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Landtag, 38. Sitzung vom 27.06.2019, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 63

 

2014 übersiedelten dann die Mutter und ihre Kinder in ein Mutter-Kind-Heim, und im Herbst 2014 wurden den Mädchen Mentorinnen beziehungsweise Mentoren vom Verein Big Brother Big Sister Österreich vermittelt. Im Dezember 2016 ist dann durch die Organisation Big Brother Big Sister Österreich eine Gefährdungsmeldung an die Regionalstelle - Soziale Arbeit mit Familien gemacht worden und die zuständigen MentorInnen haben dort berichtet, dass sie sich Sorgen um die psychische Befindlichkeit der Mutter machen. Seitens der Regionalstelle - Soziale Arbeit mit Familien ist dann auch unverzüglich eine Gefährdungsabklärung eingeleitet worden. In den Erhebungen, die daraufhin von der fallführenden Sozialarbeiterin und ihrer Kollegin stattgefunden haben - dazu muss man wissen, dass das Vier-Augen-Prinzip eben ein Standard in der Kinder- und Jugendhilfe ist und auch dort eingehalten wurde -, haben sich diese Befürchtungen aber damals nicht bestätigt, eine Vernachlässigung, wie in der Gefährdungsmeldung angeführt wurde, wurde auf Grund des äußeren Erscheinungsbilds der beiden Mädchen und ihrer körperlichen Verfassung nicht wahrgenommen. Die Mutter wirkte im Rahmen der Gefährdungsabklärung auch nicht auffällig.

 

Was aber schon damals bekannt wurde oder sozusagen sichtbar war, ist, dass sie finanziell belastet war, dass sie das auch thematisierte, und sowohl die Mutter als auch die mittlerweile fast 16-jährigen Mädels die Umstellung von der betreuten Wohneinheit in eine eigene Wohnung sichtlich herausgefordert hat. Im Zuge der Gefährdungsabklärung ist letztlich aber keine Gefährdung der Mädchen festgestellt worden, die die Einleitung von zusätzlichen Erziehungshilfen gerechtfertigt hätte, und die gesetzten Hilfestellungen und Beratungen hinsichtlich Ausbildung, Freizeitaktivitäten, Mentorin, et cetera erschienen ausreichend. Da gibt es natürlich darüber hinaus noch jede Menge weitere Kontakte. Nachdem die Mädels mitteilten, dass sie aktuell keine Unterstützung durch die Kinder- und Jugendhilfe brauchen und sich melden würden, wenn dies der Fall wäre, wurde dann auch die Gefährdungsabklärung beendet. Es gab zu diesem Zeitpunkt keine Hinweise auf Versorgungsmängel der Mädchen. Die Mädchen erschienen in den Gesprächen mit den SozialarbeiterInnen der Kinder- und Jugendhilfe durchaus in der Lage, ihre Sichtweisen und Bedürfnisse einzubringen, eine intellektuelle Beeinträchtigung der Mädchen wurde durch die Kinder- und Jugendhilfe nicht wahrgenommen. Schlussendlich war es so, dass im März 2017 die letzte Abklärung stattgefunden hat, eben dort keine Vernachlässigung festgestellt werden konnte, und der letzte Kontakt mit der Kinder- und Jugendhilfe im Juni 2017, also vor zwei Jahren war.

 

Was man sieht, ist auf der einen Seite natürlich eine intensive und lückenlose Begleitung durch die MAG ELF in diesem Zeitraum. Die interne Revision, die da veranlasst wurde, hat natürlich zur Prüfung folgende Fragestellung im Mittelpunkt gehabt: Ob entsprechend den fachlichen Standards vorgegangen wurde und ob diese Standards ausreichend sind oder überarbeitet und ergänzt werden müssen. Der Bericht, und jetzt komme ich zu dem vorher schon eingangs erwähnten Ergebnis, zeigte auf: Erstens - ich habe das bereits erwähnt -, dass die beteiligten SozialarbeiterInnen in der fast durchgehenden Betreuung von Mutter und Töchtern sorgfältig vorgegangen sind, dennoch, dass eine Überarbeitung der Richtlinien für Soziale Arbeit, das Qualitätshandbuch, sinnvoll erscheint. Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter haben sich nichts zuschulden kommen lassen, weil sie sehr intensiv nach diesem Qualitätshandbuch vorgegangen sind. In Zukunft soll aber in diesem Qualitätshandbuch ganz klar verankert werden, dass bei jedem Verdacht einer psychischen Erkrankung eines Elternteils oder beim Verdacht einer psychischen Erkrankung des Minderjährigen oder der Minderjährigen der psychologische Dienst der MA 11 zwingend eingebunden werden muss.

 

Ich möchte schon auch abschließend anmerken, dass in der Sozialarbeit - und das ist ein bestimmender Grundsatz - eine Beurteilung über eine in der Vergangenheit gesetzte Entscheidung - und das ist es jetzt eben auch -, ob und gegebenenfalls welche Maßnahme gesetzt werden soll, immer ex ante, also aus dem Zeitpunkt der Entscheidung heraus zu erfolgen hat, und nicht ex post, also immer auf Grund des Wissensstandes, den die Kinder- und Jugendhilfe zum Zeitpunkt der Entscheidung hatte. Was ex post möglich ist, und zu diesem Zeitpunkt stehen wir heute da, zum Zeitpunkt einer Rückschau auf ein unfassbar tragisches Ereignis, ist, sicherzustellen, dass für zukünftige Fälle hier noch besser vorgegangen wird. Daher auch der Vorschlag im Rahmen des Berichts der Internen Revision, die Qualitätsrahmenrichtlinien hier noch enger zu fassen, den ich absolut teile und der auch schon veranlasst wurde.

 

Ich möchte abschließend noch sagen, dass mich der tragische Tod der Geschwister sehr, sehr betroffen macht, wie er uns alle sehr betroffen macht, möchte aber dennoch ersuchen, dass wir diesen tragischen Fall nicht verwenden, um ihn für ein politisches Hickhack zu missbrauchen.

 

Präsident Ernst Woller: Die 1. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Mag. Emmerling gestellt. Ich erteile ihr das Wort.

 

9.20.21

Abg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS): Guten Morgen, Herr Landesrat! Vielen Dank für die Ausführungen.

 

Ja, wirklich ein tragischer Fall, und ich glaube, man kann den zuständigen SozialarbeiterInnen wirklich keinen Vorwurf machen, die haben nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet. Es ist auch gut, dass man sich jetzt hingesetzt hat, um das Qualitätshandbuch zu überarbeiten, wie Sie es eben erwähnt haben, und man, wenn psychische Erkrankungen eines Elternteils bekannt sind, frühzeitig drauf schaut und auch den psychologischen Dienst der MA 11 zukünftig einbinden will.

 

Jetzt meine konkrete Frage dazu: Ist eventuell im Bereich der Personalplanung auch einer Personalaufstockung des psychologischen Dienstes vorgesehen?

 

Präsident Ernst Woller: Bitte, Herr Landesrat.

 

Amtsf. StR Mag. Jürgen Czernohorszky: Danke für die Frage und guten Morgen!

 

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