Protokoll über die 15. Sitzung der
Untersuchungskommission des Wiener Gemeinderats
zur Praxis der Wiener Flächenwidmungen
am 11. Dezember 2002
Vorsitzender: Senatspräsident Dr. Dietrich Derbolav
Schriftführung: Mag. Eva Papouschek, Daniela Szakall
Ort: 1082 Wien, Rathaus, Arkadenhof, EG, Top 24
Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung und stellt die Anwesenden sowie die Beschlussfähigkeit der Kommission fest.
Herr GR Pfeiffer verweist auf die Aussage des Zeugen SR DI Kaineder (14. Sitzung, Diktatprotokoll, Seite 9), wonach im Motivenbericht für den Maurer Hauptplatz keine Gründe angegeben seien. Tatsächlich ist aber gemäß der Kopie des Entwurfs- und Diskussionsberichts vom 20.11.1997 auf Seite 6 als „Ziele und Gebietsentwicklung“ gleich unter Punkt 1 „Erhaltung des hochwertigen Wohngebietes unter Berücksichtung maßvoller Entwicklungsmöglichkeiten“ angeführt. Dies widerspreche ausdrücklich der Aussage des Zeugen.
Er stellt diesen Entwurfs- und Diskussionsbericht der Kommission zur Vervielfältigung zur Verfügung.
Zeugeneinvernahme von Herrn OSR Dipl.-Ing. Walter Vokaun:
(in Begleitung der Vertrauensperson Rechtsanwalt Dr. Michael Mattes)
Über Befragung durch GR Kenesei:
Ich kann nicht mehr sagen, wann ich vor der so genannten „Rückholaktion“ auf Urlaub war.
Auf die Frage, ob ihm nicht aufgefallen sei, dass der Plan nach Vorzeigen durch DI Stich keine neue Nummer trug und die Kotierung von 16 m nicht eingetragen war:
Es ist mir aufgefallen, dass die Kotierung von 16 m nicht eingetragen war. Da aber der Plan maßstabgetreu gezeichnet war, daher die 16 m leicht herauszurechnen waren, kann ich nicht mehr sagen, aus welchem Grund ich damals nicht auf eine Kotierung bestanden habe. Dass der Plan zu diesem Zeitpunkt keine neue Nummer trug, ist mir aber nicht aufgefallen, das war nicht meine Aufgabe, zumal das Originalplandokument, das beschlossen und gedruckt wird, keine Nummer aufweist.
Auf die Frage, wie hätten die Ausschuss- bzw. Gemeinderatsmitglieder die letzte Änderung, wie die Vergrößerung der Trakttiefen von 15 m auf 16 m, erkennen können:
Es wurde ihnen der Plan und die Unterlagen in der letzten Fassung zur Verfügung gestellt. Der Plan war richtig und Kotierungen fehlen auch sonst gelegentlich.
Über Befragung, ob außer der Gedächtnisnotiz vom 2.3.2000 noch weitere Unterlagen irgendwo vorhanden seien, die für den Fall Aßmayergasse oder auch für andere von Bedeutung seien könnten:
Meines Wissens gibt es keine weiteren Unterlagen, schon gar nicht bei mir zu Hause. Die Gedächtnisnotiz vom 2.3.2000, die ja ganz offiziell in der MA 21 B eingelaufen ist, muss auch dort bei den Akten gelegen seien. Ich habe nur für mich, nachdem das Kontrollamt zu prüfen begonnen hat, eine Ablichtung anfertigen lassen, die ich dann der Untersuchungskommission zur Verfügung gestellt habe.
Über Vorhalt der Gedächtnisnotiz vom 2.3.2000 und der dort aufscheinenden Daten, die miteinander nicht in Einklang zu bringen wären:
Es hat am 24.2. eine Abteilungsleitersitzung und am 25.2.2001 eine Pressekonferenz von Stadtrat DDr. Görg gegeben, in der die Wohnzufriedenheitsstudie vorgestellt wurde. Auf der Gedächtnisnotiz vom 2.3.2000 habe ich handschriftlich die Ergebnisse dieser Bekanntgabe festgehalten. Ich bin dann auf Urlaub gegangen, das weiß ich noch sicher. Und danach habe ich Dr. Christian gefragt, ob die Berücksichtung der Wohnzufriedenheitsstudie noch aktuell sei, was er bejaht hat. Den genauen zeitlichen Ablauf kann ich aber nicht mehr rekonstruieren.
