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Landtag, 8. Sitzung vom 24.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 68

 

Wien erzielt werden. Die zu erwartenden Spekulationsgewinne können schon beim Verkauf nur einer einzigen hochpreisigen Eigentumswohnung die Strafobergrenze übersteigen. Bei Abbruch eines Mehrparteienhauses übersteigen die Spekulationsgewinne definitiv die Höchststrafe um ein Vielfaches. Und diese Höchststrafe zahlen ImmobilienspekulantInnen aus der Portokassa. Wir fordern daher, die Erhöhung der Mindeststrafe auf 75.000 EUR und der Höchststrafe auf 750.000 EUR, sehr geehrte Damen und Herren. Einen entsprechenden Abänderungsantrag werde ich nachher einbringen.

 

Meine Kollegin Heidi Sequenz wird später noch einen Antrag einbringen, der die Streichung der wirtschaftlichen Abbruchreife fordert. Auch das wäre ein wichtiger Schritt, um Altbauten zu schützen und den Abriss von Altbauten zu bekämpfen. Die Zinshäuser sind nicht irgendwelche Wohnungen, sie sind eine wesentliche Säule des leistbaren Wohnens in Wien. Gerade für die Menschen, die neu nach Wien ziehen, sind sie oft das erste Zuhause in unserer Stadt. Deshalb ist es wichtig, dass wir gegen den Abriss, aber auch gegen die schleichende Zweckentfremdung dieser Wohnungen vorgehen.

 

Da komme ich jetzt zum zweiten Punkt. Wir haben in der Bauordnungsnovelle 2018 auch die gewerbliche Vermietung von Wohnungen zu kurzfristigen Beherbergungszwecken in Wohnzonen verboten. Das heißt, dieser lange Begriff steht für das Kerngeschäft Airbnb & Co. Leider wird dieses Verbot nicht sehr konsequent verfolgt, zumindest hat es auch der Rechnungshof in seinem Bericht festgestellt. Es hat sich auch gezeigt, dass das Verbot einige schwerwiegende Lücken hat, meine sehr geehrten Damen und Herren. Eine besonders schwerwiegende Gesetzeslücke möchte ich Ihnen hiermit zur Kenntnis bringen, damit sie so rasch wie möglich beseitigt werden kann. Eine Ausnahmebestimmung in der Bauordnung ermöglicht die gewerbliche Nutzung für kurzfristige Beherbergungszwecke in Wohnzonen, wenn zugleich anderer Wohnraum in räumlicher Nähe in zumindest gleichem Ausmaß geschaffen wird.

 

Diese Ausnahmebestimmung, sehr geehrte Damen und Herren, muss so rasch wie möglich gestrichen werden. Ich will Ihnen das an einem Beispiel deutlich machen. In einem Gebäude in der Sonnenfelsgasse 7 in der Inneren Stadt wurden bereits bisher mutmaßlich rechtswidrig Wohnungen über Plattformen wie Airbnb, Booking.com & Co vermietet, und das, obwohl das Gebäude in einer Wohnzone liegt. Die GRÜNEN haben deshalb am 1. Juli auch Anzeige bei der MA 37 erstattet. Gleichzeitig wurde vom Eigentümer ein Antrag auf Ausübung des Gewerbes Beherbergungsbetrieb bei der Behörde gestellt. Das Ergebnis ist, am 8.11. wurde eine Baubewilligung erteilt. Die Umwandlung von Wohnungen in Apartments wird also durch die Stadt genehmigt. Die Bewilligung wird damit begründet, dass Ersatzwohnraum in der Fichtegasse 1a geschaffen wird.

 

Nun, ich habe mir das Projekt angesehen, in dem dieser Ersatzwohnraum geschaffen wird und ich schicke voraus, es ist aus meiner Sicht sehr naheliegend, dass dieser Wohnraum ganz unabhängig vom Projekt in der Sonnenfelsgasse geschaffen worden wäre. Wo der Mehrwert des Ersatzwohnraumes liegen soll, die eine Umwandlung von Wohnungen in Apartments rechtfertigt, ist also schon aus dieser Erwägung fraglich. Der Ersatzwohnraum in der Fichtegasse 1a, sehr geehrte Damen und Herren, ist laut Website ab 1,2 Millionen EUR pro Eigentumswohnung zu haben, ab 1,2 Millionen EUR wohlgemerkt!

 

Damit ist klar, mit dieser Baubewilligung wird leistbarer Wohnraum, der dem Schutz des Mietrechtsgesetzes unterliegt, vernichtet. Der Ersatzwohnraum, der dafür angeblich geschaffen wird, liegt im absoluten Luxussegment. Es sind 58 preisgeschützte Wohnungen, die jetzt in 65 Apartments umgewandelt werden. Dieser Vorgang ist in der Wirkung skandalös und gefährdet leistbares Wohnen, wenn er Schule macht. Ich finde die Erteilung dieser Baubewilligung zumindest fragwürdig angesichts dessen, dass in diesem Gebäude zuvor bereits mutmaßlich rechtswidrig gewerblich zu kurzfristigen Beherbergungszwecken vermietet wurde. Das wirkt weder spezial- noch generalpräventiv gegen diese gewerbliche Kurzzeitvermietung, die in Wohnzonen eigentlich verboten ist.

 

Aber einmal angenommen, das war auf Grund der geltenden Rechtslage nicht anders möglich, dann müssen wir doch diese geltende Rechtslage schleunigst ändern, sehr geehrte Damen und Herren. Deshalb bringe ich mit meinen KollegInnen einen Antrag ein, der die sofortige Streichung dieses Ausnahmetatbestandes fordert. Ich glaube, das vorliegende Beispiel zeigt, warum diese Gesetzesänderung so dringend notwendig ist. Die Frage des leistbaren Wohnraumes, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht nur eine Frage des Gemeindebaus und des geförderten und gemeinnützigen Wohnbaus. Zur Frage des leistbaren Wohnens muss auch der gewerbliche Wohnbau, der Bestand seinen Beitrag leisten. In Zeiten, in denen versucht wird, Wohnraum zur Profitmaximierung zu missbrauchen, braucht es klare Regulierungsmaßnamen. Wir fordern Sie auf, dort, wo Sie die Verantwortung tragen, diese Regulierungsmaßnahmen auch vorzunehmen. Einige Vorschläge unterbreiten wir mit unseren Anträgen. Vielen Dank.

 

Präsident Ernst Woller: Ich danke. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Sittler. Ich erteile ihm das Wort.

 

15.50.02

Abg. Dr. Peter Sittler (ÖVP)|: Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer beim Livestream!

 

Wir haben es heute schon ein bissel gehört, wir reden heute über eine Novelle der Bauordnung, die gerade in Gartensiedlungsgebieten und Einfamilienhausgebieten größere Neubauten insbesondere in der Bauklasse I verhindern soll. Gerade Bauträger waren mit den Vorwürfen konfrontiert, übermassive Neubauten errichten zu wollen oder zu errichten und dabei die Wohnnutzfläche bis zu einem gesetzlichen Maximum auszureizen. Das haben wir auch schon in der Diskussion gehört. Nun, man kann ja denen, die das Gesetz nutzen, keinen Vorwurf machen. Sie werfen ja auch jemandem, der auf der

 

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