Protokoll über die 7. Sitzung der
Untersuchungskommission des Wiener Gemeinderats
zur Praxis der Wiener Flächenwidmungen
am 3. Juli 2002
Vorsitzender: Senatspräsident Dr. Dietrich Derbolav
Schriftführung: Mag. Eva Papouschek, Michaela Baucek
Ort: 1082 Wien, Rathaus, Nordbuffet
Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung und stellt die Anwesenden sowie die Beschlussfähigkeit fest. Er verliest das Konzept eines Schreibens an SR DI Steiner als Antwort auf zwei von diesem eingelangte Stellungnahmen sowie das Schreiben von GR Oxonitsch an den Vorsitzenden vom 3. Juli 2002.
Zeugeneinvernahme von Herrn SR Dipl.-Ing. Georg Kotyza
Ich war durch mehr als 20 Jahre stellvertretender Leiter der MA 18 und Leiter der Gruppe Stadtentwicklung und Stadtplanung. Die Aufgabe meines Referates war die Entwicklung übergeordneter städtischer Konzepte. So hat dieses Referat auch den Stadtentwicklungsplan 1984 und 1994 federführend ausgearbeitet. Diese Stadtentwicklungspläne bildeten sozusagen die räumlichen Leitlinien für die Flächenwidmungspläne. Darüber hinaus hat mein Referat die Stellungnahmen zu den Entwürfen der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne abgegeben (Stellungnahme im Gründruckverfahren) und ich war Auskunftsperson für den Fachbeirat für Stadtgestaltung und Stadtplanung.
In der Regel hat es im Jahr 200 solcher Gründruckverfahren gegeben, die uns zur Stellungnahme vorgelegt wurden und wo wir die Pläne mit dem Motivenbericht und dem Antrag bekamen und wo wir darauf eine schriftliche Stellungnahme abgaben. In einigen seltenen Fällen ist es aber bereits vor dem Gründruckverfahren zu einer direkten Kontaktaufnahme mit der MA 21 gekommen, wobei es sich meistens um die Berücksichtigung von Verkehrsprojekten gehandelt hat.
Theoretisch wäre es richtig gewesen, dass uns bereits vor dem Gründruckverfahren das beabsichtigte Plangebiet bekannt gegeben worden wäre, sodass wir sofort unsere übergeordneten Vorstellungen bekannt geben hätten können. Das ist aber nur äußerst selten erfolgt. Öfters ist es vorgekommen, dass wir die Bekanntgabe des Planungsgebietes erst nach der Übermittlung der Gründruckunterlagen bekommen haben.
Von den hier zu verhandelnden Fällen war ich nur mit dem Atzgersdorfer Friedhof befasst, zu den anderen Vorfällen kann ich nicht Stellung nehmen.
Ich habe darüber eine Chronologie verfasst, die Bestandteil des Kontrollamtsberichtes ist. Ich fasse zusammen: Ca. im Sommer 1997 habe ich erfahren, dass im Bereich Atzgersdorfer Friedhof eine bisher als ländliches Gebiet gewidmete Grundfläche von ca. acht Hektar zu Bauland umgewidmet werden soll.
Darauf hat die MA 18 (mit meiner Unterschrift) in einer Stellungnahme dagegen „protestiert“. Trotzdem ist dieser Plan in das offizielle Verfahren gegangen und dem Fachbeirat vorgelegt worden. Ich habe es dort im Fachbeirat vorgefunden, ohne die von uns monierten Änderungen. Ich war aber nicht überrascht, denn das war durchaus üblich.
Es ist zwar so, dass die MA 21 sicher nicht alle 30 bis 40 eingehenden Stellungnahmen berücksichtigen kann. Es kommt aber darauf an, ob diese Nichtberücksichtigung berechtigt ist oder nicht. Im Fall des Atzgersdorfer Friedhofes wurde ausgeführt, dass die Ausweisung von Bauland in Übereinstimmung mit dem Stadtentwicklungsplan 1994 erfolgt sei, was unrichtig war. Ich präzisiere: Er war nicht ganz unrichtig, weil im Stadtentwicklungsplan ein kleiner Teil dieser Fläche entlang der Reklewskigasse tatsächlich als Bauland ausgewiesen war.
Eine solche Vorgangsweise hat mich deshalb nicht überrascht, weil dies bei allen drei MA 21 vorgekommen ist. Es ist in verschiedener Form erfolgt, dass ein Einwand nicht ausreichend oder nicht überzeugend widerlegt wurde. Das scheint mir aber nicht unkorrekt zu sein, denn die Beurteilung obliegt letztlich der MA 21. Es ist aber auch vorgekommen, dass Einwände mit Stillschweigen übergangen wurden, das würde ich nicht als korrekt bezeichnen. Bis zu dem ersten Plandokument Atzgersdorfer Friedhof ist mir die MA 21 B nicht speziell aufgefallen.
Im Fachbeirat gab es dann eine heftige Diskussion darüber, die letztlich mit einem Kompromiss endete: Bauland, ein Streifen von 50 m Tiefe entlang der Reklewskigasse, das Übrige weiterhin wie bisher ländliches Gebiet. DI Vokaun hat diesem Kompromiss durchaus zugestimmt.
Ca. zehn Monate später gab es einen Termin bei dem Planungsdirektor Prof. Klotz, an dem für die MA 18 die Leiterin Frau DI Jilka und nicht ich teilnahm. Ich habe dann erfahren, dass es dort einen neuen Kompromiss gegeben haben soll, wonach der größere Teil des Areals als Bauland und nur ca. ein Drittel bis ein Viertel als Grünland gewidmet sein sollte.
Gleich darauf erfolgte eine neuerliche öffentliche Auflage (ich glaube, es hat bereits vorher eine gegeben) unter einer neuen Plandokumentsnummer, ein völlig neuer Plan, ohne irgendein magistratsinternes Vorverfahren (Gründruckverfahren) und ohne Fachbeirat, was ich persönlich als schweren Verfahrensmangel ansehen würde.
Am 20. August1998 fand bei Stadtrat Görg eine Leiterbesprechung statt, bei der ich die MA 18 vertreten habe. Ich habe dort gegen dieses neue Plandokument protestiert, habe aber nicht nur auf den Stadtentwicklungsplan und den 1000-Hektar-Plan verwiesen, sondern insbesondere auf die stadtplanerischen Gründe, die gegen eine solche Widmung sprechen. Das Areal liegt nämlich genau zwischen einer U-Bahn- und einer S-Bahn-Achse. Es war daher schwer zu erschließen, es fehlten die sozialen und anderen Infrastrukturelemente. DI Vokaun hat dagegen eingewendet, es bestünde auf Grund einer Widmung vor der Eingemeindung von Atzgersdorf die Verpflichtung, hier Bauland auszuweisen, im anderen Fall wäre die Stadt Wien verpflichtet, die Grundstücke einzulösen.
Über diese Leiterbesprechung gibt es ein Protokoll, das auch in den Akten des Kontrollamtes zum Atzgersdorfer Friedhof enthalten ist. Dort wurde im Wesentlichen festgehalten, dass das Problem in einer Besprechung bei Stadtrat Görg geklärt werden sollte, bei dem die Einwände der MA 18 als sehr erheblich zu berücksichtigen seien.
(Das Protokoll dieser Leiterbesprechung wird der Kommission in Ablichtung zur Verfügung gestellt.)
Am 20. Oktober 1998 fand diese Sonderbesprechung bei Stadtrat Görg statt. Er erklärte dort, dass er die Argumente der MA 18 verstehe und fragte, wer nun eigentlich für die Baulandwidmung sei. Niemand hat sich dazu ausdrücklich bekannt. DI Vokaun brachte aber wieder seine alten Argumente der Verpflichtung, dort Bauland auszuweisen, vor, wogegen ich protestiert habe.
Ich habe das deshalb getan, weil allgemein bekannt ist, dass eine Einlösungsverpflichtung der Stadt Wien nur besteht, wenn ein „geschaffener Bauplatz“ vorliegt. Das war aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Es wurde dann vorgeschlagen, ein Rechtsgutachten einzuholen. Ich schlug vor, die Magistratsdirektion – Verfassungsdienst und Rechtsmittelangelegenheiten zu befassen, Vokaun schlug die MA 64 vor. Schließlich wurde beschlossen, die MA 64 zu befassen, weil man „die zuständige Abteilung doch nicht übergehen könne“.
Der Planungsdirektor hatte bei dieser Besprechung seinen gesamten Mitarbeiterstab mit. Alle haben mitgeschrieben, ein Protokoll dieser Sitzung gibt es aber nicht oder ist zumindest mir nicht bekannt geworden.
Ca. Ende 1998 habe ich in einem persönlichen Gespräch mit Planungsdirektor Klotz diesen vor dem Vorgehen des DI Vokaun im Zusammenhang mit diesen Plänen gewarnt, da die Umstände schon äußerst verdächtig waren, z.B. sein vehementes Eintreten für eine Umwidmung in Bauland, wofür dieses Gebiet ganz offensichtlich nicht geeignet war, sein Eintreten für das Gutachten der MA 64, das ich für falsch hielt.
Der Planungsdirektor hat darauf zu meinem Erstaunen sehr neutral reagiert, bis zu diesem Zeitpunkt dachte ich nämlich, dass es sich um einen Alleingang von DI Vokaun gehandelt hat. Dr. Klotz hat meine Äußerungen angehört, aber in keiner Weise erkennen lassen, ob er diese Argumente oder die von DI Vokaun für richtig halte.
Das Ergebnis war etwa: „Er werde sich die Sache anschauen.“
Am 13. Jänner 1999 lange das Gutachten der MA 64 ein, das sich für eine Widmung als Bauland aussprach (es kam öfters vor, dass die MA 64 sich raumordnerischer Argumente bediente), es war darin aber kein Wort von einer Einlösungsverpflichtung der Stadt Wien enthalten.
Ich selbst habe diesen Gutachten damals nicht zu Gesicht bekommen, glaublich über Eintreten der Wiener Umweltanwaltschaft wurde die MD-VfR eingeschaltet, die das Rechtsgutachten der MA 64 „zerlegt“ hat. Ich zitiere nur einen Satz: „Die Verpflichtung zu Bauland ist frei erfunden“.
Zwei Tage später hat der Leiter der MD-VfR, Dr. Ponzer, der MA 64 den Auftrag erteilt, sämtliche Rechtsgutachten im Zusammenhang mit Flächenwidmungsplanung ihm zur Einsicht vorzulegen.
Am 7. Oktober 1999 gab es eine Einsichtbemerkung und Videndenverweigerung des Rechtsmittelsbüro zu diesem Plandokument, wegen „Missbrauch und Willkür“.
Ca. zwei Monate später begann plötzlich wieder ein neues Gründruckverfahren, das sich höchstens in unwesentlichen Details vom vorhergehenden Rotdruckverfahren unterschied. Die MA 18 hat sich wieder mit den gleichen Argumenten gegen diesen Gründruck ausgesprochen. Gleichzeitig gab es eine ablehnende Stellungnahme des Rechtsmittelbüros. Trotzdem ist am 23. Juni 2000 das Rotdruckverfahren gestartet worden, mit Plänen, die sich vom Gründruck nicht unterschieden haben.
Üblicherweise wird der Fachbeirat ca. 14 Tage vor seiner Sitzung durch eine Tagesordnung auf seine Aufgaben vorbereitet. In diesem Fall „häuften sich die Seltsamkeiten“. Der Rotdruck war nicht auf der Tagesordnung, sondern wurde an einem Fenstertag, am Freitag, als Nachtrag eingebracht, wobei die Fachbeiratssitzung am Montag, dem 26. Juni 2000 stattfand.
Der Fachbeirat ist ein unabhängiges Gremium von 12 bis 13 Fachleuten, die von verschiedenen Institutionen entsandt werden. Mitarbeiter des Magistrats sind nicht Mitglieder, sondern höchstens Auskunftspersonen. (Die Leiter der drei MA 21 haben dort z.B. Planungsdokumente vorgestellt.) Im ersten Teil der Tagesordnung werden Projekte der MA 19 begutachtet, was in der Regel trotz relativer Kleinheit ca. drei Stunden in Anspruch nimmt. Erst im zweiten Teil der Tagesordnung, wo die Teilnehmer zum Teil etwas müde oder auch gar nicht mehr anwesend sind, erfolgt dann die Beurteilung der Plandokumente, oft bis zu 10 bis 15 an der Zahl, bei denen oft erhebliche Vermögensverschiebungen zu beurteilen waren. Meiner Ansicht nach nahm die Prüfung der kleineren Projekte der MA 19 zu viel und die Beurteilung der Plandokumente zu wenig Zeit in Anspruch.
Nun zur Sitzung des Fachbeirates am 26. Juni 2000:
An diesem Tag nahm auch der Planungsdirektor an der Sitzung teil. In den zehn Jahren, in denen ich an diesen Sitzungen teilnahm, war der Planungsdirektor nicht ein einziges Mal bei der Beurteilung von Planungsdokumenten anwesend.
Zu diesem Plandokument, das als Nachtragsdokument als letztes erst gegen 19 Uhr dran kam, hat sich zu meiner großen Überraschung der Planungsdirektor vehement befürwortend geäußert und nicht wie seinerzeit neutral.
Ich selbst hatte von meiner Abteilungsleiterin, Frau DI Jilka, den Auftrag bekommen, im Fachbeirat nichts zu sagen. Gegen 19.30 Uhr wurde das Plandokument schließlich vom Fachbeirat, der bereits auf ein Drittel geschrumpft war, mit zwei Gegenstimmen zur Kenntnis genommen.
Ich habe von Frau DI Jilka eine schriftliche Weisung für diese Fachbeiratssitzung bekommen, in der mir aufgetragen wurde, mich nicht zu äußern. Ich lege diese Weisung vor, die den Kommissionsmitgliedern in Ablichtung zur Verfügung gestellt wird.