Auf die Frage, wie es möglich sei, dass auf einer Aktennotiz, die am 20.4.2000 bei der MA 21 B eingegangen ist, handschriftliche Notizen aufscheinen, die an sich den bereits am 6.4.2000 abgeschlossenen und weitergeleiteten Akt betreffen:
Ich kann das nur so erklären, dass ich eine mündliche Erklärung von Dr. Christian noch schriftlich nachurgiert habe und diese schriftliche Erklärung eben erst am 20.4.2000 eingelangt ist, worauf ich die Ergebnisse der früheren Gespräche vermerkt habe.
Auf Vorhalt, dass hier die Formulierung „zu Antrag Meidling-West - Aßmayergasse wird antragsmäßig berücksichtigt“ verwendet wurde, was nicht auf ein Festhalten vergangener Besprechungen hinweist:
Es stimmt grammatikalisch, richtig wäre gewesen „wurde“ zu setzen, gemeint war es auch so.
GR Pfeiffer weist darauf hin, dass der Bericht an den Gemeinderat sehr wohl von einer Vergrößerung der Trakttiefen gesprochen hat, wenn auch nicht mit Ziffern unterlegt. Das Fehlen der Kotierung sei sicher ein Schönheitsfehler. Er stellt die Frage, ob die Vergrößerung der Trakttiefen von 15 m auf 16 m auf eine Weisung zurückzuführen sei oder sein persönlicher Beschluss war:
Ich habe keine Weisung erhalten, allerdings wusste ich, dass es der Wunsch sowohl des Bezirks als auch von Dr. Christian war, weitestgehend eine positive Wohnverbauung zu ermöglichen. Aus diesem Grund habe ich der Vergrößerung von 15 m auf 16 m zugestimmt, weise aber daraufhin, dass selbst nach dieser Änderung die Kubatur geringer war, als sie bei einem Betriebsgebiet gewesen wäre.
Ich präzisiere, ich habe diese Vergrößerung beschlossen, nachdem es der politische Wunsch des Stadtrates war, den mir Dr. Christian nur weitergeleitet hat.
Über Befragung durch GR Kenesei auf die Frage, ob er Frau DI Stich gegenüber die „Rückholaktion“ und die nachfolgenden Änderungen mit der Wohnzufriedenheitsstudie begründet habe:
An das kann ich mich jetzt nicht mehr konkret erinnern. Frau DI Stich hatte sicher von der Pressekonferenz von der Wohnzufriedenheitsstudie Kenntnis, auch wusste sie sicher, dass der Bezirk großes Interesse an der Verbauung als Wohngebiet hatte.
Zum Fall Perfektastraße:
Über Befragung durch GR Dr. Stürzenbecher, ob der Zeuge nach wie vor der Ansicht sei, dass die seinerzeitige Ausweisung durch die MA 21 B gerechtfertigt war oder ob er den Schlussfolgerungen des Kontrollamts folgen könne, wonach die Flexibilität zu weit gegangen sei:
Ich meine, dass unsere Vorgangsweise zum damaligen Zeitpunkt richtig war. Es hat damals noch keine Vorschriften über die Kubatur gegeben. Die wurden erst in der Folge in die Bauordnung eingefügt. Es hat den politischen Willen gegeben, 10 000 Wohnungen zu errichten. Es wurde im konkreten Fall das prämierte Projekt verwirklicht, dabei wurde sogar die vorgesehene Quadratur unterschritten. Dass möglicherweise eine größere Kubatur möglich war, war damals noch nicht relevant. (Es wurde damals 2 100 m² Nutzfläche weniger gebaut, als nach Wettbewerbsergebnissen möglich gewesen wäre.)
Über Vorhalt der Aussage des Zeugen DI Kallinger-Prskawetz in der Sitzung am 16.10.2002, wörtliches Protokoll, Seite 34:
Es ist richtig, dass die Perfektastraße wesentlich verbreitert werden sollte und dadurch Kallinger jedenfalls einen Flächenverlust erlitten hat. Wie der zu bewerten ist, kann ich allerdings nicht sagen.
Über Vorhalt des Kontrollamtsberichtes stellt GR Dr. Stürzenbecher die Frage, ob hier ein Ermessen des Gemeinderates nicht in dieser Richtung hätte ausgeführt werden sollen, dass ein neues Auflageverfahren durchgeführt wird:
Zwei Argumente sprechen dagegen: Erstens der politische Wunsch, 10 000 Wohnungen zu errichten, dieser Vorgang fiel damals genau in diese Zeit. Und zweitens: Das Rechtsmittelbüro, das die Zulässigkeit der Änderungen ja rechtlich prüft, hatte im vorliegenden Fall keine Einwendungen.
Über Befragung durch GR Dr. Serles:
Der Wunsch, 10 000 Wohnungen zu bauen, hat mit der Perfektastraße nichts zu tun. Wohl aber haben wir die politische Weisung bekommen, über das ganze Gebiet und nicht nur über die Kallinger-Gründe ein Gutachterverfahren durchzuführen. Das ist auch so geschehen. Die Weisung ist, wie bei allen großen Projekten, von Stadtrat Dr. Swoboda erteilt worden.
Größere Wettbewerbe wurden nach der Wettbewerbsordnung der Architektenkammer durchgeführt. Bei kleineren Fällen (200 bis 1 000 Wohnungen) wurden vier bis acht Architekten eingeladen. Hier gab es keine besonderen Vorschriften. Das Verfahren wurde mehr oder minder angelehnt an die Wettbewerbsordnung der Architekten durchgeführt.
Wer im konkreten Fall die Anweisung erteilt hat, vier Architekten oder vier bestimmte Architekten zu beauftragen, könnte ich heute nicht mehr sagen, das wurde jedenfalls auch in der Gruppenleitung und auch mit dem Stadtrat diskutiert.
Ich kann mich erinnern, dass an der Jury Architekt Wimmer teilgenommen hat, der auch den Wettbewerb gewonnen hat, und Architekt Podsedensek. An die Übrigen kann ich mich nicht mehr erinnern.
Es war Praxis, dass solche Gutachterverfahren durchgeführt wurden, ob das „vergaberechtlich“ zulässig ist, hatte ich nicht zu beurteilen. Es erfolgte aber immer in Rücksprache mit der Ingenieurkammer, auch die Höhe der Entschädigung wurde mit ihr abgesprochen.
An der Jury nahmen damals auch der Grundeigentümer und Dr. Swoboda teil. Unter Stadtrat Dr. Swoboda entsprach es der Praxis. Er hat an jeder Jury teilgenommen.
Es war in der Regel auch ein Vertreter des Grundeigentümers in der Jury. Er war aber nur einer von sieben oder neun Mitgliedern der Jury. Vorsitzender war immer ein außenstehender Dritter, Architekt, sogar manchmal auch aus dem Ausland.
DI Kallinger-Prskawetz war mit der Ausschreibung einverstanden und hat keine weiteren Wünsche dort geäußert. Die Begrenzung des Bauvolumens war durch die Infrastrukturkommission gegeben, da hätten weitere Wünsche von DI Kallinger-Prskawetz auch nichts daran geändert. Die zulässige Bauklasse wurde in der Jury entschieden.
Auch die Begrenzung durch die Planungsabteilungen entsprach derjenigen der Infrastrukturkommission.
Kallinger wollte dort kein Hochhaus bauen.
Über Befragung, ob er die Meinung des Kontrollamtes auf Seite 23 des Berichtes, erster Absatz, teile:
Ich teile diese Meinung nicht. Das Problem der Angleichung an die Höhe der Nachbargebiet wurde nämlich in der Jury diskutiert und nach Meinung der Juroren waren die vorgesehenen Höhen vertretbar und gerechtfertigt.
Diese Umwidmung hat grundsätzlich eine Werterhöhung des Gebietes gebracht.
Über Befragung durch GR Ekkamp:
In dem Auftrag, über das ganze Gebiet ein Gutachterverfahren durchzuführen, sehe ich keine Bevorzugung der Firma Kallinger-Prskawetz.
Über Befragung durch GR Kenesei:
Im vorliegenden Fall wurde im Februar 1994 gleichzeitig das Ergebnis des Wettbewerbes als Gründruck (= Rotdruck) und das Ergebnis der kurz vorher mit den betroffenen Dienststellen durchgeführten Besprechungen dem Fachbeirat vorgelegt. Diese Vorgangsweise wurde gelegentlich gewählt. Warum das im vorliegenden Fall so gehandhabt wurde, könnte ich jetzt nicht mehr sagen.
