Protokoll über die 16. Sitzung der

Untersuchungskommission des Wiener Gemeinderats

zur Praxis der Wiener Flächenwidmungen

am 10. Jänner 2003

 

 

 

Vorsitzender: Senatspräsident Dr. Dietrich Derbolav

 

Schriftführung: Mag. Eva Papouschek, Daniela Szakall

 

Ort: 1082 Wien, Rathaus, Arkadenhof, EG, Top 24

 

 

 

 

Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung und stellt die Anwesenden sowie die Beschlussfähigkeit der Kommission fest.

 

 

Zeugeneinvernahme von Herrn Dr. Hannes Swoboda

 

Ich wurde zum ersten Mal mit dem späteren Projekt Wohnpark Hetzendorf befasst, als die Stadt Wien beschlossen hatte, 10 000 neue Wohnungen zu errichten. Das Grundstück, um das es sich hier handelt, hatte ursprünglich der „Universale“ gehört. Es war, wenn ich mich richtig erinnere, gemischtes Baugebiet. Da es aber an der S-Bahn lag, also sehr verkehrsgünstig, wurde erwogen, hier ein Bauwerk mit dem Schwerpunkt Wohnen zu errichten, wobei auch durchaus andere Nutzungen daneben noch möglich waren. Das Problem hier war die Verkehrsumflutung. Es war daher notwendig, dass die Wohnungen möglichst zu einem ruhigen Innenhof hin orientiert wurden. Es gab mehrere Diskussionen dazu in meinen Amtsräumen. Ich habe auch angeordnet, dass ein Gutachterverfahren mit mehreren Architekten durchgeführt wurde. Prof. Podrecca war hier jedenfalls stärker beteiligt. 1993 hat die Sozialbaugruppe das Grundstück gekauft. 1996, als ich aus meinem Amt ausschied, gab es zu diesem Projekt bereits erste Entwürfe, aber kein entscheidungsreifes Projekt.

 

Über Befragung durch GR Dr. Madejski:

Zu den Ausführungen des GR Dr. Madejski zunächst allgemein:

Gemischtes Baugebiet schließt keineswegs Wohnbau aus. Im Gegenteil, die Bausperre wurde verhängt, damit nicht gebaut werden kann ohne entsprechende Rücksicht auf Umwelterfordernisse und Ähnliches. Mein Auftrag an OSR DI Vokaun lautete, eine Verbauung so vorzubereiten, dass ein umweltverträgliches Wohnen möglich sei und insbesondere die Gestaltung so vorzunehmen ist, dass zumindest die Haupträume weitgehend lärmgeschützt sein sollten.

 

Wenn ich von Gutachterverfahren gesprochen habe, so habe ich nicht ein formelles Verfahren gemeint, wie es dann später durchgeführt wurde. Es kann sich durchaus auch so abgespielt haben, dass ich den Auftrag gegeben habe, mehrere verschiedene Architekten zu betrauen. Es sind dann auch mehrere Entwürfe von verschiedenen Architekten vorgelegt worden, die zum Teil auch abgeändert wurden. (Deshalb gab es auch sicher mehrere Gesprächstermine bei mir.) Ich kann mich an die einzelnen Architekten nicht mehr erinnern. Ich weiß nur, dass Prof. Podrecca auf Grund der Bewertung der Entwürfe dann sehr stark in das weitere Verfahren eingebunden wurde.

 

Es ist richtig, dass sich die MA 15 und die MA 22 gegen das Wohnbauprojekt ausgesprochen haben. Diese Abteilungen haben aus ihrer Sicht eine sehr restriktive Haltung. Wenn wir uns immer an ihre Gutachten gehalten hätten, dann hätten wir vielleicht nur 3000 Wohnungen bauen können. Nicht richtig ist, dass die MA 21 B dagegen war. Zumindest ist mir kein Schriftstück in diese Richtung bekannt. GR Dr. Madejski hat 1997 in einer Gemeinderatsdebatte sich ausdrücklich positiv darüber ausgesprochen, dass keine reine Büroverbauung durchgeführt wurde. Ich stehe auch heute noch zu dieser Entscheidung und halte es für richtig, dass dort auch Wohnbauverbauung stattgefunden hat.

 

Üblich war es unter meiner Amtsführung, dass Abteilungen, die eine abweichende Meinung hatten, mir dies schriftlich mitgeteilt haben. Im vorliegenden Fall ist mir eine solche schriftliche Mitteilung nicht zugegangen. Ich musste daher annehmen, dass die Abteilungen keine Einwände hatten.