Das Plandokument ging dann (vermutlich) ohne wesentliche Änderungen in die öffentliche Auflegung. Ich habe dann bei irgendeiner Besprechung Stadtrat Görg gegenüber dagegen protestiert. Er hat daraufhin ziemlich ärgerlich reagiert, offensichtlich, weil ich nicht aufgehört habe, zu protestieren und hat erklärt, er habe seine Unterschrift ja schon gegeben.
Mit GR Kenesei habe ich weder bis zu diesem Zeitpunkt noch auch später Kontakt aufgenommen. Ich habe bis heute in dieser Angelegenheit keinen Kontakt zu GR Kenesei. Ich kann mich in diesem Zusammenhang zu keinem einzigen Gemeinderat erinnern, Kontakt gehabt zu haben.
Über Befragung durch den stellvertretenden Vorsitzenden, ob Bauträger oder andere ähnliche Organisationen versucht hätten, Auskünfte über Planungsvorhaben zu erhalten:
Mir ist so etwas nicht bekannt geworden, ich nehme aber auch nicht an, dass es das gegeben hat, weil uns die Bauträger „gar nicht ernst genommen haben“.
Ich kann mich aber jetzt erinnern, dass es vor allem beim U-Bahn-Bau oder bei größeren Verkehrsprojekten solche Kontakte oder Interventionen von Bauträgern gegeben hat, aber nicht bei Ausweisung von Bauland oder Ähnlichem.
Über Befragung durch GR Kenesei:
Es hat gelegentlich schriftliche Weisungen der Abteilungsleiterin gegeben, vor allem, weil der Planungsdirektor in den Vorbesprechungen (den wöchentlichen Postbesprechungen) erreichen wollte, dass „seine Abteilungen“ nach außen eine einheitliche Meinung vertreten sollten und insbesondere die MA 18 keine Stellungnahme mehr abgeben solle, wenn in der „Postbesprechung“ bereits eine Entscheidung für oder gegen ein Projekt gefallen ist. Da hat es dann schriftliche Weisungen der Abteilungsleiterin in diesem Sinn gegeben.
Der Planungsdirektor hat auch eine Weisung erteilt, dass in der öffentlichen Auflegung „seine Abteilungen“ keine Stellungnahme ohne seine Vidende abgeben sollen, was dann auch wirklich nie erfolgt ist. An eine schriftliche Weisung für eine Fachbeiratssitzung kann ich mich aber in einem anderen Fall nicht erinnern.
Mir ist nicht bekannt, dass DI Vokaun dieses Verfahren an seinen Stellvertreter DI Sengelin abgetreten haben sollte, auf diese Idee wäre ich nie gekommen.
Mir war bis zur Veröffentlichung in den Medien nicht bekannt, dass DI Vokaun Konsulententätigkeit für irgendjemanden ausgeübt hätte. Mir ist auch nichts über persönliche Unregelmäßigkeiten bekannt.
Ich ergänze: Es hat eine weitere schriftliche Weisung der Abteilungsleiterin mit einem ähnlichen Inhalt zu einem Plandokument im 22. Bezirk (PD 7289) gegeben.
Über Befragung durch GR Dr. Serles:
Auch bei dem Plandokument 7289 lag eine ähnliche Situation vor: Ein Gebiet, das als Grünland ausgewiesen worden war, und nun auf ausdrückliche Weisung von
Stadtrat Görg als Bauland ausgewiesen werden sollte. Auch hier hatte die MA 18 im Gründruckverfahren eine ablehnende Stellungnahme erteilt.
Auch bei der Umwidmung zum Plandokument 7289 hätte es natürlich „Umwidmungsgewinner“ gegeben, die Grundeigentümer, die Käufer etc.
Ich habe seinerzeit den Planungsdirektor vor DI Vokaun nur im Zusammenhang mit dem Projekt Atzgersdorf gewarnt, weil ich damals auf Grund der Umstände den Eindruck hatte, dass er hier massive persönliche Interessen habe.
Über Befragung durch GR Dr. Ulm:
Es gibt keine Vorschriften über die Beschlussfähigkeit des Fachbeirates. Er kann ja keine Beschlüsse fassen, sondern nur Empfehlungen abgeben.
Über jede Fachbeiratssitzung wird ein Protokoll abgefasst, und zwar von der
MA 21 B als Geschäftsstelle des Fachbeirates.
Ich würde schätzen, dass der Stadtrat in ca. 90% der Fälle den Empfehlungen des Fachbeirates folgt.
Wann das Gespräch mit Stadtrat Görg stattgefunden hat, habe ich mir nicht notiert, ich glaube, doch bald nach der Fachbeiratssitzung, etwa zur Zeit der öffentlichen Auflegung.
