Gemeinderat,
1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll
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Altruismus, dann sage ich Ihnen klar und deutlich, Herr
Bürgermeister, das fällt nicht unter Altruismus, das fällt unter Gerechtigkeit,
und gerade Sie als Sozialdemokrat, der Sie sich immer wieder rühmen, zum Teil
zu Recht rühmen, dass die Sozialdemokratie ein besonderes Sensorium für die
Prinzipien der Gleichheit und der Gerechtigkeit hat, dass Sie gleichzeitig das
Wort in den Mund nehmen, dass Gerechtigkeit unter das Kapitel Altruismus fällt,
das erinnert mich an Ludwig XVI.
Als die französische Revolution schon quasi am
Horizont heraufgedämmert hat, ist Ludwig XVI. von seinen Beratern bestürmt
worden, doch der Forderung der Menge - man hat nicht der Menschen gesagt,
sondern der Menge - nachzugeben, mehr Macht zu teilen, großzügiger zu sein.
Ludwig XVI. hat da zu seinen Beratern gesagt: Meine Herren, ich bin kein
Altruist, ich bin König.
Herr Bürgermeister, ich wünsche Ihnen auch gar nicht
und ich sehe auch gar nicht, dass Sie wie Ludwig XVI. enden werden, aber
ich wünsche mir, dass Sie ganz klar und deutlich erklären - und Sie haben heute
einige Punkte zum Wahlrecht gesagt, wo wir sagen können, die Briefwahl unter
anderem, darüber lässt sich nicht nur reden, sondern das wünschen wir uns
selbst, das ist selbst eine Forderung der Österreichischen Volkspartei -, aber
ich habe nichts gehört davon, dass Sie hier an dieser Stelle gesagt hätten, Sie
werden auch mit Ihrer Mehrheit dafür sorgen, dass wir in Zukunft ein
gerechteres Wahlrecht in dieser Stadt bekommen.
Wenn Herr Kollege Chorherr der Österreichischen
Volkspartei vorgeworfen hat, dass wir es gewesen wären, die in der letzten
Legislaturperiode dieses gerechtere Wahlrecht verhindert haben (GR Mag Christoph
Chorherr: Das stimmt auch!), so muss ich Ihnen, Herr Kollege Chorherr,
klar und deutlich zwei Dinge sagen.
Erstens. Wir nehmen Vereinbarungen mit dem Partner
ernst. Wir haben manchmal den Partner dazu gebracht, letztlich gegen seinen
Willen - ich sage als Beispiel nur Untersuchungsausschüsse - hier mitzustimmen.
Aber was wir nie getan hätten, wäre, gegen den Partner zu stimmen und
gleichzeitig keine Aussicht zu haben, eine Mehrheit zu bekommen. Weil die
Zeiten, wo sie solche Anträge eingebracht haben und gleich mit ganz anderen
Vorschlägen verbrämt haben, da waren die Freiheitlichen noch der Meinung, ja
sie profitieren ja von diesem ungerechten Wahlrecht, ebenso wie die
Sozialdemokratie, weil sie auch mehr Mandate bekommen, als sie Prozente an
Stimmen haben und waren daher nie bereit, wirklich gemeinsam, so wie beim
Untersuchungsausschuss, eine entsprechende Aktion zu starten. (GR Mag Hilmar Kabas: Das ist eine
ausgesprochene Unwahrheit!) Sie kommen gleich hierher Herr Kollege, Sie
kommen gleich ans Rednerpult, Sie können gleich Ihre Gedanken zum Wahlrecht
hier entwickeln. (GR Mag Hilmar Kabas: Ja, aber ich sage es jetzt
ausdrücklich!)
Meine Damen und Herren! Ich komme noch einmal auf den
Kollegen Salcher zurück, weil ja da die Empörung riesig groß in den Reihen der
Sozialdemokratie gewesen ist. Nicht nur, dass er angeblich die Spielregeln, die
in der Präsidiale vereinbart worden sind, verletzt hat, sondern dass er
überhaupt, was völlig ungehörig wäre, hier einen Antrag gestellt hat, das wäre
geschäftsordnungswidrig, et cetera, et cetera.
Meine Damen und Herren, ich bin kein wirklicher Geschäftsordnungsspezialist.
Ich kann mir sogar vorstellen, dass wirklich, wenn man die Geschäftsordnung eng
auslegt, dieser Antrag im Rahmen dieses Tagesordnungspunkts nicht zu behandeln
gewesen wäre.
Aber, Herr Bürgermeister, Sie hätten ja in Ihrem
Redebeitrag, in Ihrer Erklärung sagen können, Sie sind ganz und klar dafür,
dass die Geschäftsordnung eingehalten wird. Daher stimmen Sie diesem Antrag zu,
dieses Schriftstück nicht abstimmen zu lassen. Oder, Sie stimmen der
Vorsitzenden zu, aber Sie stehen nicht an zu erklären, dass der Inhalt dessen,
was Herr Kollege Salcher in seinem Antrag angebracht und angemerkt hat,
selbstverständlich außer Zweifel steht. Und dass Sie selbstverständlich auch in
Zeiten sozialdemokratischer absoluter Mehrheit dazu stehen, dass die
öffentlichen Verkehrsmittel am 1. Mai, so wie in den letzten beiden Jahren,
in vollem Umfang fahren. Das hätte ich mir eigentlich erwartet. (Beifall bei der ÖVP.)
Es gibt natürlich noch eine Möglichkeit, an die ich
aber nicht zu hoffen wage, Herr Bürgermeister, dass Sie sich diese Erklärung
für Ihre Rede am Rathausplatz am 1. Mai aufheben. (Heiterkeit bei der
ÖVP.) Dann werde ich wirklich mit voller Überzeugung und mit voller Freude,
mit vollem Herzen sagen: Hut ab vor dem Bürgermeister, dass er den Mut hat,
auch an dieser Stelle eine solche Erklärung abzugeben.
Aber, meine Damen und Herren, Andreas Salcher, mein
Kollege Salcher, hat in seinem Beitrag nicht nur darüber reflektiert, was unter
einer sozialdemokratischen absoluten Mehrheit alles mit den WIENER LINIEN passieren
könnte, sondern er hat sehr wohl auch darüber reflektiert, was sonst alles in
dieser Stadt passieren könnte. Er hat nicht gesagt, wird, sondern könnte.
Und da ist ein dritter Grund, warum wir als Österreichische
Volkspartei zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Grund gesehen haben, durch
unsere Stimmabgabe, auch nicht durch eine geteilte Stimmabgabe, in irgendeiner
Form dieser absoluten Mehrheit der SPÖ einen Vertrauensvorschuss zu geben.
Dieser dritte Grund hat einen Namen, der heißt Kurt Scholz. Meine Damen und
Herren der Sozialdemokratie! Sie wissen es, ich weiß es, dass Kurt Scholz kein
Mitglied der Österreichischen Volkspartei ist und es könnte mir als Obmann der
Österreichischen Volkspartei eigentlich völlig egal sein, wie die SPÖ mit einem
prominenten Mitglied der Sozialdemokratie verfährt.
Es ist mir aber in diesem speziellen Fall nicht egal,
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