«  1  »

 

Landtag, 14. Sitzung vom 23.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 83

 

Im Kontext mit Ihrer Fragestellung, wieso in Wien die Zahl der Mindestsicherungsbezieher um ein bisschen steigt und in Niederösterreich sinkt und die Ausgaben so niedrig sind, ist das doch eine durchaus hochinteressante Recherche. Das ist das Spannende an der Fragestellung, wenn Sie mir schon erzählen, dass Ihr Parteikollege es viel besser macht: In dem Bundesland, in dem Ihr Parteikollege Sozialhilfereferent ist, steigt die Zahl der armutsgefährdeten Personen dramatischerweise am höchsten in ganz Österreich, nämlich innerhalb von 2 Jahren um 40 Prozent. Das ist nachzulesen im EU-SILC Bericht, Vergleich 2019 zu 2021. Diese Steigerung ist 6 Mal höher - 6 Mal höher! - als die Steigerung in Wien! (StR Dominik Nepp, MA: Von 1 auf 2 sind es aber auch 100 Prozent!)

 

Urspannend finde ich es allerdings, zu sehen, dass bei einer dermaßen dramatischen Steigerung der Menschen mit Armutsgefährdung die Zahl der Mindestsicherungsbezieher in Niederösterreich um 20 Prozent sinkt. Das kann ja nicht daran liegen, dass die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher nicht in der Lage sind, einen Antrag auszufüllen. Vielmehr liegt das an den Rahmenbedingungen, und dazu sage ich ganz klar: Sozialhilfe - wurscht, ob sie Mindestsicherung heißt wie bei uns oder Sozialhilfe im Bund - ist ein Auffangnetz für Menschen, die armutsgefährdet sind. Und wenn die Armutsgefährdung steigt und die Menschen, die zu wenig Geld haben, um sich ihre Wohnung, ihre Heizung zu leisten, ihre Energie- und Lebenskosten zu bestreiten und Lebensmittel und Gewand zu kaufen, dann ist es der Job der Sozialhilfe, hier zu unterstützen. Wenn allerdings die Zahl der Mindestsicherungsbezieher sinkt, während die Zahl der Armutsgefährdeten steigt, dann sage ich ganz klar: Das ist für mich kein politisches Vorbild! (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.)

 

In Österreich ist die Zahl der armutsgefährdeten Personen von 2019 auf 2021 um 130.000 Personen gestiegen. Im Jahr 2021 sind um 130.000 Personen mehr armutsgefährdet, und die Hälfte davon lebt in Niederösterreich. Sorry! Diese Steigerung zur Hälfte in Niederösterreich kann kein Vorbild sein! In Wien beträgt die Steigerung 1,4 Prozent, in Niederösterreich beträgt die Steigerung 37,5 Prozent, in Oberösterreich - das ist auch Teil Ihrer Frage - 8,7 Prozent.

 

Ja, ich stehe dazu: Die Mindestsicherung in Wien ist ein Hilfesystem, das verhindern soll, dass Armut stattfindet. Es soll verhindern, dass die Menschen in die Armut absinken und selbst nicht mehr wissen, wie sie ihr Leben finanzieren können. Dafür gibt es Sozialhilfepolitik. Dafür stehe ich gerade, dafür stehe ich ein und dafür kämpfe ich auch. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.)

 

Präsident Ernst Woller: Die 1. Zusatzfrage wird gestellt von Herrn Abg. Seidl. Ich erteile ihm das Wort.

 

10.14.27

Abg. Wolfgang Seidl (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat!

 

Ich bin froh, dass die Anfrage zulässig ist. Der Herr Präsident hat das so entschieden. Machen Sie sich vielleicht intern aus, ob sie tatsächlich zugelassen ist oder nicht! Ich freue mich, dass sie zugelassen wurde.

 

Sie haben jetzt sehr viel über das Land Niederösterreich im Gegensatz zu Wien erzählt. Ich sage auch fürs Protokoll, weil das doch interessant ist: Niederösterreich braucht pro Jahr 60 Millionen EUR für die Mindestsicherung, Sie geben in Wien jetzt Jahr für Jahr über 700 Millionen EUR für die Mindestsicherung aus.

 

Ganz ehrlich: Meine Frage, die ich gestellt habe und die Sie vielleicht nicht gelesen haben, ist eindeutig nicht beantwortet worden. Sie lautet: Mit welchem Betrag für die Mindestsicherung in Wien rechnen Sie bis Ende 2022? Ich weiß nicht, ob Sie irgendwelche Zahlen dazu gehört haben. Ich habe keine gehört. Deshalb stelle ich noch einmal meine Frage und bitte um Beantwortung: Mit wie viel rechnen Sie bis Ende des Jahres? Das zu beantworten, wird ja nicht so schwierig sein!

 

Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung.

 

Amtsf. StR Peter Hacker: Ich gehe davon aus, dass wir in dem Budgetplan sind, den der Gemeinderat beschlossen hat, und derzeitige Hochrechnungen zeigen, dass wir nur relativ geringe Abweichungen haben. (StR Dominik Nepp, MA: Rauf oder runter?)

 

Es sind geringe Abweichungen. Wir sind jetzt im Juni. Die Frage bezieht sich perspektivisch auf das Ende des Jahres. Wir diskutieren jetzt über die Frage der Steigerung von Energiekosten. Wir reden über die Steigerung von Armut. Wir diskutieren die Frage der Folgen eines Krieges in nächster Nähe, über die Folgen von Lieferengpässen, von permanenten Indexkostensteigerungen des Lebens. Und Sie wollen wissen, wie Ende des Jahres das Sozialhilfebudget ausschauen wird! Das kann Ihnen kein Mensch seriös beantworten! (StR Dominik Nepp, MA: Sie wissen aber, wie es 2040 ausschauen wird!)

 

Die derzeitige Hochrechnung schaut so aus, dass wir im budgetierten Rahmen bleiben. Das ist die derzeitige Hochrechnung. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Fragen Sie die Wahrsagerin von Strache!)

 

Aber noch etwas, weil Sie ja ein Kenner der Materie sind. Sie sollten sich dann wirklich im Detail anschauen, was das Sozialhilfegesetz in den Bundesländern regelt und was der Unterschied ist. Das festzuhalten, ist mir wichtig, weil Sie das in Ihrer Anfrage hervorgehoben haben. Wenn Sie sich die Sozialhilfegesetzgebungen dort - im Plural! - genauer angeschaut hätten, dann hätten Sie festgestellt, dass das zwei Bundesländer sind, die ihre Sozialhilfekosten in die Wohnbeihilfe verschoben haben. Und Wohnbeihilfe als Teil der Wohnbauförderung ist nicht im Bericht über Sozialhilfeausgaben eines Bundeslandes enthalten. Und wenn ich aus der Wohnbeihilfe den Wohnkosten- beziehungsweise Mietkostenzuschuss abdecke, dann habe ich logischerweise in der Sozialhilfe weniger Kosten. Das ist wirklich das Kleine Einmaleins der Kostenrechnung.

 

Wenn Sie also schon der große Kenner der Materie sein wollen, dann schauen Sie sich wenigstens diesen Teil an und nehmen Sie zur Kenntnis, dass gerade in diesen beiden Bundesländern die Unterstützung für den Wohnbedarf in die Wohnbeihilfe verschoben wurde. (Beifall bei SPÖ, NEOS und GRÜNEN.)

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular