so glücklich können die Lehrer auch nicht sein, ständig im Match mit den Kindern und mit den Jugendlichen zu sein. Vielleicht gibt es den einen oder anderen Sadisten darunter, der das gern macht. Das möchte ich aber gar nicht hoffen oder gar nicht denken, sondern vermutlich gibt es halt sehr wenige Umstiegsmöglichkeiten. Gibt es irgendetwas, wie man nachhelfen kann und sagen kann: „Du hast einfach den Beruf verfehlt, mache etwas anderes“ Und wie könnte man den Lehrern und Lehrerinnen helfen, dass sie aus dem

 

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