Landtag, 5. Sitzung vom 24.06.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 93
nate Zeit, um an Erwerbs-Integrationsmaßnahmen teilzunehmen. Das ist aus unserer Sicht absolut kontraproduktiv. Etwas ist aber noch wichtiger. Das ist auch aus Sicht aller Experten absolut kontraproduktiv. Ich habe mit Leuten aus dem AMS gesprochen, und weil hier heute auch ein entsprechender Abänderungsantrag der Grünen vorliegt, möchte ich kurz auf die teilweise polemisch vorgetragenen Argumente der Grünen hier eingehen.
Liebe Vicky Spielmann! Du erwähnst bei jeder Gelegenheit, dass du aus dem AMS kommst und daher auch die entsprechende Expertise mitbringst. Ich frage dich daher: Was ist ein wichtiges Credo beim AMS? - Ganz wichtig ist das Prinzip der Early Intervention, dass man nämlich möglichst rasch mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen bei von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen ansetzt. Gerade bei jungen Menschen, die ohne Ausbildung und Arbeit sind, muss man möglichst rasch mit der Förderung im Sinne eines guten Case Management beginnen. Und das tun wir in Wien.
Das tun wir in Wien mit der Wiener Jugendunterstützung, einer gemeinsamen Strategie des AMS Wien und der Stadt Wien, bei der von Tag 1 an mit den Betroffenen mit dem Ziel der Arbeitsmarktintegration gearbeitet wird. Und das tun wir in Wien seit diesem Jahr auch in einem gemeinsamen Zentrum, dem AMS U25 in Wien-Meidling. All das sollten Vicky Spielmann und auch Judith Pühringer, die beide aus dem Arbeitsmarktbereich kommen, eigentlich wissen. Daher reihe ich die Kritik der Grünen an dieser Novelle jetzt einmal als Oppositionsrhetorik ein. Das ist zwar verständlich, das kann man machen, sachpolitisch verantwortungsvoll ist es aber auf jeden Fall nicht.
Zur Vervollständigung erwähne ich nun noch ein paar weitere Punkte dieser Novelle, die für weniger Aufregung gesorgt haben. Sie betreffen Empfehlungen des Rechnungshofes, die wir umsetzen. Es geht um einfachere Verfahrensabläufe, es geht auch um Verbesserungen dort, wo das soziale Grundgesetz gegenüber der Wiener Mindestsicherung Besserstellungen vorsieht, und es geht auch um die Aufnahme von britischen MitbürgerInnen in den Bezugskreis auf Grund des Brexit. - Ich möchte ganz deutlich festhalten, dass wir als Fortschrittskoalition uns ganz klar zur Mindestsicherung bekennen, um Menschen, die diese Unterstützung benötigen, existenziell abzusichern.
Daher haben wir heute hier einen entsprechenden Resolutionsantrag vorgelegt, in dem wir uns dazu bekennen und auch den Bund auffordern, eine grundlegende Reform des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes zu einem armutsfesten sozialen Sicherheitsnetz durchzuführen. Klar ist für uns NEOS allerdings auch, dass diese Absicherung verbunden sein soll mit der Förderung von erwerbstätigen Betroffenen und dem Ziel, BezieherInnen möglichst rasch wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das machen wir nun, indem wir die Instrumente wirksamer umgestalten und die Mindestsicherung wieder stärker als Sprungbrett in Richtung Arbeitsmarkt weiterentwickeln. Es geht hier in keiner Weise um eine grundsätzliche Kürzung der Wiener Mindestsicherung.
Abschließend sei mir noch folgende Anmerkung erlaubt. - Wenn wir auf der einen Seite von rechts und rechts außen dem Vorwurf ausgesetzt sind, dass wir das Bundesrahmengesetz nicht umsetzen, das in wesentlichen Teilen vom VfGH aufgehoben wurde und auch wirklich unsoziale Maßnahmen beinhaltet, und uns auf der anderen Seite von den Wiener Grünen neoliberale Bestrafungsphantasien vorgeworfen werden, dann hat man in aller Regel wahrscheinlich einiges richtig gemacht, ist in der Mitte und hat eine vernünftige, evidenzbasierte Lösung auf den Weg gebracht. - Vielen Dank.
Präsident Ernst Woller: Danke. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Spielmann. Bitte.
Abg. Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE): Ganz amüsant ist dieses Schauspiel heute. Darauf steige ich doch gleich ein.
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen auch vor dem Screen!
Gleich zu Beginn eine Erwiderung auf die FPÖ: Wissen Sie, Herr Seidl, was wirklich teurer ist als die Mindestsicherung? - Armut ist teurer, und deswegen müssen wir dagegen ankämpfen. Sie dividieren Leute jedes Mal auseinander, Sie teilen Leute auf Grund ihrer Herkunft ein, und dazu sagen wir ganz klar Nein.
Lieber Jörg Konrad! Was bedeutet Early Intervention? Early Intervention bedeutet, dass man den betroffenen Personen möglichst schnell hilft, wenn sie im AMS oder in der Mindestsicherung sind. Early Intervention bedeutet aber nicht, dass man sofort ab dem Tag 1 um 25 Prozent kürzen muss, und das noch dazu bei Leuten, die unter 25 Jahre alt sind und es gerade jetzt in der Pandemie extrem schwer haben. Das ist ein Wahnsinn!
Ich sage es gleich zu Beginn ganz ehrlich: Das, was hier heute passiert mit diesem Initiativantrag von Rot-Pink, ist wirklich politisch falsch und fatal. Ich wünschte eigentlich, dass ich hier heute nicht sprechen müsste zu dieser Problematik und zu diesen Verschlechterungen im Bereich der Mindestsicherung. Wir haben ja von Anfang an gesagt, dass Sie sich auf uns verlassen können, wenn es darum geht, Verbesserungen in der Mindestsicherung und in Bezug auf die Armutsbekämpfung zu leisten. Aber wir haben auch ganz klar gesagt, dass, wenn Sie die Armut verschärfen oder Verschlechterungen einführen wollen, wie Sie es übrigens schon im Koalitionsvertrag angekündigt haben, wir in jedem Fall die Finger in die Wunde legen werden, und das tun wir heute mit unserem Abänderungsantrag.
Ja. Meine Ausführungen werden heute ein bisschen länger werden, weil ich meine, dass man den ZuseherInnen und den WählerInnen vor allem der SPÖ wirklich klar machen muss, was da heute passiert und warum das wirklich eine Frechheit ist. Kaum sind wir Grünen nicht mehr Teil der Stadtregierung, werden rot-grüne sozialpolitische Errungenschaften mit einer unfassbaren Schnelligkeit, und das mitten in der größten Wirtschaftskrise der Zweiten Republik, abgebaut. Das schmerzt mich und das macht mich auch wütend, weil das rot-grüne Wien zu Recht wirklich sehr stolz auf die Wiener Mindestsicherung war, die bundesweit Signalcharakter hatte und mit welcher wir uns vor allen Dingen ganz klar
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