Gemeinderat,
1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll
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in ein paar Tagen, sondern am 1. Mai im nächsten Jahr -
in dieser Touristenstadt Wien wieder unfreiwillig am Vormittag zu Fuß gegangen
werden wird.
Jetzt können Sie mir natürlich zu Recht - dafür habe
ich Verständnis - vorwerfen, dass das ein völlig polemischer Akt ist, der jeder
Grundlage entbehrt, mich hier zum Wort zu melden. (VBgm Dr Sepp Rieder: Das hat viel für sich!) Darauf möchte ich
Ihnen aber eines antworten: Der Grund zur Sorge ist berechtigt!
Ich werde Ihnen jetzt einen Satz sagen, der auf der
Festtribüne der Sozialdemokraten am 1. Mai vor zwei Jahren - also ziemlich
genau mit dem heutigen Datum - gehalten wurde. (VBgm Grete Laska: Warst du dabei?) Nein, die Presse war dabei und
hat darüber berichtet.
Ich sage Ihnen jetzt das wörtliche Zitat:
"Stattet uns bei der nächsten Gemeinderatswahl im Jahr 2001 mit einer
satten Mehrheit aus. Ich verspreche euch, wir werden die Demütigung, dass die
Straßenbahner heute fahren müssen, wieder rückgängig machen." (GR Mag Thomas Reindl: Falsch zitiert!)
Wer hat das gesagt? (GR Mag Sonja
Wehsely: Niemand!) Ein einfaches Parteimitglied? (StR Mag Renate Brauner: Das ist eine Beleidigung!) Der Klubobmann
Hatzl vielleicht? Die damals zuständige Finanzstadträtin Ederer? - Nein, es war
der Wiener Bürgermeister, der - wie die Presse zumindest schreibt und das ist
nicht dementiert worden - hier quasi seine Trumpfkarte gegen die überheblichen
und konservativen reaktionären Kräfte ausgespielt hat.
Jetzt kann man natürlich
sagen, es hat vor kurzem auch einen Bürgermeister gegeben, der gesagt hat:
"Wahlkampf ist die Zeit der fokussierten Unintelligenz." und damals
stand gerade eine Nationalratswahl ins Haus. Man kann sagen, das ist ein
Blödsinn, den man gesagt hat, daran glaubt eh keiner. Dazu sage ich an dieser
Stelle, weil der 1. Mai ins Haus steht: Vertrauen ist gut, Sicherheit, vor
allem Sicherheit der absoluten Mehrheit in diesem Haus, ist besser. Ich frage
daher den Bürgermeister beziehungsweise den dafür zuständigen StR Rieder, der
in Zukunft als Finanzstadtrat weiter zuständig sein wird: Wird der Vollbetrieb
am 1. Mai weiter aufrecht erhalten werden? - Sie können hier herauskommen
und das sagen.
Sie können es sich aber noch einfacher machen, weil
hier der Wunsch nach einem Antrag aufgekommen ist. Dem kann ich sehr schnell
entgegenkommen. Ich bringe gemeinsam mit Mag Neuhuber einen Antrag ein:
"Der Vollbetrieb der WIENER LINIEN am 1. Mai
stößt bei den Wienerinnen und Wienern auf breite Zustimmung und wird von diesen
seit vollständiger Einführung im Jahre 1999 mit Genugtuung angenommen.
Zahlreiche Wiener Bürger konnten seither auch am Staatsfeiertag die
öffentlichen Verkehrsmittel zu ihrer verdienten Feiertagsgestaltung nutzen. Es
ist daher angezeigt, den von der Wiener Sozialdemokratie und der Wiener
Volkspartei veranlassten und erfolgreichen Vollbetrieb der öffentlichen
Verkehrsmittel am Vormittag des 1. Mai weiterhin sicherzustellen. Zusätzlich
sollte darüber hinaus auch über eine Erweiterung des diesbezüglichen Angebots
für die Wiener Bürger nachgedacht werden und sollten entsprechende
Evaluierungen veranlasst werden.
Die gefertigten Gemeinderäte stellen folgenden Beschlussantrag:
Der Wiener Bürgermeister wird ersucht, die Weiterführung
des erfolgreichen Vollbetriebs der Wiener
Linien am 1. Mai weiterhin sicherzustellen und gegebenenfalls
diesbezüglich zusätzliche Angebote für die Wienerinnen und Wiener evaluieren zu
lassen."
In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige
Abstimmung dieses Antrags.
Warum stellen wir heute diesen Antrag? - Wir stellen
diesen Antrag einerseits, um einfach den Wiener Bürgern in Zukunft klar zu
machen, wie es hier weitergehen wird, und dass der 1. Mai für uns
natürlich auch ein Symbol für den Kundennutzen der steuerzahlenden Bürger in
Zukunft, statt einem versteinerten Diktat nach dem Motto "wir fahren, wenn
wir wollen", ist, ein Offenhalten in einer Weltstadt, statt dem
Festkrallen an der Vergangenheit, und – um das auch einmal klar und deutlich zu
sagen – um den Wiener Bürgern von hier aus ein klares Signal dafür zu geben,
dass auch in Zukunft diese Stadt nicht einer Partei gehört, sondern allen ihren
Bürgern! (Beifall bei der ÖVP.)
Das trifft auch auf viele andere Bereiche zu. Das
betrifft zum Beispiel die Ladenöffnungszeiten, wo man uns lange erklärt hat,
dass die Wiener Bevölkerung die Einzige ist, die am Samstagnachmittag nicht
einkaufen gehen will und jeden Tag nur bis 18 Uhr einkaufen gehen will, und
die Touristen sind vor geschlossenen Geschäften gestanden.
Das betrifft die Schulpolitik, wo es nicht nur um
eine Förderung der besonders Benachteiligten geht, um die wir uns immer bemüht
haben und die wir auch im Konsens mit Ihnen beschlossen haben, sondern dass
auch in Zukunft die besonders Begabten weiter gefördert werden, weil diese das
wichtigste Zukunftskapital sind, das diese Stadt hat. Die Ablöse des
Amtsführenden Präsidenten Kurt Scholz lässt in dieser Hinsicht nicht unbedingt
Gutes erwarten.
Kultur, weil auch ein neuer Kulturstadtrat gewählt
wurde, der (GR Heinz Hufnagl: Sie haben
leider verweigert! Marboe hatte die Einladung gehabt!) - ich wollte gerade
etwas Freundliches sagen - zumindest von seiner physischen Präsenz her
unübersehbar ist, der aber auf die Frage, wie es denn mit der Rückkehr zum
Ideologieressort ist, das nicht sofort dementiert hat, sondern, im Gegenteil,
von der mutigen Wiedereinführung der Politik gesprochen hat. Darauf werden wir
sehr genau aufpassen. (GR Heinz Hufnagl:
Kehren Sie einmal vor Ihrer eigenen Türe, Herr Kollege!)
Aber es freut uns, dass es in der SPÖ noch so große
Sehnsüchte nach StR Marboe gibt. (GR
Heinz Hufnagl: Offensichtlich stärker als in der ÖVP!) Ich
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