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Gemeinderat, 1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 65

 

Rom die damnatio memoriae geheißen, die Verdammung des Gedächtnisses sozusagen.

 

Wir kommen uns als ÖVPler so vor, als wären wir der damnatio memoriae anheim gefallen, aber das ist ein ganz kleiner, ein ganz unwesentlicher Punkt. Meine Damen und Herren ... (GR Mag Christoph Chorherr: Das sagt viel über den Zustand aus!) Meine Damen und Herren, nein, das ist nicht, ich sage es, Herr Kollege Chorherr, ich habe mir erwartet, dass irgendjemand jetzt sagen wird, dass das ein Zeichen der Depression der Österreichischen Volkspartei ist. Ich habe deswegen ... (GR Mag Christoph Chorherr: Das ist aber dann schwer zu verstehen!) Moment, Herr Kollege Chorherr, ich habe deswegen auch klipp und klar gesagt, ich verstehe es voll und ganz, dass jemand, der die absolute Mehrheit erringt, allein regieren möchte. Ich komme noch einmal zu dem Punkt, dass er auch keine Einladung an eine andere Partei ausspricht, weder an die GRÜNEN noch an die Österreichische Volkspartei, mitzuregieren.

 

Aber ich sage noch, ich persönlich, und das möge mir hier unbenommen sein, ich bilde mir ein, ein Sensorium für Stilfragen und für Geschmacksfragen entwickelt zu haben und ich sage daher klar und deutlich: Es ist kein Stil, dass mit keinem Wort die Zusammenarbeit der letzten viereinhalb Jahre, die an vielen Stellen vom Bürgermeister in den vergangenen Jahren gelobt worden ist, und ich glaube sogar, aus ehrlichem Herzen gelobt worden ist, erwähnt wird.

 

Wenn man immer berücksichtigt, dass wir eine Zweckgemeinschaft eingegangen sind und nichts anderes als eine Zweckgemeinschaft, dann sage ich das klar und deutlich.

 

Und, meine Damen und Herren, weil Sie, Herr Kollege Chorherr, uns und auch den Freiheitlichen quasi erklärt haben, was denn eigentlich Oppositionspolitik bedeutet, wie man denn Opposition zu betreiben hat und dass Opposition nicht heißt, man muss jemandem, der regiert, das Misstrauen aussprechen durch eine Nichtwahl, so sage ich Ihnen klar und deutlich, da haben Sie durchaus Recht, obwohl es eher ungewöhnlich ist, meine Damen und Herren, dass Opposition die Regierung wählt.

 

Das findet normalerweise nur in Fällen des Staatsnotstandes oder des Stadtnotstandes statt. Gott sei Dank haben wir weder einen Staatsnotstand und wir haben auch keinen Stadtnotstand. Aber ich erkläre auch da klar und deutlich, warum wir dieser Regierung nicht zugestimmt haben.

 

Meine Damen und Herren! Das Faktum, dass wir heute hier stehen und dass eine sozialistische Alleinregierung mit absoluter Mehrheit angelobt worden ist, verdanken wir einem Umstand, nämlich, dass am 25. März gegen die Abmachung der früheren Koalition gewählt worden ist. Dieser 25. März ist nur durch einen schweren Bruch des Koalitionsübereinkommens zwischen der Sozialdemokratie und der Österreichischen Volkspartei zustande gekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wenn Herr Kollege Hundstorfer, der jetzt nicht im Saal ist, sich hier, nachdem Kollege Salcher hier ans Rednerpult getreten ist und in klarer, deutlicher Weise klargemacht hat, wie wir in Zukunft Oppositionspolitik verstehen, dann hier ans Rednerpult eilt und Wortbruch, Wortbruch, Wortbruch schreit (GR Ursula Lettner: Bruch der Geschäftsordnung hat er gesagt!), nur weil - und ich war bei der Präsidialsitzung nicht dabei - ein Redner, ein Mitglied der Österreichischen Volkspartei, es gewagt hat, eine Abmachung, eine angebliche Abmachung in der Präsidiale zu unterlaufen und sich zu Wort gemeldet hat und wenn ich nach dieser Wortmeldung aus Kreisen der Sozialdemokratie, bevor schon Kollege Hundstorfer es für notwendig befunden hat, hier Wortbruch, Wortbruch, Wortbruch zu deklamieren, Skandal, nun, das wird sich rächen, da werden wir uns revanchieren et cetera, et cetera, ja, dann muss ich bitte, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, Ihnen klar und deutlich sagen: Ja, wo ist denn hier die Verhältnismäßigkeit?

 

Wobei ich noch einmal sage, ich bin kein schlechter Verlierer und das Faktum, dass Sie die Koalition gebrochen haben, indem Sie eben zum 25. März diese Wahl ausgerufen haben, gemeinsam mit den GRÜNEN - die GRÜNEN werden sich jetzt sicher überlegen, ob es klug gewesen ist, dem 25. März zuzustimmen -, so sage ich klar und deutlich, es hat sich ja für Sie gelohnt. Vom Erfolg des Wahlergebnisses her muss man klar und deutlich sagen, es hat sich gelohnt.

 

Wir müssen uns ja permanent anhören, dass es in der Politik nicht so zugeht, meine Damen und Herren, wie in einem Mädchenpensionat. Das weiß ich, wobei ich nicht weiß, wie es in einem Mädchenpensionat zugeht. (Heiterkeit im Saal.) Ich bin auch nicht sicher, ob sehr viele, die diese Worte immer in den Mund nehmen, dass es in der Politik nicht so zugeht, wie in einem Mädchenpensionat, wissen, wie es in einem Mädchenpensionat wirklich zugeht. Ich gestehe auch, ich bin über das Alter hinaus, wo es mich besonders interessiert, wie es in einem Mädchenpensionat zugeht. Aber ich sage klar und deutlich, es ist diese Koalition aufgelöst worden und dieses Wahlergebnis ist zustande gekommen auf Grund eines Wortbruchs. Die SPÖ ist der ÖVP gegenüber wortbrüchig geworden.

 

Und zum Zweiten, das hat Herr Kollege Chorherr schon angesprochen, ist dieses Wahlergebnis möglich gewesen auf Grund eines undemokratischen Wahlrechts. Es gibt in keiner österreichischen Kommune, in keinem österreichischen Land, vom Bund ganz zu schweigen, ein Wahlrecht, wo mit derartiger klarer Deutlichkeit, bei klarer Verfehlung der absoluten Mehrheit an Stimmen, ein derart klares Plus und Übergewicht und eine absolute Mehrheit an Mandaten herauskommt. (GR Heinz Hufnagl: Kärnten und Tirol zum Beispiel!)

 

Wenn Sie, Herr Bürgermeister, immer wieder sagen, ein Wahlrecht, die Forderung nach einem Wahlrecht, wo jede Stimme gleich viel zählt, das fällt unter

 

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