Über die Frage, warum der Bericht über das Fachbeiratsgutachten bereits vom 24.4.1994 datiert, das Gutachten selbst aber vom 1.3.1994:
Das Protokoll wird vom Vorsitzenden sofort nach der Sitzung diktiert, sodass uns nach Vorliegen des Protokolls die Meinung des Fachbeirates bereits bekannt war.
Wenn Architekt DI Wimmer in der öffentlichen Auflage eine Erhöhung der Kubatur wollte, so kann ich das so erklären, dass beim Wettbewerb nur in sehr kleinem Maßstab gearbeitet wurde, der Wettbewerbsgewinner aber in der Folge an dem Projekt weitergearbeitet hat und unter Einhaltung der vorgegebenen Ausnutzbarkeit ein möglichst günstiges Ergebnis erzielen wollte.
Diese Vorschläge von DI Wimmer sind im Kontakt mit der MA 21 entwickelt worden.
Diese Änderungen waren aber nicht so umfangreich, dass die MA 21 B neuerlich das Projekt dem Fachbeirat vorgelegt hatte, was bei größeren Änderungen aber geschehen ist.
Über Vorhalt des vorletzten Absatzes auf Seite 19 des Kontrollamtsberichtes:
Ich kann mich der Meinung des Kontrollamts nicht anschließen. Wir haben im Motivenbericht darauf hingewiesen, dass die Baufluchtlinie geringfügig verschoben wurde. Tatsächlich ist die Nutzfläche in keiner Weise vergrößert worden, wenn auch ein Vorgarten weggefallen ist.
Über Vorhalt des zweiten Absatzes auf Seite 20 des Kontrollamtsberichtes, wo bemängelt wird, dass keine konkrete Begründung für die oben angeführten Änderungen angegeben wurde:
In der Wettbewerbsentscheidung der Jury war eine Nutzfläche von 38 600 m² vorgesehen. Tatsächlich wurden dann aber nur 35 000 m² Wohnverbauung und 1 400 m² Geschäfte und Kindertagesheim verbaut, also deutlich weniger als im Wettbewerb vorgesehen war. Wir haben meiner Ansicht nach alle diese Änderungen in einem Änderungsplan in einem Bericht zur öffentlichen Auflage festgehalten. Ich kann also der Ansicht des Kontrollamtsberichtes nicht zustimmen.
Über Befragung, ob es noch weitere Unterlagen gibt, die dem Kontrollamt nicht zur Verfügung gestellt worden sind:
Meine Mitarbeiter hatten das Recht, sämtliche Unterlagen an das Kontrollamt weiterzugeben. Mir ist nicht bekannt, dass einige von ihnen nicht weitergeleitet wurden.
Auf die Frage, wann er für sich Kopien der Aktenstücke hergestellt habe:
Zum Zeitpunkt, als das Kontrollamt seine Untersuchungen machte. Seit meiner Pensionierung war ich noch nicht in der Abteilung 21 und habe auch von meinen Mitarbeitern keine Aktenkopien bekommen.
Ich habe keine Geschäftsbeziehungen zur Firma Kallinger-Prskawetz unterhalten.
Über Befragung durch GR Dr. Serles:
Wer die Kosten im vorliegenden Fall für das Gutachterverfahren getragen hat, weiß ich nicht mehr. In der Regel war es so, dass die Kosten zwischen den Grundeigentümern bzw. Projektentwicklern einerseits und der MA 21 B 50:50 aufgeteilt wurden.
Über Befragung durch GR Kenesei:
Über Vorhalt der Aussage des Zeugen DDr. Görg, Seite 21 des Wortprotokolls (bzw. Seite 20, vorletzter Absatz):
Ich habe mit DDr. Görg die Reduzierung auf 250 Wohnungen besprochen, das habe ich auch so gemacht. Dazu gibt es einen Aktenvermerk. Es kann der von GR Kenesei sein.
Mein Aktenvermerk hat dem damaligen Vorgang entsprochen. Dabei bleibe ich auch nach dem Vorhalt.
Die nächste Sitzung zur Vernehmung des Zeugen Dr. Swoboda wird für den 10.1.2003, 14.00 Uhr, festgesetzt.
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