Ich kann nicht sagen, welche Unterschrift Stadtrat Görg gemeint hat, die er bereits geleistet habe, ich vermute aber, dass es die war, die zur Einleitung des offiziellen Verfahrens notwendig war.
Später, anlässlich eines Empfangs bei der ungarischen Botschaft, habe ich Stadtrat Görg noch einmal gefragt, warum er diese Entscheidung getroffen habe. Er hat mir geantwortet: „Ich konnte nicht anders, ich bin der Empfehlung meines Planungsdirektors gefolgt.“
Über Befragung durch GR Dr. Maurer:
Bis zum Gespräch mit dem Planungsdirektor nahm ich, wie gesagt, einen Alleingang von DI Vokaun an. Ab diesem Zeitpunkt erschien es mir, dass Interessen von allen Seiten bestünden. Der Planungsdirektor, der Stadtrat, „höher geht’s wohl nicht mehr“.
Dem Stadtrat musste es klar sein, dass er hier einen „Problemakt“ unterzeichnet.
Über Befragung durch GR Deutsch, welche konkreten Hinweise er darauf hatte, dass DI Vokaun in diesem Zusammenhang eine unkorrekte Vorgangsweise eingehalten habe:
Bei so vielen Anläufen, bei diversen Manipulationen und Unrichtigkeiten, wie der Äußerung, dass das Plandokument dem Stadtentwicklungsplan entspreche, was eindeutig unrichtig war, und bei der Unzahl von Änderungen, die notwendig waren, bis dieses Plandokument beschlossen werden konnte, hatte ich meiner Ansicht nach genug konkrete Hinweise in diese Richtung.
Ich habe aber keine Hinweise auf Mängel, die über die im Kontrollamtsbericht aufgezeigten hinaus gingen.
Über Befragung durch GR Dr. Madejski:
Ich hab zwischen dem 25. September 1997 und jetzt keinen Kontakt zum Bezirksvorsteher Wurm aufgenommen, habe ihn auch nicht gewarnt und habe das auch nicht als meine Aufgabe angesehen.
Über die Aufgabenstellung bezüglich des Gutachtens an die MA 64 bin ich nicht informiert.
Über Befragung durch GR Pfeiffer:
Ich war in der Sitzung vom 20. Oktober nicht damit einverstanden, dass ein Gutachten der MA 64 eingeholt wird, wenn aber der Stadtrat und der Planungsdirektor so entscheiden, was hätte ich dagegen machen sollen.
Das Plandokument wurde noch nicht beschlossen, es wurde also „die Notbremse rechtzeitig gezogen“.
Mein Vorgehen in dieser Angelegenheit hat keinen Einfluss auf meine Pensionierung oder meine Dienstlaufbahn gehabt.
GR Pfeiffer stellt den Antrag, den Auftrag zur Gutachtenserteilung und das Gutachten der MA 64, sowie das Gutachten von Prof. Geuder und die Auftragserteilung an sie der Untersuchungskommission bis zum 5. September zur Verfügung zu stellen,
ebenso das Protokoll der Fachbeiratssitzung vom 26. Juni 2000. Diese Beweisanträge werden einstimmig beschlossen.
Sitzungspause von 16.25 Uhr bis 16.40 Uhr
Zeugeneinvernahme Dr. Maximilian Weikhart
Die BAI ist eine der Töchter der Konzernholding, die ich vorher erwähnt habe, diese ist eine Privatstiftung, der Genussrechtsinhaber ist die Bank Austria.
Ich kenne Herrn DI Vokaun seit ca. 1973/74. Bei welchem Anlass ich ihn kennen gelernt habe, könnte ich nicht mehr sagen. Er war aber Sachbearbeiter der MA 21 für das Gebiet südliches Wien, das das Haupttätigkeitsfeld der „Wien-Süd“ war.
Meiner Erinnerung nach hat DI Vokaun seine Konsulententätigkeit für die „Wien-Süd“ 1981 aufgenommen.
Seine Aufgabe war Strukturplanentwicklung, Verbauungsstudien und damit zusammenhängende Beurteilungen für den Raum Niederösterreich, wobei das Schwergewicht der „Wien-Süd“ das südliche und südöstliche Niederösterreich ist.
Die Abrechnung erfolgte pro Projekt auf Stundenbasis, die vom zuständigen Mitarbeiter vorgenommen wurde. Ich hatte das dann jeweils abgezeichnet.
Die letzten Verbauungsstudien, die er verfasst hat, waren, glaub’ ich, 1999.
Er hat uns mitgeteilt, dass er keine solchen Studien mehr vornehmen wolle, einen besonderen Grund dafür hat er nicht angegeben. Wir haben dann solche Studien an Architekten vergeben.
Ich habe nicht befürchtet, dass diese Tätigkeit des DI Vokaun eine schiefe Optik erzeugen könnte, weil seine Tätigkeit für uns nicht seine Berufstätigkeit betraf und er dazu die ausdrückliche Genehmigung hatte.
Ich habe auch nicht befürchtet, dass dies auf Außenstehende einen unangenehmen Eindruck hervorrufen könnte.
Mitte 1997 habe ich von DI Mischek in einem Gespräch erfahren, dass er im Gebiet des Atzgersdorfer Friedhofs Grundstücke für eine Verbauung „bearbeitet“ habe. Er bot uns an, als Partner an diesem Projekt teilzunehmen. Es ist durchaus üblich, dass gewerbliche und gemeinnützige Bauträger gemeinsam ein größeres Bebauungsprojekt bearbeiten.
Wir haben dann eine Kooperationsvereinbarung über dieses Projekt abgeschlossen, die die gemeinsame Vorgangsweise geregelt hat.
In der Präambel zu dieser Kooperationsvereinbarung ist bereits festgehalten worden, dass Mischek das Umwidmungsverfahren eingeleitet hat, wir haben ein Drittel der Liegenschaften der Firma Mischek gekauft. Bezüglich der Liegenschaften, an denen Mischek eine Option hatte, war festgehalten, dass wir unsere Option nicht in Anspruch nehmen, wenn es nicht zu einer Umwidmung kommt. (In der Präambel war vorgesehen, dass diese in einem Jahr erfolgen werde.) Ob wir eine Ausstiegsklausel bezüglich dem von uns erworbenen Drittel in dem Vertrag hatten, könnte ich jetzt nicht sagen.
Die „Wien-Süd“ ist offiziell im Widmungsverfahren nicht eingeschritten. Sie war aber indirekt insofern involviert, als sie nach dem einstimmigen Beschluss in der Bezirksvertretung aufgefordert wurde, an einem „beschränkten Architektenwettbewerb“ teilzunehmen. Gemeinsam mit Mischek haben wir vier Architekten für das Gutachterverfahren nominiert. Wir haben zwei Architekten nominiert (Heide und Czernin).
Es wurden dann zwei Architekten (Czernin und Hoffmann) in die engere Wahl gezogen, die dann einen gemeinsamen Bebauungsvorschlag erstellt haben. Das müsste in der ersten Hälfte 1998 gewesen sein.
Das Ergebnis des Architektenwettbewerbs wurde in die Verfahrensergebnisse eingearbeitet, worauf es einen zweiten, einstimmigen Beschluss der Bezirksvertretung gegeben hat, der sich für dieses Ergebnis eingesetzt hat.
In der Folge haben wir, da die Optionen abzulaufen drohten, gemeinsam mit Mischek je zur Hälfte die restlichen Liegenschaften erworben.
In der Folge haben wir von der MA 21 B erfahren, dass es infrastrukturelle Bedenken gebe und wir die Wohnungsanzahl reduzieren sollten. Wir haben darauf unsere Pläne überarbeitet und die ursprünglich vorgesehenen 400 Reihenhäuser auf ca. 330 reduziert. Als dann aber eine weitere Aufforderung kam, diese Anzahl auf 200 zu reduzieren, konnten wir nicht mehr zustimmen, da dies eine wirtschaftliche Vorgangsweise nicht mehr ermöglicht hätte. Unser letzter Planungsstand ca. Mitte 2000 sah 260 bis 270 Wohneinheiten vor.
Ich warte aber bis heute auf eine positive Erledigung des Widmungsantrags, der nach wie vor offen ist.
Von der Pressekonferenz des GR Kenesei am 30. August 2000 wurde ich am nächsten oder am nachfolgenden Tag durch die Zeitungen und durch Mitarbeiter, die mich im Urlaub angerufen haben, informiert. Auch Direktor Wöhrer hat mich darüber informiert und darüber, dass er einem Journalisten ein Interview gegeben habe.
Ich habe die Mitarbeiter angewiesen, einen Anwalt zu betrauen (meines Wissens Herrn Dr. Lattenmayer), der diesen unwahren Anschuldigungen entgegentreten sollte.
Es gab dann einen persönlichen Kontakt unseres Anwalts mit dem des GR Kenesei sowie einen Schriftverkehr, der damit geendet hat, dass GR Kenesei seine Anschuldigungen zurückgenommen hat.
Ich kann, wenn gewünscht wird, diesen Schriftverkehr der Untersuchungskommission zur Verfügung stellen. (Es werden dagegen keine Einwände erhoben.)
Herr DI Vokaun hat mich angerufen, da wir beide über die dort in den Zeitungen aufgestellten Behauptungen empört waren. Eine gemeinsame Vorgangsweise in diesem Zusammenhang haben wir aber nicht abgesprochen.
