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Landtag, 8. Sitzung vom 24.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 68

 

Sachen im Geschäftsbereich vor allem des Herrn Vizebürgermeisters beleuchten.

 

Ich darf in der gebotenen notwendigen Kürze trotzdem wieder herausziehen und auf die Seite 69 des folgenden Berichtes verweisen. Hier geht es um die Bedarfsorientierte Mindestsicherung, Sie kennen das Problem, es ist auch nichts Neues. Nachdem die diesbezügliche 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern außer Kraft getreten ist, hat es im Jahr 2019 eine dementsprechende Gesetzgebung, die Grundsatzgesetzgebung des Bundes mit dem Ziel einer Vereinheitlichung der Österreich-weit sehr unterschiedlichen Regelungen gegeben, was aus meiner Sicht ausgesprochen notwendig war. Wir kennen auch die Geschichte, der Verfassungsgerichtshof hat einige wenige Bestimmungen diesbezüglich aufgehoben, nichtsdestotrotz ist dieses Sozialhilfe-Grundsatzgesetz noch immer in Wirkung und natürlich auch die verfassungsrechtliche Vorgabe des Gesetzesspielraums unseres Wiener Landtages. Leider Gottes muss die Volksanwaltschaft wieder darauf hinweisen, dass wir sehenden Auges mit einem verfassungswidrigen Gesetz agieren.

 

Ich darf auf die wieder relativ deutliche Sprache der Volksanwaltschaft hinweisen, die ich mir teilweise auch für unseren Stadtrechnungshof wünschen würde. Ich darf vorlesen: „Es ist unbestreitbar, dass das Wiener Mindestsicherungsgesetz in jenen Bereichen, in denen es den grundsatzgesetzlichen Vorgaben immer noch nicht entspricht, seit 1. Jänner 2020 verfassungswidrig ist.“ Ja, das sagt jetzt nicht nur der Abg. Kowarik, sondern das sagt die Volksanwaltschaft.

 

Ich darf weiter zitieren: „Es ist in rechtsstaatlicher Hinsicht mehr als bedenklich, wenn in Teilen verfassungswidrige Gesetze in Geltung stehen.“ Also noch einmal, das sagt nicht nur der Kollege Kowarik, sondern das sagt die Volksanwaltschaft. Das ist in Wirklichkeit, und das ist meine eigene Einschätzung, rechtsstaatlicher Wahnsinn oder unglaubliche rechtsstaatliche Ignoranz, die wir uns da als Wiener Landtag leisten, indem wir einfach sagen, na ja, das ist halt leider verfassungswidrig, es ist uns wurscht, wir sind viel gescheiter. Das rüttelt tatsächlich an den Regeln unseres Rechtsstaates.

 

Ich darf weiter zitieren: „Folglich ist es nach Auffassung der Volksanwaltschaft dringend geboten, unter Ausnutzung der den Landesgesetzgebern auch nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung eingeräumten Spielräume nunmehr so rasch wie möglich Rechtssicherheit durch Herstellung einer verfassungskonformen Rechtslage zu schaffen.“ - Zitat Ende.

 

Also eine Selbstverständlichkeit wird hier abermals ausgesprochen, wie gesagt, wir haben das Problem schon in einem anderen Bericht auch behandelt. Die Aufforderung an uns als Landesgesetzgeber und die Aufforderung insbesondere an die Mehrheit in diesem Haus, die angebliche Fortschrittskoalition: Nehmen Sie sich das zu Herzen und machen Sie endlich verfassungskonforme Gesetze. Wir werden Sie dabei in jeder Hinsicht unterstützen. Der jetzige Zustand ist in Wirklichkeit unhaltbar und unerträglich, meine Damen und Herren von SPÖ und NEOS. Das dazu. Es ist traurig, dass die Volksanwaltschaft das wieder aufgreifen musste, es ist traurig, dass ich es wieder anführen musste. Ja, Sie werden es jedes Mal wieder von mir hören, solange Sie nicht darauf reagieren.

 

Wir kommen weiter, ich darf auch kurz auf andere Bereiche eingehen: Heimbewohner und Behindertenrecht, das ist natürlich auch ein Rechtsbereich, der sehr sensibel ist. Da hat die Volksanwaltschaft ab Seite 73 das Problem - unter Anführungszeichen - mit unserem § 330a ASVG beleuchtet, auch das Problem kennen wir. Da können wir als Landesgesetzgeber jetzt nichts dafür, sage ich einmal. Der etwas verunglückte § 330a ASVG ist seinem Inhalt nach durchaus verständlich, ich glaube, das wurde damals auch mit Unterstützung der FPÖ im Bund, also im Nationalrat beschlossen. Inhaltlich war es aber wohl nicht die stringenteste Gesetzgebung, die wir in unserer Republik gehabt haben, um es vorsichtig zu sagen. Das muss man ehrlich zugeben.

 

Wir haben natürlich große Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit diesem § 330a ASVG gehabt, es geht um die Abschaffung des Pflegeregresses, wer es nicht weiß. Nach monatelangem Chaos, schreibt die Volksanwaltschaft, in der Vollziehung dieser sehr unklaren Regelung entschied der Verfassungsgerichtshof, und zwar ziemlich weitgehend, dass eben alles, was nach 1. Jänner 2018 vorgeschrieben war, in Wirklichkeit unzulässig war.

 

Es hat natürlich eine Zeit lang gebraucht, bis der Verfassungsgerichtshof das festgestellt hat, jetzt wissen wir es. Ich glaube, dass man den Fonds Soziales Wien, der bei uns in Wien zuständig war, grundsätzlich kaum einen Vorwurf machen kann, das möchte ich ausdrücklich betonen. Die haben versucht, mit dieser Rechtslage eben umzugehen und haben dann auch entschieden, dass die weitere Eintreibung tatsächlich abgeschlossen oder nicht mehr weiterbetrieben wird.

 

Darüber hinaus hat der FSW beschlossen, alle 2018 eingelangten Kostenersatzzahlungen zu refundieren, also zurückzuzahlen. Also das ist nur konsequent und ging wahrscheinlich auch auf Grund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gar nicht anders.

 

Allerdings, und das ist jetzt die Kritik, die auch die Volksanwaltschaft dankenswerterweise aufgegriffen hat, hat es in einigen Fällen sehr, sehr lange gedauert, bis die zugesagte Rücküberweisung dann tatsächlich stattgefunden hat. Es wird hier ein Fall herausgegriffen, bei dem bis zum Februar 2020 oder im Februar 2020 die Rücküberweisung noch immer nicht vorgenommen wurde, da ging es um einen Betrag von 48.000 EUR, das ist nicht wenig, also das ist ja doch ein sehr erheblicher Betrag, den zu haben oder nicht zu haben, das schmerzt, glaube ich, jeden.

 

Wir sehen in diesem Bericht aber auch, und das ist der Dank an die Volksanwaltschaft, die Volksanwaltschaft hilft und wirkt vor allem auch. Nachdem die Volksanwaltschaft mit dem Fonds Soziales Wien Kontakt aufgenommen hat, wurde dann im März 2020 der Betrag tatsächlich angewiesen, Gott sei Dank. Allerdings, und das ist auch ein Kuriosum und für den Betroffenen wahr

 

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