«  1  »

 

Gemeinderat, 1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 65

 

hafte und ernst zu nehmende Gesprächspartner finden, wenn es um Europa geht. Auch dafür bin ich dankbar, dass das vorrangig erwähnt wurde. Ich bin überzeugt, dass Wien wie kaum eine andere Stadt in Europa diese Verantwortung, die urbane Mitverantwortung am europäischen Integrationsprozess vorrangig behandeln und zunehmend in den Vordergrund stellen muss. Wir sind nicht irgendeine deutschsprachige Stadt, die halt irgendeine Verantwortung als Kulturzentrum auf diesem Kontinent hat, sondern wir haben eine ganz spezifische Verantwortung.

 

Ich freue mich auch, dass es die Volkspartei war, vertreten durch mich, die - und zwar zum Wohle dieser Stadt - im Jahre 1996 unter der österreichischen Präsidentschaft das erste große Kulturstadträtetreffen Europas arrangiert und veranstaltet hat, und dass sich tatsächlich die gesamten urbanen Kulturverantwortlichen - der Bürgermeister hat ja gesagt, dass 80 Prozent der Europäer in Städten wohnen - hier in Wien zusammengefunden haben, um darüber nachzudenken, was unsere spezifische Verantwortung im zukünftigen Europa zu sein hat. Wir von der Volkspartei sind da zu jeder Zusammenarbeit bereit, weil wir glauben, dass diese Weichenstellungen in vielfacher Hinsicht von besonderer Bedeutung für die nächsten Generationen sind.

 

Meine Damen und Herren! Es ist schon spät, ich will es nicht zu lange machen, und ich weiß auch, dass wir noch genug Gelegenheit zu ernsthaften kulturpolitischen Auseinandersetzungen haben werden. Ich habe auch den Eindruck und bin zuversichtlich, dass wir versuchen werden, mit diesem Grenzgang zwischen Fairness und Bestimmtheit umzugehen und damit auch mit einer neuen Form der kulturpolitischen Auseinandersetzung in unserer Stadt. Wir haben in den letzten Jahren eines versucht, und das kann man nicht wegdiskutieren, und man kann auch gar nicht versuchen, das nicht auch in den Zusammenhang mit der Ideologie, mit dem Weltbild der Volkspartei zu bringen, die die Einladung angenommen hat - und das war gar nicht leicht, mit 15 Mandaten den Versuch zu machen, in Wien Kulturpolitik weiterzubringen -, gerade in diesem Bereich unterwegs zu sein: nämlich immer wieder - und ich würde mir wünschen, dass es darüber auch eine Übereinstimmung gibt - über die Relevanz der Kunst und die Relevanz des kulturellen Grundsatzanliegens innerhalb unserer Gesellschaft nachzudenken. Wenn das einmal geschieht, dann werden auch die Einzelnen darüber nachdenken, was die Musik in ihrem Leben bedeutet, was das Theater in ihrem Leben bedeutet. Viele von den Dingen, die wir in den letzten Jahren diskutieren mussten, weil wir gemerkt haben, dass da etwas nicht stimmt - ob das die Theaterbesuche, die Filmproblematik, der Tanz oder die elektronische Musik war -, haben unmittelbar damit zu tun, dass wir gemerkt haben, dass die Relevanz der künstlerischen Auseinandersetzung im Leben der Einzelnen, die in dieser Stadt leben und wohnen, nicht mehr in diesem Ausmaß gegeben war, wie es vielleicht noch in den früheren Generationen der Fall war.

 

Wenn es um die Relevanz der Kunst im Leben des Einzelnen geht, dann geht es natürlich in der Gesamtüberlegung um die Relevanz der Kunst in der Gesellschaft insgesamt. Wir von der Volkspartei - und da weiß ich mich einig mit vielen in diesem Haus - sind überzeugt davon, dass eine Gesellschaft, die sich ernsthaft mit der Kunst und damit mit dem Neuen, mit dem Ungewohnten, mit dem nicht Vertrauten auseinander setzt, auch eine Gesellschaft sein wird, die sich bereitwilliger mit dem Fremden insgesamt auseinander setzen wird.

 

Meine Damen und Herren! Ich halte das für ein vorrangiges Anliegen in dieser Stadt. Wir haben heute viel von Ausländerwahlrecht und Integration und dem Zusammenleben der verschiedenen ethnischen Gruppen in dieser Stadt gehört, und ich halte es, wenn das gelingen soll, für eine Voraussetzung, dass wir mit größter Intensität diese Herausforderung annehmen, dass die Menschen sich mit der Kunst tatsächlich befassen, weil ja jedes Stück neuer Kunst auch ein Stück neuer Freiheit ist. Wenn wir uns diese Freiheit nehmen, dann werden wir uns auch die Freiheit nehmen, uns innerhalb der Gesellschaft mit dem nicht Vertrauten glaubhaft und ernsthaft auseinander zu setzen.

 

Ich habe der Erklärung des Herrn Bürgermeisters sehr aufmerksam zugehört. Es war auch der Anteil der kulturpolitischen Aussagen, gemessen an der Gesamtlänge und an der Gesamtsubstanz des Referats, durchaus angemessen. Aber ich sage auch in aller Offenheit eines: Es ist ein Unterschied, ob man programmatische Erklärungen abgibt oder ob man dann im Alltag den Offenbarungseid des täglichen Bekenntnisses zur Umsetzung ablegen muss. Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, die Sie jetzt alleine und ohne große Gefahr eines Überstimmtwerdens - außer wenn irgendein organisatorisches Unglück passiert - die Verantwortung tragen: Darauf, dass das auch umgesetzt wird, darauf, dass es nicht nur bei Ankündigungen und Erklärungen bleibt, darauf, dass nicht Programm anstatt Aktivität das Sagen hat, meine Damen und Herren, werden wir von der Österreichischen Volkspartei in der Opposition mit großer Nachhaltigkeit achten, und wir werden alles dafür tun, dass das nicht der Fall sein wird.

 

Ich sage Ihnen zum Schluss noch etwas, weil ich glaube, dass es dieses Zusammenspiel von Zusammenarbeit, Fairness und harter Auseinandersetzung zum Wohle dieser Stadt auch in Zukunft geben soll: Ich glaube, dass wir sagen können, dass wir, seit von der letzten Stadtregierung auch die kulturpolitischen Weichen gestellt wurden, ohne Wenn und Aber, und zwar in allen Bereichen - das lässt sich ganz leicht argumentieren -, in der obersten Liga des europäischen Kulturwettbewerbs mitspielen können. Die Volkspartei wird alles tun, damit das auch in Zukunft so bleibt, meine Damen und Herren.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular