Landtag, 11. Sitzung vom 26.04.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 24
zur Verfügung. Die ärmeren Haushalte schauen schon jetzt auf jeden einzelnen Cent. Das heißt, die untersten 25 Prozent in der Einkommensstatistik haben weniger als 25 Prozent von dieser Senkung der Mehrwertsteuer, die oberen 75, wo es nicht allen sehr gut geht, aber die Gott sei Dank von dieser Krise noch nicht so dramatisch betroffen sind, haben den Löwenanteil an dieser Mehrwertsteuersenkung. Das heißt, bei den Menschen, die es brauchen, kommt am Ende des Tages nicht einmal der Anteil an, der ihnen in der Bevölkerung entspricht. Da kommen vielleicht 3 Prozent von dieser Milliarde bei den 25 Prozent an. Eine dümmere Lösung, um Armut zu bekämpfen, gibt es kaum! (Zwischenruf.)
Man muss einfach wissen, wem man helfen will. Ja, ich entschuldige mich gleich dafür, es gelingt uns auch auf Bundesebene nicht, alles immer zielgerichtet zu machen. Das weiß ein jeder, der mit der ÖVP in einer Koalition war, da müssen wir doch nicht lange darüber reden: Hat die ÖVP in den Mittelpunkt jemals die Ärmsten dieser Gesellschaft gestellt? - Na, natürlich nicht! Und gelingt es uns als Partei mit 14 Prozent, uns zu 100 Prozent durchzusetzen? - Natürlich nicht! Das ist ja nicht einmal der SPÖ gelungen, als sie 23 Jahre den Bundeskanzler zusammen mit der ÖVP gestellt hat.
Wer hat denn so Sachen wie die Richtwerterhöhung bei den Mietzinsen eingeführt? - Das war ja die Sozialdemokratie. Wer hat es nicht geschafft, obwohl 13 Jahre Alleinregierung unter dem Bundeskanzler Kreisky - da kann ich mich erinnern -, wieder klare Mietzinsobergrenzen zu machen? - Die Sozialdemokratie!
Aber ich habe tatsächlich eine Frage an den Herrn Bürgermeister: Lieber Herr Bürgermeister, wer zwingt Sie dazu, die Mieten im Gemeindebau in der jetzigen Situation zu erhöhen? Wer zwingt Sie dazu? - Niemand! Niemand zwingt Sie dazu! Das ist die Entscheidung von Ihnen ganz allein. Ich bin unglücklich, ich sage es ganz ehrlich, über die Richtwerterhöhung, ich bin wirklich unglücklich darüber. Nur bräuchten wir einmal eine Mehrheit für klare Mietzinsobergrenzen, dann täten wir nämlich wirklich den Menschen helfen. Aber da legen sich Parteien in dem Land quer, nämlich alle außer den GRÜNEN. Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie jemals in der Zeit, als Sie den Bundeskanzler gestellt haben, irgendwie einen Anlauf für klare Mietzinsobergrenzen gemacht haben, nämlich für alle Wohnungen. Denn es wird oft vergessen: Die Gemeindewohnungen und die geförderten Wohnungen sind glücklicherweise noch die günstigeren Wohnungen, und ich stehe dazu und ich bin sehr froh, dass das der Fall ist, aber wir haben in Wien die ärmsten Menschen zum Teil gerade in den freifinanzierten Wohnungen sitzen, weil sie woanders nicht reinkommen. Das wissen wir, das wissen Sie! Und wenn wir uns überlegen, wie wir helfen, dann geht es natürlich auch immer darum: Ist es die öffentliche Hand, die zahlt, und wir verteilen Geld der öffentlichen Hand, indem wir ärmere Menschen unterstützen, damit sie die Rechnungen bezahlen können, eigentlich nur zu den Reichen, oder gibt es andere Möglichkeiten der Einflussnahme? Und eine Möglichkeit der Einflussnahme wäre, klare Mietzinsobergrenzen für alle Wohnungen zu machen, insbesondere in einer Zeit, in der Wohnungen mit Krediten gebaut wurden, die einen Zinssatz zwischen 0 und 0,5 Prozent gehabt haben.
Es geht aber weiter, und wir müssen uns natürlich bei jeder einzelnen Maßnahme fragen. Genau deshalb ist es notwendig, sich für die unteren Einkommen Sachen zu überlegen, für Mindestsicherungsempfänger, für ärmere Menschen und nicht für all jene, die es sich leisten können, weil es natürlich die Budgets belastet. Wir sind tatsächlich in einer Zeit, in der uns die Pandemie vorläufig jetzt über den Sommer hoffentlich nicht vordergründig beschäftigen wird. Weitergearbeitet werden muss natürlich schon in Bezug auf den Herbst, wobei ich persönlich hoffe, dass es im kommenden Herbst nicht mehr so wird wie in den vergangenen Jahren. Aber das ist Hoffnung und nicht Wissen, und es gibt leider viele Experten, die sagen: Corona kommt zurück! Wir werden uns gemeinsam überlegen müssen, wie wir damit umgehen.
Der Ukraine-Krieg, der russische Überfall auf die Ukraine - das sind alles Sachen, die uns tatsächlich in der jetzigen Situation vor Herausforderungen stellen, insbesondere im Zusammenhang mit der Inflation, wobei es sich auch da einmal lohnt, einen Blick auf die Inflation zu werfen. Was ist es für eine Inflation, die wir gegenwärtig haben? Ist es eine Inflation, die tatsächlich nachfragegetrieben ist und sozusagen angebotsseitig die Bedürfnisse nicht erfüllt werden können, oder ist es eine Inflation, die insbesondere im größten Sektor, nämlich im Sektor der Treibstoffe und des Heizens, eine spekulative Inflation ist? Noch ist es Zweiteres.
Warum kann sich das so verfestigen, insbesondere im Bereich der Energie? Weil auch hier in den letzten 25 Jahren der falsche Weg beschritten wurde, von den unterschiedlichsten Regierungen auf Bundes- und auf Landesebene, während GRÜNE ... Ich kann mich gut erinnern, ich sitze seit 20 Jahren in diesem Gemeinderat, ich glaube, ich habe es das erste Mal 2003 gesagt: Wir müssen raus aus Öl und Gas, wir können nicht abhängig von einem Herrn Putin werden. Da haben die anderen Fraktionen hier herinnen alle gelacht, nur die GRÜNEN haben gesagt: Wir brauchen einerseits den ökologischen Umbau und wir dürfen uns nicht von Russland abhängig machen. (Zwischenruf.) Was haben Sie in den letzten 15 bis 20 Jahren auf allen Ebenen, wo sie regiert haben, gemacht? - Herrn Putin hofiert, und zwar echt hofiert, und zwar von allen Parteien: Bitte, bitte, billiges Gas nach Österreich, billiges Gas nach Wien, damit wir nur ja nicht schnell irgendwie den ökologischen Umbau einleiten müssen! Entschuldigen Sie sich dafür zumindest! Entschuldigen Sie sich bitte ein einziges Mal für diesen Irrweg, den der Bund gegangen ist und den auch die Stadt Wien gegangen ist. (Anhaltende Zwischenrufe.) - Ich kann Sie leider nicht verstehen. (Zwischenruf.) - Nein, ich freue mich, wenn wir wieder in den Gemeinderatssitzungssaal zurückkommen, wo Zwischenrufe tatsächlich leichter verständlich sind. Wir werden uns, denke ich, auch noch ein anderes Mal darüber unterhalten können.
Wir brauchen diesen Umstieg aber wie einen Bissen Brot, und ich sage es Ihnen ganz ehrlich, ich denke mir
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