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Gemeinderat, 1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 65

 

dem ich zu seiner Wahl gratulieren darf - Diskurse über das Ausmaß des Einflusses, den die Politik in der Kulturverwaltung haben soll, gehabt. Ich habe auch nichts dagegen, dass man diese Ideologie vertritt, nur: Dann soll man sie auch nach außen hin tatsächlich so definieren. Dann soll man nicht Vereine schaffen und dann alles tun, damit diese Vereine nicht wirklich unabhängig sind, indem man selbst wieder die Präsidentschaften übernimmt und die politischen Organe in die Kuratorien und Gremien dieser Vereine hinübertransferiert, meine Damen und Herren!

 

Ich glaube, dass es, wenn wir uns so gerne als Großmacht Österreich oder als große Kulturstadt Wien bezeichnen, tatsächlich notwendig ist, dass die Politik weiß, welchen Stellenwert sie dabei hat - nämlich tatsächlich nur einen sekundären -, dass wir dieses Wort überhaupt nur in den Mund nehmen dürfen, weil die, für die wir da sind und arbeiten, nämlich die Künstlerinnen und Künstler, es uns erlauben, von uns als Kulturstadt zu denken und zu sprechen und uns als solche zu empfinden - gleichgültig, ob das jetzt die Musikstadt Wien, die Theaterstadt, die Filmstadt, die Tanzstadt oder was immer ist. Darüber sollte es einen Grundkonsens geben.

 

Ich glaube, dass es kein Zufall ist, dass jene Partei, die sich in der letzten Legislaturperiode aus diesem Grundkonsens ausgeschlossen hat - ich habe die heutigen Töne auch als einen neuen Anlauf verstanden, das zu verändern, und ich sage das daher sozusagen rückblickend, in der Hoffnung, dass das in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr so sein wird -, die einzige Partei, die sich von dieser grundsätzlichen Verpflichtung der Politik den Künstlern gegenüber ausgeschlossen hat, meine Damen und Herren, auch die einzige Partei in diesem Haus ist, die ein Minus vor ihrem Wahlergebnis hat. Ich glaube, darüber sollten auch Sie noch einmal näher nachdenken und aus Ihren heutigen Wortmeldungen hatte ich auch den Eindruck, dass Sie das tun.

 

Viel hat man jetzt gehört von einem "Zurück ins rote Wien". Diese Angst gibt es, Herr Bürgermeister und meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, die gibt es wirklich, weil niemand zurück will ins rote Wien. Und noch - auch weil wir die Erfahrungen der Zusammenarbeit noch in uns tragen - sind wir bereit, hinter diesem Satz ein Fragezeichen zu stellen. Noch wollen wir sagen: zurück ins Rote Wien?, Fragezeichen, und noch sind wir bereit, die Signale fair, aber mit Bestimmtheit zu interpretieren, die es allenfalls in diese Richtung geben mag.

 

Aber erinnern Sie sich doch mit mir an die medialen Stichworte des Jahres 1996 nach dem Wechsel im Kulturressort: Kulturhegemonie, Feudalherrschaft, Cliquenwirtschaft und, und, und. Alle diese Worte kamen tatsächlich - und zwar als ernst gemeinte Kommentare - in den Medien vor. All das, meine Damen und Herren, stand am Ende einer sozialdemokratischen Alleinregierung, und zwar nicht in der bürgerlichen Presse, sondern quer durch alle Medien bis hin zum "Standard" und zum "Falter".

 

Das sollte uns, die wir jetzt an einer neuen Wende für diese Stadt und in verschiedenen Positionen stehen, auch nachdenklich werden lassen, und es berechtigt sehr wohl zur Frage: Was wird da in den nächsten Jahren zu sehen und zu hören sein, meine Damen und Herren? Wird es die Unvereinbarkeiten weiter geben? Werden wieder Gemeinderätinnen und Gemeinderäte als Finanzreferenten der großen Kulturvereine unterwegs sein? Wird man wieder in den Kuratorien und Gremien sitzen? Wird es wieder, Herr Klubobmann, fraktionelle Vorbesprechungen geben, um im Klub zu bestimmen, wie in den Kulturvereinen abgestimmt werden darf? - Ich stelle das einmal nur als Fragen in den Raum und nicht als Vermutungen, aber ich würde Sie bitten, das ernst zu nehmen.

 

Wenn man die Rolle eines kontrollierenden Stadtrates ernst nimmt, dann muss man diese Fragen stellen dürfen - noch als Fragen, aber mit der Bereitschaft, auch Antworten darauf zu geben, sollten sich diese Fragen tatsächlich als beabsichtigte Veränderungen herausstellen. Sind das - wenn es dazu käme, meine Damen und Herren - die "natürlichen Verhältnisse", von denen ein ehemaliger hoher sozialistischer Funktionär gesprochen hat?

 

Für uns und im Weltbild der Volkspartei sind die natürlichen Verhältnisse, meine Damen und Herren, unabhängige Programmverantwortung, Minimierung der Abhängigkeiten und Maximierung der kreativen Entfaltung in unserer Stadt. Das sind die kulturpolitischen Stichworte, die sich aus unserem Weltbild ergeben, für die wir gekämpft und gearbeitet haben und für die wir in unserer Stadt weiterhin eintreten werden. (Beifall bei der ÖVP. - GR Mag Christoph Chorherr: Umbildung beim ORF! Das war ein "ernst gemeinter" Beitrag! - Zwischenruf des GR Godwin Schuster.) - Herr Chorherr! Sie sitzen im Wiener Gemeinderat und nicht im Parlament! Wenn sieben von Ihren Zwischenrufen mit der Bundespolitik zu tun haben, dann bewerben Sie sich doch einmal um ein Nationalratsmandat! Das wäre ja wirklich der richtigere Weg.

 

Für zwei Punkte in seiner Erklärung bin ich dem Bürgermeister dankbar und diesbezüglich wird er auch unsere volle Bereitschaft zur Zusammenarbeit haben und auch unsere Zusage, in dieser Richtung in Wien gemeinsam zu arbeiten: Zum einen, was die Vorrangigkeit des Umgangs mit der geschichtlichen Wahrheit betrifft. Ich stehe nicht an zu sagen, dass ich im Judenplatz sozusagen symbolhaft eine Lösung sehe, die nur durch einen unglaublich ernsthaften politischen Konsens und Umgang mit diesem Thema möglich war. Ich empfinde den Judenplatz wirklich als Einladung, darin nur eine Wegmarkierung zu sehen, um sich dieser Debatte weiterhin mit großer Ernsthaftigkeit zu stellen.

 

Sie werden auch, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Fraktion, aber auch von allen anderen Parteien, in der Volkspartei ganz glaub-

 

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