 

Auf die Frage, ob es üblich sei, dass, wie im Kaufvertrag der Stadt Wien an die „Universale“ aus dem Jahr 1988, bereits eine Aussage über die spätere Widmung enthalten sei:

Ich kenne diesen Vertrag nicht. Ich selbst habe mich immer dagegen gewendet, dass in Kaufverträgen Zusagen über Widmungen gemacht werden. Mit der Ausnahme von Verwendungszusagen, wo ich mich persönlich beim Gemeinderat für eine bestimmte Widmung einsetzen wollte. Das ist vielleicht zwei- bis dreimal geschehen. Ich weiß es nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass dieser Passus in den Kaufvertrag deshalb hineingekommen ist, weil Bürgermeister Gratz meinem Vorvorgänger Hofmann den Auftrag gegeben hat, alle Hochhausprojekte zu reduzieren. Und hier hat es sich um ein solches mögliches Hochhausprojekt (ab Bauklasse VI) gehandelt.

 

Über den Vorhalt der Aussage DDr. Görg, wonach im Fall der Unilevergründe drei Stadträte (insbesondere auch Stadtrat Dr. Swoboda) schriftliche Zusagen bezüglich der Umwidmung erteilt hätten:

Dies war einer der wenigen Fälle, wo ich eine Verwendungszusage abgegeben habe. Eine Zusage zur Umwidmung konnte ich ja gar nicht machen. In diesem Fall sprachen wirtschaftliche Gründe für die Umwidmung und die Beamten haben die Meinung vertreten, dass eine Umwidmung auch vertretbar sei.

 

Es ist richtig, dass die wirtschaftlichen Gründe damit zusammenhingen, dass „Unilever“ in Schwierigkeiten war und es darum ging, zumindest restliche Arbeitsplätze in Wien zu halten. In solchen Fällen sind der Finanzstadtrat oder der Wohnbaustadtrat an uns herangetreten und haben angefragt, ob eine Umwidmung als Wohngebiet vertretbar wäre. Im konkreten Fall war es, glaube ich, Finanzstadtrat Edlinger, der einen solchen Wunsch äußerte. Die Beamten haben geprüft und eine Vertretbarkeit bestätigt, allerdings in einem wesentlich geringeren Umfang als es die Firma Unilever wünschte. Nur in diesem eingeschränkten Umfang habe ich eine Verwendungszusage abgegeben.

 

Über Befragung durch GR Pfeiffer:

Schriftliche Stellungnahmen gegen meine „Weisungen“, was immer man darunter verstehen will, hat es konkret von der MA 18 und der MA 64 gegeben. Bei der MA 21 könnte ich mich jetzt nicht mehr mit Sicherheit daran erinnern.

 

Über Befragung durch GR Pfeiffer, ob er etwas unternommen habe, um die Transparenz der Flächenwidmungsverfahren für die Gemeinderäte zu erhöhen:

Ich hatte den Eindruck, dass diese sich nicht nur formell, sondern auch sachlich gut informiert hatten. Ich habe den Kontakt zwischen ihnen und den Beamten nie unterbunden. Es wird auch Verbesserungen gegeben haben, an die mich aber jetzt im Einzelnen nicht erinnern kann. Ich hatte immer den Eindruck, dass die Mitglieder des Ausschusses, den ich zu betreuen hatte, gut informiert waren.

 

Ich habe erstens für eine Verbesserung der Information der Öffentlichkeit gesorgt, was indirekt auch den Gemeinderäten zugute gekommen ist. Ich habe zweitens für eine Verbesserung der Information der Bezirksvertretungen und des Bezirksvorstehers gesorgt. Und ich habe drittens den Gemeinderäten das Angebot gemacht, bei einem von mir damit beauftragten Beamten (Ernst Roth) sich alle notwendigen Informationen zu holen. Er war auch beauftragt, weitere Informationen zu vermitteln.

 

Über Befragung durch GR Mag. Chorherr:

Ich habe nie eine Information bekommen, die mich an der Integrität des OSR DI Vokaun hätte zweifeln lassen. Im Gegenteil, es sind immer wieder Beschwerden von Bürgern eingegangen, die sich darüber beschwert haben, dass die von ihnen gewünschten Umwidmungen nicht durchgeführt wurden. Ich kann mich aber erinnern, dass OSR DI Vokaun mir berichtet hat, dass ein Gerichtsverfahren gegen ihn eingestellt wurde.

 

Über Befragung durch GRin Reinberger:

Bis zu meiner Amtsführung war es so, dass der Grundeigentümer einen Antrag auf Umwidmung gestellt hatte, der dann von der zuständigen Fachabteilung geprüft und in machen Fällen gebilligt wurde. In diesen Fällen war es dann dem Grundeigentümer überlassen, die für ihn günstige Verbauung durchzuführen. Ich habe als Änderung durchgesetzt, dass bereits in diesem Stadium, wo um die Umwidmung angesucht wurde, eine Art Wettbewerb oder Gutachterverfahren durchgeführt wurde, wo mehrere Architekten Vorschläge machen konnten, selbstverständlich auch der Eigentümer, den man nicht ausschließen kann. Ich meine, dass dieses Gutachterverfahren eine Erhöhung der Qualität der dann letztlich durch die Umwidmung ermöglichten Verbauung gebracht hat.

 

Wenn ein Umwidmungsansuchen gekommen ist, hat die zuständige Abteilung 21 auch andere Abteilungen, insbesondere die MA 18, damit befasst und daraufhin die Ausschreibungsunterlagen erstellt. Diese Ausschreibungsunterlagen wurden den Architekten, die eingeladen worden waren, Entwürfe vorzulegen, zur Verfügung gestellt. Auf Grund der Architektenentwürfe hat dann die MA 21 das Umwidmungsverfahren fortgesetzt, wobei nach den Ergebnissen der Entwürfe auch das Verfahren unter Umständen geändert wurde.

 

Über Befragung durch GR Josef Wagner:

Ich wiederhole, ich habe Verwendungszusagen nur in Fällen gegeben, die ich unbedingt vertreten konnte, insbesondere, wenn es um Sicherung von Arbeitsplätzen oder Schaffung von Wohnraum ging. Ob die Verwendungszusagen, die ich gegeben habe, dann in der Folgezeit umgesetzt wurden, könnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich habe aber diese Verwendungszusagen nur gemacht, wo ich mit hoher Wahrscheinlichkeit wusste, dass sie der Gemeinderat auch erfüllen werde.

 

Auf die Frage des GR Mag Chorherr, ob er das System der Flächenwidmungen nicht für extrem korruptionsanfällig halte:

Nein, ich halte dieses System nicht für korruptionsanfällig. Es verläuft durchaus transparent. Im „stillen Kämmerlein“ kann nichts entschieden werden, dafür sorgen schon die anderen Magistratsabteilungen, die befasst werden müssen, und die rechtlichen Kontrollen, die ja auch in manchen Fällen zur Aufhebung von solchen Flächenwidmungen geführt haben. Es ist also in Wien nicht möglich, dass, auf Grund etwa einer mündlichen Zusage des Stadtrats, eine Umwidmung vorgenommen wird.

 

Über Befragung durch GR Josef Wagner:

Ich kann mich nicht konkret erinnern, dass einer meiner Verwendungszusagen nicht entsprochen wurde, aber auf Grund der wenigen Fälle und der konkreten Gründe, die dort vorgelegt worden sind, halte ich das für nicht wahrscheinlich.

 

Es ist mir bekannt, dass es Verträge gegeben hat, in denen der Preis von der späteren Widmung abhängig war. Ich habe mich aber nicht unter Druck gesetzt gefühlt, darauf bei der Widmung Rücksicht zu nehmen. Ich weiß auch, dass es Fälle gegeben hat, in denen bei solchen Verträgen die gewünschte Widmung nicht erfolgt ist, vor allem dann, wenn sich die Vertragspartner nicht vorher bei der zuständigen Abteilung erkundigt haben, ob eine Umwidmung überhaupt im Bereich des Möglichen liegt.

 

 

GR Ekkamp berichtet, dass in informellen Vorbesprechungen ein Redaktionskomitee vorgesehen wurde, das aus den GR Kenesei, Dr. Serles, Pfeiffer und Ekkamp besteht und dass bereits Termine für den 22.1.2003 und 12.2.2003 in Aussicht genommen wurden.

Einstimmig wird diese Vorgangsweise beschlossen.

 

Die abschließende Sitzung, in der der Bericht (bzw. die Berichte) beschlossen werden und die Berichterstatter an den Gemeinderat bestimmt werden, wird für den 26.2.2003, 14.00 Uhr, anberaumt.

 

 

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