Landtag, 47. Sitzung vom 31.08.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 40
Herr Landesrat, Sanktionen sind ja auch ein Thema bei der Mindestsicherung. Wir haben für das Jahr 2018 die Sanktionen bekommen mit 25 Prozent Kürzung, 50 Prozent Kürzung, 100 Prozent Kürzung. 2019 haben wir bisher 3 Quartale bekommen, und da zeichnet sich ab, dass gerade die 25-Prozent-Kürzung stark zurückgegangen ist. Jetzt ist meine Frage: Ist das Zufall? Hat sich das wieder anders entwickelt, nachdem wir das letzte Quartal und auch die ersten zwei Quartale 2020 noch nicht haben, oder ist diese Entwicklung grundsätzlich, was ja positiv zu bewerten wäre, wenn die Sanktionen zurückgehen, wenn es nicht um Milderungsgründe geht, sondern wenn das genauso behandelt wird, dann kann man ja sagen, fein, also wenn hier dementsprechend gearbeitet wird? Können Sie uns da die Entwicklung über das letzte Quartal 2019 beziehungsweise 2020 sagen?
Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung.
Amtsf. StR Peter Hacker: Ich kann natürlich jetzt nichts auswendig über diese Entwicklung der letzten Monate sagen, ich bitte um Verständnis. Da ist ja die Statistik meines Wissens auch noch nicht fertig, aber sobald sie fertig ist, werden Sie es bekommen. Das ist auch kein Geheimnis, da gibt es gar keinen Zweifel daran.
Insgesamt denke ich, wir haben einige Maßnahmen getroffen, weil wir es an sich ja nicht prickelnd super finden, dass wir Menschen die Mindestsicherung kürzen müssen. Mindestsicherung kürzen ist an sich kein feiner Akt, weil wir ja wissen, dass die Menschen dann weniger Geld haben, nämlich wesentlich weniger, als das eigentliche Existenzminimum sein sollte. Klar ist aber auch - und dazu haben wir uns immer bekannt, darüber hat es auch kein Missverständnis gegeben -: Wer sich nicht an Spielregeln hält, hat auch Konsequenzen davon zu tragen. Deswegen zitieren Sie zu Recht, dass es, als wir es eingeführt haben, eine durchaus hohe Zahl von Menschen war, die davon betroffen waren. Ich gehe davon aus, und das ist auch das, was mir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berichten, dass es sich herumgesprochen hat, dass wir das ernst meinen, dass wir es vor allem bei den Unter-25-Jährigen ernst meinen, dass sie ein Jobangebot anzunehmen haben, dass sie ein Angebot des Arbeitsmarktservices für Jobtraining anzunehmen haben. Deswegen haben wir auch solche Entwicklungen wie die gemeinsame Einrichtung U25 forciert, wo AMS und Mindestsicherung gemeinsam an einem Ort, und zwar nur an diesem Ort, mit den unter-25-jährigen Arbeitslosen und Mindestsicherungsbeziehern arbeiten wollen.
Ich glaube also, dass wir davon ausgehen können, dass es einen pädagogischen Prozess gegeben hat, dass die Menschen verstanden haben, dass diese Sanktionen von uns auch angesprochen werden, wenn es notwendig ist. Daher glaube ich, dass es besser geworden ist.
Ich bin ein bisschen skeptisch, ob das im Augenblick angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit noch das brauchbare Instrument ist, weil wir das Instrument zu einem Zeitpunkt eingeführt haben, als die Anzahl der Arbeitsplätze, die verfügbar waren, gestiegen ist. Wir sind jetzt bekanntermaßen in einer gegenläufigen Situation. Es kann sein, dass wir dieses Instrument daher mit relativ wenig Erfolg einsetzen, und vor allem ist es abhängig davon, wie viele Kurse, Ausbildungsbereiche, Ausbildungsmaßnahmen das AMS anbietet. Wir bieten zwar bei uns in der Mindestsicherung auch welche an, aber das soll eigentlich nur die Ergänzung sein. Entscheidend ist natürlich, wie gut das AMS den Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik ausgebaut hat und ausbauen wird.
Präsident Ernst Woller: Danke. Die 2. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Berner gestellt. Ich erteile ihr das Wort.
Abg. Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE): Hallo, guten Morgen, Herr Landesrat!
Sie haben schon ein bisschen darauf hingewiesen, aber ich hätte es gerne noch ein bisschen im Detail: Wie haben sich die Zahlen in der Mindestsicherung bis Ende 2019 entwickelt, und was hat sich dabei durch Covid verändert beziehungsweise welche Gruppen sind jetzt besonders betroffen?
Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung.
Amtsf. StR Peter Hacker: Ich habe es vorhin ganz kurz schon gesagt, wir haben eine wirklich positive Entwicklung auf der Grundlage unseres gemeinsam beschlossenen Gesetzes zur Mindestsicherung in Wien, zur Wiener Mindestsicherung. Wir haben zwei Mal hintereinander - und das war überhaupt zum ersten Mal in der Geschichte der Mindestsicherung - Rückgänge in der Gesamtjahreszahl von Menschen, die Mindestsicherungsbezieher sind, gehabt. Das zeigt, dass wir richtige Begleitmaßnahmen beschlossen haben. Begleitmaßnahmen, dass die Menschen eben nicht in der Mindestsicherung als Dauerzustand bleiben sollen, sondern dass die Mindestsicherung das Sprungbrett sein soll. Das Sprungbrett für Menschen, die sich schwer dabei tun, sich die Chancen im normalen Arbeitsmarkt zu nehmen. Diese Menschen gibt es. Dieses Sprungbrett ist eines, bei dem wir die Feder sein müssen, bei dem wir mithelfen und unterstützen müssen. Ich glaube, das ist sehr gut gelungen, und deswegen ist zwei Mal hintereinander die Anzahl der Mindestsicherungsbezieher durchaus relevant gesunken, nämlich um über 5 Prozent. Darauf können wir an sich stolz sein.
Das war so bis Ende 2019, eigentlich bis Anfang 2020, und dann hat sich diese Situation im März natürlich plötzlich umgedreht. Es ist in den Monatsberichten nachher einmal stabil geblieben und seither geht es leicht bergauf. Wir sehen das auch am Mittelbedarf, zum Leidwesen meines Kollegen im Finanzressort, ehrlich gesagt auch zu meinem Leidwesen, denn ich finde das nicht sehr prickelnd, wenn die Anzahl der Mindestsicherungsbezieher nach oben geht, aber es ist leider so. Wir haben eine Trendumkehr, wir haben im April um 2,4 Prozent mehr Mindestsicherungsbezieher als im Vergleichsmonat des Vorjahres, also 2019 zu 2020, gesehen, und im Juli 4,6 Prozent, also eine Steigerung des Zuwachses von 2,4 auf 4,6 Prozent innerhalb von 3 Monaten. Ich habe es vorhin schon gesagt, ich befürchte, dass das Wirtschaftsforschungsinstitut wieder einmal
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