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Landtag, 33. Sitzung vom 23.05.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 20

 

Ich finde gut, dass Sie Ihre vergangene Haltung überdenken. Das finde ich positiv, und darin möchten wir Sie auch unterstützen. Ich finde aber Ihre Argumentation unaufrichtig, wenn Sie hier sagen, das Gesetz wurde geändert - und es wurde ja geändert - und die Bedenken, die Sie haben, die Punkte, über die Sie sich beschweren, die wurden nicht gehört. Auf der anderen Seite sagen Sie, diese wurden gehört und jetzt passt es.

 

Das hat alles davor stattgefunden, und zwar: Am 27. Februar hat das EU-Parlament das geänderte Gesetz - das aus unserer Sicht heruntergewasserte, das aber immer noch ein Schritt in die richtige Richtung ist - mit einer Mehrheit beschlossen. Dann ist der ganze März vergangen, und dann hat es im April die Abstimmung in der Landeshauptleutekonferenz gegeben, und dort - da war aus meiner Sicht lange genug Zeit, zu sehen, ja, den Bedenken wurde Rechnung getragen, es gibt ein geändertes Gesetz - wäre der Zeitpunkt gewesen, um zu sagen: Auf unsere Bedenken wurde eingegangen, und auf Grund dieser Änderungen stimmen wir jetzt zu. - Es reicht auch, dass das nur Wien macht, das ist das Schöne an dem Teil. Wir brauchen jetzt nur diese eine Änderung von einem Bundesland. Das wäre der Zeitpunkt gewesen, wenn Sie das Bewusstsein immer schon gehabt hätten.

 

Jetzt hat es diese massive Kampagne von NGOs, von der Zivilgesellschaft gegeben - heute war wieder eine Demo am Ring vor den Büsten Ihrer Parteivorväter -, die das kritisieren, und auf Grund dessen haben Sie Ihre Haltung geändert. Auch das ist positiv, aber bitte tun Sie nicht so, als ob Sie immer schon die Fahnenträger des Umweltschutzes und des Naturschutzes gewesen wären, denn wenn Sie das gewesen wären, dann hätte die EU heute ein Gesetz zur Naturwiederherstellung und wir würden diese Debatte heute nicht führen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

So, jetzt möchte ich noch einmal ganz kurz darauf eingehen: Worum geht es? Viel wurde gesagt, aber es ist mir schon wichtig, noch einmal zu betonen, warum es so wichtig ist, dass wir eine gesetzliche Grundlage zur Wiederherstellung der Ökosysteme haben. Wir betreiben das. Ich finde und die meisten GRÜNEN finden, dass die Schönheit der Natur und die intakte Natur ein Wert an sich ist. Davon bin ich überzeugt. Davon muss man aber überhaupt nicht überzeugt sein, denn Naturschutz ist nun einmal Menschenschutz. Und warum machen wir das? Die Natur ist der Ast, auf dem wir sitzen. Wenn dieser zu brüchig wird, bricht er ab, und wir fallen hinunter, und es wird unschön.

 

Es wurde schon gesagt, 80 Prozent der Ökosysteme sind in einem schlechten Zustand. Wir brauchen diese Ökosysteme zum Überleben. Und - auch gerichtet an die ÖVP: Wir brauchen diese nicht nur zum Überleben - ich finde das ja schon wichtig genug -, sondern auch die Wirtschaft braucht die Natur. 50 Prozent des BIPs sind davon abhängig, dass die Natur intakt ist, und sind davon abhängig, dass die Natur uns diese Dienstleistungen zur Verfügung stellt. Was sind denn das für Dienstleistungen? Wir reden zum Beispiel in der Stadt immer von den Baumpflanzungen. Warum ist das wichtig? Weil wir das, was der Baum leistet, technisch überhaupt nicht ersetzen können. Der Baum holt das Wasser aus dem Boden und verdampft es über die Blätter, und das sind unsere natürlichen Klimaanlagen in der Stadt, das sind aber auch unsere natürlichen Klimaanlagen im Wienerwald, und die brauchen wir auch sonst für so vieles. (Abg. Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Herr Oberlehrer, danke!)

 

Ich möchte auf ein Wiener Beispiel eingehen, wo das tatsächlich eine direkte Auswirkung hätte - wofür wir die EU nicht brauchen, Wien kann auch von sich aus tätig werden, ich glaube aber, dass es durchaus sinnvoll ist, das akkordiert zu machen -: der Wienfluss - ein ganz konkretes Beispiel. Vor 130 Jahren haben wir, oder unsere VorgängerInnen, die natürliche Verbindung zwischen dem Wienerwald und der Donau unterbrochen - mit der Kanalisierung des Wienflusses. Das heißt, seit 130 Jahren gibt es diese Verbindung nicht mehr. Wofür ist diese Verbindung nötig? Sie ist zum Beispiel nötig, wenn bei Starkregenereignissen große Wassermengen kommen. Dann werden alle möglichen Tiere aus dem Wienfluss im ersten Schritt in den Donaukanal geschwemmt und im Weiteren dann in den Donauhauptstrom. In der Vergangenheit konnten dann die Fische und andere Lebewesen wieder in den Wienfluss und über den Wienfluss in die Wiener Waldbäche aufsteigen. Die sind dort wichtig für die Sauberkeit des Wassers, für die Intaktheit des Ökosystems. Vor 130 Jahren wurde das unterbrochen, und jetzt hätten wir die Möglichkeit, das wieder zu reparieren. - Ein Beispiel dessen, worum es geht: Reparatur der Natur.

 

Es gibt schon einen Teil, der renaturiert ist. Dort wird schon gezeigt, wie das funktioniert, nämlich technisch, aber es wird auch gezeigt, wie das für die Lebewesen funktioniert. Seit der Renaturierung des oberen Bereiches des Wienflusses haben sich dort über 60 Pflanzen- und Tierarten wieder angesiedelt, sorgen für ein intaktes Ökosystem in diesem Bach, sorgen dafür, dass das Wasser besser gereinigt wird, sorgen dafür, dass die Ufergebiete von Wurzeln festgehalten werden, und so weiter. Und darum würde es gehen: Dass wir das wieder bis nach unten machen - denn dass wir nach Starkregenereignissen Fische transportieren und oben wieder aussetzen, das ist ja nicht nachhaltig. Die Natur kann das und soll das von alleine können, denn wir werden immer mehr von diesen Ereignissen haben.

 

Im Endeffekt geht es um die Intaktheit des Wienerwaldes, und der Wienerwald, wir wissen das, ist für Wien von immenser Bedeutung. Er ist nicht nur für die Naherholung von vielen Menschen notwendig, er ist nicht nur für die Luft notwendig, er ist nicht nur für die Sauberkeit des Wassers und als Hochwasserschutz wichtig - denn wenn dort ein Wald ist, dann hält dieser noch ein bisschen Wasser zurück -, er ist auch gerade in der Klimakrise wichtig für den Kaltluftstrom: Wir brauchen einen intakten Wienerwald, der kalte Luft produziert, von der wir dann profitieren. Hier werden wir auf Wiener Ebene weiter rangehen. - Und von diesen Beispielen gibt es in ganz Europa tausende.

 

Genau darum geht es für 450 Millionen Europäerinnen und Europäer, vor allem für die kommenden Generationen, weil in dieser Klimakrise die Biodiversität wichtig für

 

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