Landtag, 12. Sitzung vom 28.04.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 101
einen Abschiebebescheid gibt, war eine sehr interessante und auch vollkommen richtige Einschätzung einer leider vorhandenen Realität. Doch müssen diesen Aussagen auch Taten folgen. Insofern ist von großem Interesse, wie viele strafrechtlich belangte und mit einem negativen Asylbescheid ausgestattete Personen („Gfraster“) derzeit durch die Wiener Grundversorgung bzw. Mindestsicherung Geldleistungen beziehen?]
Ich ersuche um Beantwortung.
Lhptm Dr. Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Präsident Woller! Hoher Landtag! Sehr geehrte Frau LAbg. Matiasek!
In Wien erhalten derzeit 871 Personen mit rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahren Leistungen aus der Grundversorgung. Der Stand ist um 151 Personen gegenüber meiner schriftlichen Beantwortung der Anfrage Ihres Parteikollegen Wolfgang Seidl vom Juni 2021 gesunken. Wie ich schon im Vorjahr anlässlich einer mündlichen Anfrage Ihrer Fraktion zur nämlichen Thematik festgehalten habe, wurde vom Verfassungsgerichtshof im Februar 2020 bekanntlich bestätigt, dass diese Personengruppe grundsätzlich Anspruch auf Leistungen aus der Grundversorgung hat und die Kosten dafür partnerschaftlich von Bund und Ländern zu tragen sind.
Weiters ist ein Mal mehr darauf hinzuweisen, dass der Funktionsumfang der Grundversorgungsdatenbank des Innenministeriums eine automatische Auswertung darüber, wie viele dieser Personen allenfalls strafrechtlich belangt wurden, wie viele Personen einen Abschiebebescheid erhalten haben oder wie vielen Personen Abschiebeschutz auf Grund einer sogenannten Duldung zukommt, nicht zulässt.
Was die von Ihnen angesprochene Wiener Mindestsicherung anbelangt, so haben geflüchtete Menschen nur dann einen Rechtsanspruch auf Leistungen daraus, wenn ihre Asylverfahren positiv abgeschlossen wurden, sie also in die Gruppe der Asylberechtigten fallen oder ihnen subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist. Hingegen begründet ein Asylverfahren an sich noch keinen Anspruch auf Wiener Mindestsicherung. Insofern gibt es eine klare Differenzierung zwischen Grundversorgung und Mindestsicherung. Während Personen mit einem positiv abgeschlossenen Asylverfahren einen Rechtsanspruch auf Mindestsicherung haben, werden mit der Grundversorgung hilfs- und schutzbedürftige Personen unterstützt. Dazu zählen vor allem Asylwerber bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, subsidiär Schutzbedürftige sowie Personen mit rechtskräftig negativem Ausgang des Asylverfahrens und Personen ohne Aufenthaltsrecht, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar sind. Gerade im Hinblick auf die letztgenannte Personengruppe weise ich der guten Ordnung halber darauf hin, dass für Abschiebungen die Polizei und damit das Innenministerium und nicht die Stadt Wien zuständig ist.
Lassen Sie mich an dieser Stelle aber auch noch, weil es im gegebenen Zusammenhang ebenfalls von Interesse sein könnte, kurz auf einen relevanten Themenbereich eingehen, nämlich auf die Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft von IS-Kämpfern und die aktuellen Zahlen zu den diesbezüglichen Verfahren in Wien.
Wie Sie wissen, ist die Magistratsabteilung 35 in diesem Bereich nach Kräften tätig, soweit es die bestehenden sehr engen nationalen, aber auch internationalen Rechtsgrundlagen eben zulassen. Dementsprechend komplex und verzweigt gestalten sich naturgemäß die diesbezüglichen Ermittlungsverfahren. Erwähnt möchte ich an der Stelle wissen, dass die Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft nur dann möglich ist, wenn für die betroffenen Personen keine Staatenlosigkeit entsteht.
Hinsichtlich der diesbezüglich aktuellen Zahlen darf ich Sie wie folgt informieren - und ich glaube, das ist durchaus auch im Interesse der Anfrage -: Von der Magistratsabteilung 35 wurden bislang 19 einschlägige Entziehungsverfahren eingeleitet. In zehn Fällen ist die ausgesprochene Entziehung der österreichischen Staatsbürgerschaft bereits rechtskräftig geworden, in zwei Fällen ist das Beschwerdeverfahren gegen die Entziehung derzeit beim Verwaltungsgericht Wien noch anhängig, und in einem weiteren Fall wurde der Bescheid vom Verwaltungsgericht Wien letztlich aufgehoben. In den übrigen sechs Fällen laufen laut Information der Magistratsabteilung 35 derzeit die diesbezüglichen Ermittlungsverfahren beziehungsweise stehen Verfahrensabschlüsse bevor.
Präsident Ernst Woller: Danke. Die 1. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Matiasek gestellt. Ich erteile ihr das Wort.
Abg. Veronika Matiasek (FPÖ): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Guten Morgen und vielen Dank für die ausführliche Beantwortung. Vieles ist dabei deskriptiv gestaltet, wie es eben sein sollte. Wir haben allerdings die Situation, dass ja immer wieder aufpoppt, dass eben gerade in Wien - eine letzte Pressemitteilung zeigt das ganz deutlich - doch ein Hot Spot des sozialen Missbrauchs besteht. Es poppen immer wieder Fälle auf, bei denen zu Unrecht eine Sozialleistung, egal, welche, bezogen wird.
Herr Landeshauptmann, ich frage Sie angesichts dieser Situation, dass Wien Hotspot des Sozialmissbrauchs ist, dass aktuell immer mehr Menschen unverschuldet in die Armutsfalle geraten, dass es aktuell eine große Flüchtlingsbewegung gibt, dass nach wie vor eine Einwanderung in unser Sozialsystem stattfindet: Werden Sie dafür eintreten, dass in Wien zukünftig doch konkrete Maßnahmen einer viel rigoroseren, schärferen Kontrolle und rigorosere, schärfere Maßnahmen, die den Missbrauch verhindern, Platz greifen werden?
Lhptm Dr. Michael Ludwig: Ja, jeder Missbrauch ist abzustellen, auch Missbrauch von Sozialleistungen, das ist überhaupt keine Frage. Ich möchte nur vielleicht der Ordnung halber darauf verweisen, dass Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz, also wenn es vor allem um Schwarzarbeit geht oder um Verstöße gegen andere Sozialleistungen, die in Bundeskompetenz liegen, wie zum Beispiel Kindergeld oder Leistungen des AMS, die Stadt Wien keine Möglichkeiten zur Einflussnahme hat. Und weil in der Öffentlichkeit auch Zahlen
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