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Landtag, 8. Sitzung vom 24.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 22 von 68

 

meldet. Jetzt stimmt die Reihenfolge wieder. Ich erteile ihr das Wort. Bitte.

 

11.07.07

Abg. Julia Klika, BEd (ÖVP)|: Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Werte Damen und Herren!

 

Das Thema unserer heutigen Aktuellen Stunde ist ein unglaublich sensibles und wichtiges Thema in unserer Gesellschaft, schließlich geht es hierbei wirklich um das Wohlergehen vieler Kinder in unserer Stadt. Es geht um Kinder, die kurzfristig oder auch längerfristig in extremen und akuten Gefährdungslagen innerhalb ihrer Familie sind, Kinder, die Schutz, Sicherheit, Geborgenheit und Hilfe brauchen. Meine Kollegin hat vorhin schon ziemlich eindrucksvoll geschildert, wie schwierig die Situationen für die Krisenpflegeeltern sind.

 

Wir diskutieren heute im Landtag aber auch den Bericht der Volksanwaltschaft, der in der Kinder- und Jugendhilfe leider viele Missstände aufzeigt. Daher möchte ich mich als Allererstes auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksanwaltschaft für diese unglaubliche Arbeit, die sie leisten, bedanken.

 

Ich habe den Bericht zu diesem Thema auch sorgfältig gelesen und die Schilderung besonderer Einzelfälle hat mich extremst schockiert. Da geht es um Missbrauch, um Vernachlässigung und Nichtwahrnehmung der Obsorgepflicht der Eltern. Es geht aber auch um Fälle, in denen die Kinder- und Jugendhilfe leider zu wenig genau und zu wenig nachdrücklich gehandelt hat. Und das möchte ich mir als Lehrerin gar nicht vorstellen. Ich hatte vor ein paar Jahren auch einen ähnlichen Fall, und zwar einen Schüler, der zirka zwölf Jahre alt war, der einfach wochen-, man muss schon sagen, monatelang wirklich unentschuldigt gefehlt hat. Nach wirklich vielen Gefährdungsmeldungen, Telefonaten und auch Geldstrafen für die Familie kam dann zirka nach einem halben bis dreiviertel Jahr endlich eine Mitarbeiterin der MA 11 an die Schule, um ein Gespräch mit der Mutter und dem Kind zu führen. Sie haben versucht, Mutter und Schüler zu überreden, dass es vielleicht besser wäre, wenn der Schüler vorübergehend, für eine kurze Zeit, in ein Krisenzentrum kommt, bis sich die Mutter endlich ordnen kann und sich wieder ordentlich um ihn kümmern kann. Der Versuch ist leider gescheitert, und es passierte einfach gar nichts. Am Ende des Schuljahres wurde der Schüler von der Schule abgemeldet, und wir haben nie wieder etwas von ihm gehört oder gesehen. Das sind natürlich Einzelfälle, aber ich stelle mir schon die Frage, ob tatsächlich wirklich immer alles in der Macht Stehende getan wird, um das Kindeswohl zu schützen.

 

Der Bericht der Volksanwaltschaft zeigt auch echte strukturelle Defizite in der Kinder- und Jugendhilfe, etwa die Tatsache, dass in Wien im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr wenige ambulante Hilfen angeboten werden und dass dieses Angebot einfach unbedingt ausgeweitet werden muss, oder, wie wir schon gehört haben, die Überbelegung der Krisenzentren und die damit verbundene Überforderung des Personals.

 

Natürlich habe ich auch die Stellungnahmen des zuständigen Stadtrates dazu gelesen, und ja, da wird wirklich viel versprochen und viel angekündigt. Ich bin wirklich gespannt und hoffe sehr, dass das dann auch umgesetzt wird, denn am Ende zählt nur, ob und wann es bei den Kindern auch ankommt.

 

Je besser auch die strukturellen Bedingungen vor Ort sind, desto einfacher wird es hoffentlich auch sein, entsprechend motivierte, engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, denn sie sind es schließlich, von denen die Kinder- und Jugendhilfe lebt. Ohne diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird sich leider überhaupt nichts verbessern. Da reicht es einfach nicht, dass wir sie an einem Tag im Jahr, am Tag der Kinderrechte, würdigen, sondern wir müssen sie 365 Tage im Jahr unterstützen. SozialpädagogInnen haben im Tätigkeitsbericht auch 2018 gesagt, dass das Aufgabenspektrum in der Sozialpädagogik vielfältig und in der individuellen Situation einzigartig ist - Information, Beratung, Vernetzung und Administration. Es braucht Spontanität und Flexibilität, aber leider gehen mir aktuell diese Spontanität und Flexibilität ab. Im Namen Kinder- und Jugendhilfe steckt schon alles, was es braucht, unseren Kindern und Jugendlichen muss jetzt sofort geholfen werden! - Vielen Dank.

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abg. Florianschütz. Ich erteile ihm das Wort.

 

11.11.58

Abg. Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Zuerst: Das ist eine angenehme Diskussion, die wir hier führen, weil sie versachlicht ist und weil sie sich um konkrete Probleme kümmert, die alle im Saal offensichtlich betreffen. Das ist erfreulich und es stimmt optimistisch für die Weiterentwicklung der Materie und die Weiterentwicklung im Interesse und im Sinne unserer Kinder und Jugendlichen in Wien.

 

Meine Damen und Herren, bevor ich über das, was hier im Wesentlichen als Symptombekämpfung umrissen worden ist, diskutieren möchte, möchte ich Ihr Augenmerk darauf richten, dass laut einer internationalen Studie der Europäischen Union - wir haben das gerade im Ausschuss in der Frage soziale Sicherheit und Kinderrechtsgarantie behandelt -, in Wien 37 Prozent der Kinder und Jugendlichen von Armut betroffen sind. Das ist eine Grundursache, um die wir uns kümmern müssen. Der Herr Landesrat weiß das, es geht mir in einem großen Ausmaß immer darum, im aktuellen Fall Krisen zu managen und Symptome zu bekämpfen, damit sie nicht schlagend werden. Viel wichtiger ist aber die Frage der Bekämpfung der Grundursachen, die hinter dem Problem stehen. Heute ist ein Zitat von - ich darf das stolz sagen - meinem Genossen Tandler zitiert worden: „Wer Kindern Paläste baut, reißt Kerkermauern nieder.“ - Das ist kein leerer Spruch, er findet sich definitiv haptisch verbaut in der Stadt wieder, ist die Tradition der Jugendwohlfahrt, und es ist die Jugendwohlfahrt, die die Fortschrittskoalition fortsetzt. Darauf bin ich stolz und dafür möchte ich mich auch bedanken.

 

In dem Zusammenhang ein Hinweis, und darauf komme ich dann gleich: Natürlich ist das Bessere der Feind des Guten und wir haben eine ganze Menge vor,

 

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