Gemeinderat,
1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll
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Rom die damnatio memoriae geheißen, die Verdammung des
Gedächtnisses sozusagen.
Wir kommen uns als ÖVPler so vor, als wären wir der
damnatio memoriae anheim gefallen, aber das ist ein ganz kleiner, ein ganz
unwesentlicher Punkt. Meine Damen und Herren ... (GR Mag Christoph Chorherr:
Das sagt viel über den Zustand aus!) Meine Damen und Herren, nein, das ist
nicht, ich sage es, Herr Kollege Chorherr, ich habe mir erwartet, dass irgendjemand
jetzt sagen wird, dass das ein Zeichen der Depression der Österreichischen
Volkspartei ist. Ich habe deswegen ... (GR Mag Christoph Chorherr: Das ist
aber dann schwer zu verstehen!) Moment, Herr Kollege Chorherr, ich habe
deswegen auch klipp und klar gesagt, ich verstehe es voll und ganz, dass
jemand, der die absolute Mehrheit erringt, allein regieren möchte. Ich komme
noch einmal zu dem Punkt, dass er auch keine Einladung an eine andere Partei ausspricht,
weder an die GRÜNEN noch an die Österreichische Volkspartei, mitzuregieren.
Aber ich sage noch, ich persönlich, und das möge mir
hier unbenommen sein, ich bilde mir ein, ein Sensorium für Stilfragen und für
Geschmacksfragen entwickelt zu haben und ich sage daher klar und deutlich: Es
ist kein Stil, dass mit keinem Wort die Zusammenarbeit der letzten viereinhalb
Jahre, die an vielen Stellen vom Bürgermeister in den vergangenen Jahren gelobt
worden ist, und ich glaube sogar, aus ehrlichem Herzen gelobt worden ist,
erwähnt wird.
Wenn man immer berücksichtigt, dass wir eine
Zweckgemeinschaft eingegangen sind und nichts anderes als eine
Zweckgemeinschaft, dann sage ich das klar und deutlich.
Und, meine Damen und Herren, weil Sie, Herr Kollege
Chorherr, uns und auch den Freiheitlichen quasi erklärt haben, was denn
eigentlich Oppositionspolitik bedeutet, wie man denn Opposition zu betreiben
hat und dass Opposition nicht heißt, man muss jemandem, der regiert, das
Misstrauen aussprechen durch eine Nichtwahl, so sage ich Ihnen klar und
deutlich, da haben Sie durchaus Recht, obwohl es eher ungewöhnlich ist, meine
Damen und Herren, dass Opposition die Regierung wählt.
Das findet normalerweise nur in Fällen des Staatsnotstandes
oder des Stadtnotstandes statt. Gott sei Dank haben wir weder einen
Staatsnotstand und wir haben auch keinen Stadtnotstand. Aber ich erkläre auch
da klar und deutlich, warum wir dieser Regierung nicht zugestimmt haben.
Meine Damen und Herren! Das Faktum, dass wir heute
hier stehen und dass eine sozialistische Alleinregierung mit absoluter Mehrheit
angelobt worden ist, verdanken wir einem Umstand, nämlich, dass am
25. März gegen die Abmachung der früheren Koalition gewählt worden ist.
Dieser 25. März ist nur durch einen schweren Bruch des
Koalitionsübereinkommens zwischen der Sozialdemokratie und der Österreichischen
Volkspartei zustande gekommen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Wenn Herr Kollege Hundstorfer, der jetzt nicht im
Saal ist, sich hier, nachdem Kollege Salcher hier ans Rednerpult getreten ist
und in klarer, deutlicher Weise klargemacht hat, wie wir in Zukunft
Oppositionspolitik verstehen, dann hier ans Rednerpult eilt und Wortbruch,
Wortbruch, Wortbruch schreit (GR Ursula Lettner: Bruch der Geschäftsordnung
hat er gesagt!), nur weil - und ich war bei der Präsidialsitzung
nicht dabei - ein Redner, ein Mitglied der Österreichischen Volkspartei, es
gewagt hat, eine Abmachung, eine angebliche Abmachung in der Präsidiale zu
unterlaufen und sich zu Wort gemeldet hat und wenn ich nach dieser Wortmeldung
aus Kreisen der Sozialdemokratie, bevor schon Kollege Hundstorfer es für
notwendig befunden hat, hier Wortbruch, Wortbruch, Wortbruch zu deklamieren,
Skandal, nun, das wird sich rächen, da werden wir uns revanchieren et cetera,
et cetera, ja, dann muss ich bitte, meine Damen und Herren von der
Sozialdemokratie, Ihnen klar und deutlich sagen: Ja, wo ist denn hier die
Verhältnismäßigkeit?
Wobei ich noch einmal sage, ich bin kein schlechter
Verlierer und das Faktum, dass Sie die Koalition gebrochen haben, indem Sie
eben zum 25. März diese Wahl ausgerufen haben, gemeinsam mit den GRÜNEN -
die GRÜNEN werden sich jetzt sicher überlegen, ob es klug gewesen ist, dem
25. März zuzustimmen -, so sage ich klar und deutlich, es hat sich ja für
Sie gelohnt. Vom Erfolg des Wahlergebnisses her muss man klar und deutlich
sagen, es hat sich gelohnt.
Wir müssen uns ja permanent anhören, dass es in der
Politik nicht so zugeht, meine Damen und Herren, wie in einem Mädchenpensionat.
Das weiß ich, wobei ich nicht weiß, wie es in einem Mädchenpensionat zugeht. (Heiterkeit
im Saal.) Ich bin auch nicht sicher, ob sehr viele, die diese Worte immer
in den Mund nehmen, dass es in der Politik nicht so zugeht, wie in einem Mädchenpensionat,
wissen, wie es in einem Mädchenpensionat wirklich zugeht. Ich gestehe auch, ich
bin über das Alter hinaus, wo es mich besonders interessiert, wie es in einem
Mädchenpensionat zugeht. Aber ich sage klar und deutlich, es ist diese
Koalition aufgelöst worden und dieses Wahlergebnis ist zustande gekommen auf
Grund eines Wortbruchs. Die SPÖ ist der ÖVP gegenüber wortbrüchig geworden.
Und zum Zweiten, das hat Herr Kollege Chorherr schon
angesprochen, ist dieses Wahlergebnis möglich gewesen auf Grund eines undemokratischen
Wahlrechts. Es gibt in keiner österreichischen Kommune, in keinem österreichischen
Land, vom Bund ganz zu schweigen, ein Wahlrecht, wo mit derartiger klarer
Deutlichkeit, bei klarer Verfehlung der absoluten Mehrheit an Stimmen, ein
derart klares Plus und Übergewicht und eine absolute Mehrheit an Mandaten
herauskommt. (GR Heinz Hufnagl: Kärnten
und Tirol zum Beispiel!)
Wenn Sie, Herr Bürgermeister, immer wieder sagen, ein
Wahlrecht, die Forderung nach einem Wahlrecht, wo jede Stimme gleich viel zählt,
das fällt unter
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