Ich habe im Anschluss daran über diese Sache mit Stadtrat Görg und Dr. Klotz gesprochen. Ich habe aber nicht „interveniert“. Ich habe beiden gegenüber die ungeheuerliche und unrichtige Behauptung zurückgewiesen, dass wir DI Vokaun für das Widmungsverfahren ATS 800.000 bezahlt hätten.
Stadtrat Görg hat geantwortet, dass GR Kenesei, wenn er so etwas behaupte, diese Behauptung auch beweisen müsse, das werde abzuwarten sein. Dr. Klotz hat sich ähnlich geäußert.
Über Befragung durch den stellvertretenden Vorsitzenden:
Ich bin seit 1. Jänner 1972 Mitarbeiter zunächst der Zentralsparkasse, dann der Bank Austria und dort seit 1. April 2001 pensioniert. Seit diesem Zeitpunkt bin ich Geschäftsführer der Immobilien-Holding GmbH.
Für die Projektentwicklung Atzgersdorfer Friedhof war ich verantwortlich. Die Kaufverträge wurden, nach den entsprechenden Beschlüsse der Gremien, vom Prokuristen und späteren Vorstandsmitglied Wöhrer, sowie von einem weiteren Prokuristen unterzeichnet.
Seit 1965 bin ich Funktionär der „Wien-Süd“ und seit 1971 (bis heute) Obmann dieser Genossenschaft.
Meine Tätigkeit in der „Wien-Süd“ und in der BAI waren parallel, hatten nichts miteinander zu tun. Ich hatte von der Zentralsparkasse bzw. der Bank Austria die Genehmigung zu dieser Tätigkeit in der „Wien-Süd“.
Wir (Mischek und die „Wien-Süd“) haben uns laufend über den Stand des Widmungsverfahrens bei DI Vokaun erkundigt. Ob er von sich aus berichtet hat, könnte ich nicht sagen. Bei Besprechungen in der MA 21 B hat meistens auch der Sachbearbeiter teilgenommen, dessen Name mir aber nicht geläufig ist.
Über Befragung durch GR Dr. Serles:
Ich habe auf Grund der Genehmigung, die DI Vokaun hatte, keine Unvereinbarkeit mit seiner Tätigkeit als Beamter gesehen. Ob es normal ist, dass Beamte der Bau- oder Flächenwidmungsabteilungen als Konsulenten für Bauträger und andere tätig sind, kann ich nicht beurteilen.
Den Vorschlag, DI Vokaun zur Konsulententätigkeit für die „Wien-Süd“ heranzuziehen, hat das damalige Vorstandsmitglied, Bezirksvorsteher a.D. Lackner (der im Vorjahr verstorben ist), gemacht.
Meiner Erinnerung nach betrug das Honorar des Herrn DI Vokaun im Jahr zwischen ATS 25.000 und ATS 80.000, genau kann ich das nicht sagen.
Als Obmann habe ich auch „solche Pimperlbeträge“ freizugeben gehabt. Ich habe das auch im Fall DI Vokaun gemacht.
Über Befragung durch GR Kenesei:
Herr Wöhrer hätte in meiner Abwesenheit als Stellvertreter auch die Freigabe zu unterzeichnen gehabt. Ob er es auch einmal konkret getan hat, weiß ich nicht.
Die Beschlüsse zum Ankauf dieser Liegenschaften sind im Vorstand einstimmig erfolgt, auch mit der Stimme des Herrn Wöhrer. Ich wüsste nicht, dass er dagegen Einwände gehabt hätte. Er hat die Kaufverträge ja dann auch unterschrieben.
Ich habe auch nach der Berufung von DI Vokaun in leitende Stellung keine schiefe Optik gesehen, weil seine Tätigkeit ja außerhalb seiner Berufstätigkeit erfolgte und er die Genehmigung dazu hatte.
Es ist mir nicht bekannt, dass DI Vokaun die Bearbeitung dieser Angelegenheit abgetreten hätte und eine andere Person dafür zuständig geworden wäre.
DI Vokaun hat nur Grobstudien erstellt, für die auf der Honorarnote an Nebenkosten nur Plankopien und Ähnliches angeführt waren. Diese Leistungen hat er meines Wissens allein und selbst gemacht.
Die Aufträge an DI Vokaun waren in der Anzahl sehr verschieden. Es können im Jahr zwei bis drei, aber auch einmal zehn gewesen sein. Die Bezahlung erfolgte nach der GOA. Dort ist der Stundensatz meines Wissens zuletzt bei ca. ATS 700 gelegen.
Über Befragung durch GR Pfeiffer:
Ich habe Herrn Baumeister Wöhrer gefragt, was er mit „politischen Signalen“ im Interview sagen wollte, er hat mir gesagt, er habe damit den einstimmigen Beschluss der Bezirksvertretung gemeint.
Über Befragung durch GR Dr. Madejski:
Es gibt Protokolle über die Vorstandsitzungen, bei denen die Ankäufe beschlossen wurden. Ich kann die Protokolle aber ohne einen entsprechenden Vorstandsbeschluss der Untersuchungskommission nicht zur Verfügung stellen. Ich kann auch nicht sagen, wer damals Mitglied des Aufsichtsrates war.
Über Befragung, warum die „Wien-Süd“, nachdem die Infrastrukturkommission sich auf max. 250 Wohneinheiten festgelegt hatte, noch weitere Grundankäufe (einmal ca. 13.000 m² und einmal ca. 20.000 m²) getätigt habe:
Ich habe die Grundankäufe für richtig und vertretbar gehalten. Wir stehen ja derzeit bei einem Vorschlag von 258 Einheiten, über den noch nicht entschieden wurde.
Meiner Erinnerung nach hat sowohl der erste als auch der zweite Beschluss der Bezirksvertretung 400 Wohneinheiten umfasst.
Es entspricht meiner über 30-jährigen Erfahrung, dass bei einem einstimmigen Beschluss der Bezirksvertretung das Widmungsverfahren in diesem Sinne auch durchgeführt wird.
Über Befragung durch GR Deutsch:
Ein allfälliger Widmungsgewinn bei der Umwidmung kommt in Rahmen der gemeinnützigen Bauträger ausschließlich den späteren Nutzern zugute, wem er bei den gewerblichen Bauträgern zugute kommt, habe ich nicht kalkuliert.
Der Buchwert dieser Liegenschaften beträgt zurzeit ca. EUR 8 Mio. Ich kann nicht sagen, ob dies wirklich ein Schadensfall wird, das Widmungsverfahren ist noch nicht entschieden. Sollte es negativ ausgehen, werden die zuständigen Gremien das zu beurteilen haben.
Über Befragung durch GR Dr. Serles:
Ich kann nicht sagen, ob die Umwidmung Erfolg haben wird oder nicht. Ich kann nur wiederholen, die Entscheidung ist noch nicht gefallen.
Wir haben keine Abwertungen bezüglich dieser Grundstücke vorgenommen. Wir haben diese Problematik aber mit dem Revisionsverband besprochen. Diese Causa wurde bereits zweimal vom Revisionsverband geprüft. Es gab keine Beanstandungen.
Über Befragung durch GR Kenesei:
Ich kann mich zwar nicht konkret daran erinnern, bin aber sicher, dass ich mit dem Stadtrat und dem leitenden Beamten auch über die Reklewskigasse, dieses Vorhaben, gesprochen habe. Ich habe keine ablehnende Stellungnahme dort wahrgenommen.
Ich gehe davon aus, dass DI Vokaun von dem Kooperationsvertrag mit der „Wiener Heim“ wusste.
Was die „Wiener Heim“ vor unserem Kooperationsvertrag bezüglich Verbauung besprochen hat, weiß ich nicht, bei unserem Kooperationsgespräch erinnere ich mich, dass etwa ein Drittel der Liegenschaft in Bauklasse I zur Verbauung im Gespräch war.
Ich kann mich an ein Gespräch nach dem ersten Beschluss der Bezirksvertretung erinnern, an dem Bezirksvorsteher Wurm, DI Vokaun, ein Vertreter von Mischek und ich mit einem Mitarbeiter teilgenommen haben. Damals wurde diese Eindrittelverbauung (40.000 m² Wohnnutzfläche, 400 Wohneinheiten) den Architekten als Vorgabe gegeben.
Ich bin mit Herrn Stadtrat Görg nicht gemeinsam von der MIPIM nach Hause geflogen, habe daher auch nicht mit ihm über dieses Projekt gesprochen.
Über Befragung durch GR Dr. Serles:
Ich kann nur wiederholen, für mich besteht derzeit kein Schaden. Wir haben eine durchaus übliche Vorgangsweise gewählt. Das Umwidmungsverfahren ist noch nicht beendet. Die handelsrechtlichen Konsequenzen sind mir bekannt.
Über Befragung durch GR Kenesei:
Ich kann mich nicht daran erinnern, mit Stadtrat Faymann über dieses Projekt gesprochen zu haben. Es wäre zu diesem Zeitpunkt auch nicht aktuell gewesen.
Ich wiederhole, DI Vokaun hat keine Gründe dafür angegeben, dass er die Konsulententätigkeit nicht mehr weiter ausüben will.
Ich habe Herrn DI Vokaun zufällig vor drei bis vier Wochen in der Stadt getroffen. Es war nicht vereinbart.
Für die nächste vorgesehene Sitzung am 11. September 2002 wird die Vernehmung der Zeugen DI Jilka und Dr. Klotz vorgesehen.
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