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Landtag, 34. Sitzung vom 19.06.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 53 von 79

 

an Personal, es fehlt so sehr an Personal, dass Wohngemeinschaften geschlossen werden müssen. Über die Gründe der Personalschwierigkeiten haben wir ja schon bei der Debatte der Volksanwaltschaft gesprochen, da möchte ich jetzt auch gar nicht so dezidiert darauf eingehen. Was ich aber schon möchte: Ich möchte die Zitate vorlesen, die man von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übermittelt bekommt. Was bedeutet das für betroffene Kinder, wenn sie aus einer Wohngemeinschaft genommen werden, weil diese zusperren muss, weil es zu wenig Personal gibt? Das Zitat: „Sie wurden auf andere Wohngemeinschaften aufgeteilt, mussten mit anderen Kindern zusammenleben. Auch wenn die alte WG wieder aufsperrte, war sie nicht mehr dieselbe. In Gesprächen wurde dies dann deutlich, wenn sich die Kinder schwer taten, die Namen aller Betreuungspersonen, die sie in den vorangegangenen Monaten kennen gelernt haben, aufzuzählen.“ - Zitat Ende.

 

Was sagt uns das? Das sagt uns, dass es anscheinend so eine Fluktuation von Personal gibt, dass sich die Kinder nicht einmal mehr merken können, wie die Betreuerinnen oder Betreuer heißen. Was mich besonders erschüttert hat, war der Punkt ehemalige Pflegekinder in Krisenzentren und Wohngemeinschaften. Es geht dabei um Kinder, die wieder aus Pflegefamilien herausgenommen werden und in Krisenzentren oder Wohngemeinschaften unterkommen müssen. Die Kinder verlassen oder müssen diese Pflegefamilien wieder verlassen, weil es verschiedene Gründe gibt. Entweder sind die Pflegeeltern mit der Situation oder mit den Kindern überfordert, oder es gibt auch Mängel in der Pflegeaufsicht und einiges anderes mehr.

 

Ich möchte hier mit einem Zitat schließen. Mit ehemaligen Pflegekindern in Einrichtungen zu sprechen, ist erschütternd. - Nein, das kann ich jetzt nicht, da muss ich gerade aussteigen, das geht gerade zu nahe. Ich bitte Sie (in Richtung Kinder- und Jugendanwältin Dunja Gharwal, MA), dass Sie das dann vielleicht kurz replizieren.

 

Die Pflegeeltern sind ein besonderer Pfeiler in dem Kinderschutzsystem. Die Pflegeeltern sind das, was sie brauchen. Diese brauchen Unterstützung, und sie brauchen aber auch eine Schulung, denn es gibt ganz viele Brüche bei den Kindern - Vertrauensbrüche. Sie verlieren zum einen ihre Familie, sie verlieren die Pflegefamilie als nächstes oder die Krisenpflegefamilie, sie verlieren ihre Vertrauenspersonen in den Krisenzentren, und dann verlieren sie wieder die Pflegefamilie oder die Krisenpflegeeltern, und das ist für eine Kinderseele einfach zu viel. Es ist gut, dass es jetzt die Qualitätsstandards bei der Arbeit der Pflegeeltern gibt, aber ich glaube, dass wir da ganz, ganz viel mehr brauchen. Wir brauchen nicht nur Qualitätsstandards, sondern wir brauchen wirklich Menschen, die diese Arbeit als Berufung sehen und nicht als Beruf. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich möchte jetzt gerne auf den Antrag der Grünen zu sprechen kommen, sie bringen einen Antrag zur Fremdunterbringung für Vorschulkinder ein. Dem werden wir nicht zustimmen, auch nicht der Zuweisung, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund, nämlich weil wir eine andere Strategie verfolgen. Wir sind der Ansicht, dass Kinder, die drei Jahre bis sechs Jahre sind, eigentlich die jüngsten bis sechs Jahre nicht in Krisenpflegezentren untergebracht werden sollen, schon gar nicht in solchen, die überfüllt sind, sondern dass wir da wirklich alle Anstrengungen setzen müssen, dass sie entweder in dem innerfamiliären Kreis oder bei Krisenpflegeeltern oder bei gut geschulten Pflegeeltern untergebracht werden können und eher in dem Familienspektrum bleiben sollten und nicht in überbelegten Krisenpflegezentren.

 

Eine große Bitte habe ich - der neue Kinder- und Jugendanwalt ist leider nicht da -, nämlich dass Sie diesen Fokus bei der Arbeit rund um die MA 11 und die innerfamiliäre Kinderschutzarbeit, wie Sie es nennen, schon auch belassen, weil es ganz wichtig ist. Sie sind für mich die einzige Stelle, die das wirklich aus dem Blickwinkel des Kindes beurteilt, und das ist so wertvoll für unsere Arbeit, weil es hier wirklich unsere Aufgabe ist, im Sinne der Kinder und der Sicherheit der Kinder zu arbeiten.

 

Ich muss aber leider schon auch einen Kritikpunkt anbringen: Wir haben schon einmal darüber geredet, dass mir ein bisschen auch die Eigeninitiative fehlt, wenn es um Fälle geht, die bewegen. Wir haben einmal darüber geredet, es war die Situation im 22er Jahr, dass zwei Mädchen aus einer WG ausgerissen sind, weil sie Drogen kaufen wollten, und dann vergewaltigt wurden. Darüber haben wir im Bericht überhaupt nichts gelesen. Wir haben darüber auch geredet, haben gesagt, dass das, wenn wir hier bei solchen Fällen sehr wohl den Blickwinkel der Jugendlichen vermittelt bekommen, zum Beispiel etwas ist, das auch ein „learning“ für jeden von uns ist: Was muss man ändern? Da geht es also nicht um Verurteilung, sondern um die Fragen, wie. Wie kam es dazu? Warum fühlt man sich so, dass man da ausreißen muss? Wir haben eine Anfrage gestellt, die Antworten waren nicht sehr gewinnbringend. Deswegen, glaube ich, ist es total wichtig, wenn sozusagen bei Einzelfällen eine neutrale Stelle da auch von außen, aus Eigeninitiative hinschaut. Hierzu bringen wir auch einen Antrag ein. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Auch ich muss jetzt einmal etwas zu der Ernennung von dem neuen Kinder- und Jugendanwalt sagen. Wenn die Stadt Wien eine Ausschreibung mit dem Hinweis macht, den Anteil an Frauen in diesem Berufsfeld erhöhen zu wollen, und sich dezidiert an Frauen wendet, und es dann deutlich mehr Bewerberinnen als Bewerber gibt, die in der Ausbildung nicht hintanstehen, die auch in der Präsentation gut waren, und dann wird es aber ein Mann, dann muss ich jetzt die Verantwortlichen hier fragen: Wenn die Stadt Wien sich als die Frauenstadt deklariert, wenn die Stadt Wien sagt: „Wir sind die Stadt der Frauenförderung!“, was braucht man dann, wenn so ein derartiges Gefälle ist, indem wirklich viel mehr Frauen als Männer waren, dass eine Frau das Rennen macht? Das bitte ich wirklich einmal zu erarbeiten. Weil: Das war schon etwas, wo ich mir gedacht habe, das verstehe ich überhaupt nicht. Das kann ich nicht verstehen, denn die Frauen sind wirklich in keinster Weise mit ihrer Ausbildung hintangestanden, und trotzdem wurde es ein Mann.

 

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