Landtag, 43. Sitzung vom 12.03.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 14
(Beginn um 10.03 Uhr.)
Präsident Ernst Woller: Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Sehr geehrter Herr Landesrat! Die 43. Sitzung des Wiener Landtages ist eröffnet.
Entschuldigt sind Frau StRin Gaál, Herr StR Peter Hanke, Frau StRin Schweiger-Stenzel sowie die Abgeordneten Aichinger, Aigner, Bluma, Hobek, Huemer, Kowarik, Meidlinger, Meinhard-Schiebel, Schinner-Krendl, zeitweise Herr Abg. Maresch, der jetzt noch im Raum ist, und ab 11.30 Uhr Herr Abg. Niegl.
Vom NEOS-Rathausklub wurde ein Verlangen auf Einberufung einer Sitzung des Wiener Landtages eingebracht, zum Thema „Causa Rothschild: Unvereinbarkeit im Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz beenden. Das Land Wien braucht eine unabhängige Stiftungs- und Fondsbehörde.“
In Entsprechung des § 120 Abs. 4 der Wiener Stadtverfassung in Zusammenhalt mit § 8 der Geschäftsordnung des Landtages für Wien wurde zu dieser Sitzung ordnungsgemäß eingeladen. Die Geschäftsordnung sieht vor, dass in Sitzungen des Landestages auf Verlangen keine Geschäftsstücke verhandelt werden. Der Entfall von Fragestunde, Aktueller Stunde und dringlichen Initiativen ist in der Fraktionsvereinbarung festgeschrieben.
Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass vom Klub der Freiheitlichen drei und vom ÖVP-Klub fünf Anfragen eingelangt sind. Sie werden entsprechend der Beantragung erledigt. Die Abgeordneten Berger-Krotsch, Gremel, Hanke, Vettermann, Berner, Ellensohn haben am 25.2.2020 gemäß § 30 der Geschäftsordnung eine Gesetzesvorlage betreffend Änderung des Gesetzes zum Schutz der Jugend einbracht. Dieser Antrag wurde dem Ausschuss für Bildung, Integration, Jugend und Personal zugewiesen.
Wir kommen nun zur Besprechung des Verlangens und ich eröffne die Debatte. Zur Begründung und als Erstredner hat sich Herr Abg. Wiederkehr zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm, wobei ich bemerke, dass seine Gesamtredezeit 30 Minuten beträgt. - Ich ersuche um Ihre Wortmeldung.
Abg. Christoph Wiederkehr, MA (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren!
Uns ist bewusst, dass es aktuell wohl dringlichere Themen in dieser Stadt gibt und dass wir gemeinsam und entschlossen auch gegen die Corona-Krise vorgehen müssen. Hier ist auch ein gemeinsames Handeln besonders wichtig, und wir haben auch im Vorhinein das Angebot gemacht, diesen Sonderlandtag, den wir schon vor einigen Wochen einberufen haben, auch zu verwenden, um einen parteiübergreifenden Schulterschluss gegen diese Corona-Krise zu bekommen. Mein Angebot war auch an den Herrn StR Hacker, hier eine Mitteilung zur aktuellen Thematik zu machen, um auch über die aktuelle Situation zu diskutieren. Ich bedauere, dass dies nicht angenommen wurde und dass deshalb unsere Thematik des Sonderlandtages weiter behandelt wird. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Weil es geschäftsordnungsmäßig nicht möglich ist!)
Ich halte es allerdings auch für wichtig, dass wir in dieser für Wien sehr kritischen Lage auch den Parlamentarismus weiterleben und dass der Parlamentarismus weiter aufrechterhalten wird, denn vor allem in Krisenzeiten, das wissen wir auch historisch, ist es wichtig, dass parlamentarische Kontrolle weiter am Leben erhalten bleibt und dass in einer parlamentarischen Demokratie die Legislative funktionsfähig bleibt. Das halten wir, das halte ich für sehr, sehr wichtig und darum danke ich hier auch für dieses gemeinsame Verständnis, parteiübergreifend, dass wir trotz der aktuellen Situation in Wien auch diesen Sonderlandtag abhalten, da parlamentarische Kontrolle vor allem auch in Krisenzeiten wichtig ist. (Beifall bei den NEOS.) Genau das ist unsere Aufgabe, hier auch parlamentarische Kontrolle auszuüben.
Nach dieser Vorbemerkung möchte ich gleich ins Thema starten, denn das Thema ist ein wichtiges, ein seit Jahren auch aktuelles Thema, kein ganz neues, aber die Rothschild-Stiftung hat neue Dringlichkeit bekommen, weil die Erben dieser Stiftung jetzt auch in Rechtsstreitigkeiten gegen die Stadt gegangen sind. Nicht wegen ganz neuer Entwicklungen, sondern wegen grundsätzlicher Fragestellungen. Bei dieser Causa Rothschild geht es um eine sehr grundsätzliche Haltung auch in der Politik. Erstens um die grundsätzliche Haltung, wie gehen wir mit dem geschichtlichen Erbe in dieser Stadt um, wie gehen wir mit unserem gemeinsamen geschichtlichen Erbe um - und das Erbe der Familie Rothschild sehe ich auch als unser Erbe in dieser Stadt. Es ist zweitens eine Frage, wie laufen Immobilien-Deals in dieser Stadt ab. Das haben wir schon sehr, sehr häufig thematisiert und wir sehen im Umfeld des Stiftungsvermögens, dass hier auch Vermögen der Stiftung über fragwürdige Immobilien-Deals dann indirekt der Stadt zugeflossen ist und dass Magistrat und Stadt sich auch Privateigentum und Eigentum von der Stiftung einverleibt haben. Drittens ist es auch ein Thema der psychischen Versorgung in dieser Stadt und auch die Frage, wie wir mit diesem Areal des Rosenhügels weiter umgehen. Wegen der aktuellen Situation werden wir die Debatte allerdings nicht ewig hinziehen, sondern uns auf das Wesentlichste konzentrieren, auch in der Schärfe unseren Ton etwas anpassen.
Hintergründe zur Stiftung, um auch alle hereinzuholen und zu vermitteln, worum es geht: Nathaniel Rothschild hat 1905 in seinem Testament verfügt, dass eine Stiftung errichtet werden soll, um am Wiener Rosenhügel eine Nervenanstalt für Arme zu errichten. Das passierte 1907 mit einem Vermögen der Stiftung nach heutigem Wert von immerhin 150 Millionen EUR. Das ist bis dato die größte wohltätige Privatstiftung Österreichs, die uns überlassen wurde. 1907 wurde im Stiftungsbrief auch der Stiftungszweck festgehalten, nämlich eine Anstalt für mittellose Nervenleidende, die in einem guten Umfeld, in einem grünen Umfeld auch die beste Versorgung bekommen sollen - das heißt, ein sehr humanistischer, ein sehr guter Ansatz, um für die Wiener Bevölkerung auch eine gesundheitliche Versorgung zu schaffen.
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