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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.5.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 57 von 74

 

trapsen. (GR Heinz Hufnagl: Das ist die Aufnahmeprüfung in die Opposition, nicht?)

 

Wenn man zurückschaut in der Geschichte Wiens, so neigen natürlich sozialdemokratische Alleinregierungen immer dazu, dass sie Wirtschaftspolitik zu einer reinen Fiskalpolitik reduzieren. Erhöhungen sind quasi ihr tägliches Brot, um städtische Aufgaben überhaupt aufrechterhalten zu können.

 

Meine Damen und Herren! Das ist ein gefährliches Spiel, weil wenn Sie etwa gerade die Gebühren hernehmen, so sind die Teil der Betriebskosten und die Betriebskosten sind ein wichtiger Bestandteil des Warenkorbs des VPIs, also mit Gebührenerhöhungen heizt man die Inflation an. Wenn auch momentan die Zentralbanken in Europa und in den USA versuchen, Inflationsauswüchse durch Zinsenschnitte hintanzuhalten, so muss man doch davon ausgehen, dass mit einer dauernd höheren Inflation natürlich auch die Zinsen wieder steigen würden. Steigende Zinsen wieder bedingen, dass weniger investiert wird. Das ist dann diese berühmte Spirale, die dazu führt, wenn weniger investiert wird, dass wir eine klassische hausgemachte Rezession haben. Deshalb klare Aussage der Volkspartei in Wien: Hände weg von jeglichen Gebührenerhöhungen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Es gibt aber auch noch andere Hinweise, dass es jetzt zu einem Paradigmenwechsel in der Wirtschaftspolitik in Wien unter der Alleinregierung der SPÖ kommt, wobei es nicht ein Paradigmenwechsel für Sie wäre, sondern nur nach den viereinhalb Jahren gemeinsamer Oppositionszeit, nämlich die Pressekonferenz und Presseaussagen von Herrn StR Rieder. Er sagt über eine WIFO-Studie: "Die Konjunkturaussichten" - ich zitiere - "werden partiell eher düster für Wien.", und führt dann elaboriert Gründe aus, warum das alles nicht im Verschulden Wiens liegt.

 

Herr Stadtrat! Ich muss Ihnen - auch wenn Sie jetzt nicht da sind - sagen, das sollte Ihnen eigentlich zu denken geben, wenn Sie dann sagen, dass in dieser WIFO-Studie festgestellt wird, dass Wien schlechter dasteht als andere Bundesländer. Wann hat es denn einen nicht sozialistischen Wirtschafts- und Finanzstadtrat in dieser Stadt gegeben? Wer ist dafür verantwortlich, wenn Wien heute wirklich schlechter dasteht als andere Bundesländer, meine Damen und Herren? - Der Wirtschaftsstadtrat ist seit Jahrzehnten rot. Ich glaube, das sollte Ihnen wirklich zu denken geben!

 

Aber die Aussagen von Rieder waren inhaltlich noch in anderer Hinsicht bemerkenswert. Er sagt weiter, Einsparungen im öffentlichen Bereich der Bundesregierung wären negativ. Er sieht ein Wegbrechen der öffentlichen Investitionen und diese könnten durch Private nicht wettgemacht werden. Das ist ein erster großer Schritt, meine Damen und Herren, aber ein erster großer wirtschaftspolitischer Schritt in die falsche Richtung!

 

Wirtschafts- und Arbeitsplatzpolitik, meine Damen und Herren, geht nicht nur über Erhöhungen und das geht nicht nur, wie Sie schon wieder laut nachzudenken beginnen, über öffentlich indizierte Investitionen. Das kommt aus der Mottenkiste sozialdemokratischer oder man müsste fast sagen, sozialistischer Wirtschaftspolitik. Das sind die guten alten - würden Sie sagen - siebziger Jahre. Das ist purer Keynsianismus, das Deficit spending Kreisky'scher Prägung. Wir wissen heute alle, das ist gescheitert, meine Damen und Herren! Ich will jetzt gar nicht mehr von VÖEST, Konsum und Verstaatlichter anfangen, Sie wissen alle, wir hatten am Schluss die Schulden und die Arbeitsplätze waren weg. (GR Heinz Hufnagl: Atomic, Kneissl und so weiter!) Deshalb muss diese Bundesregierung jetzt auch in der Wirtschaftspolitik aufräumen. Das ist nämlich der Grund! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die Frage, die beim Herrn StR Rieder unbeantwortet bleibt und die wir spätestens jetzt in der Rechnungsabschlussdebatte zur besseren Zukunft Wiens wohl stellen müssen, ist: Wie können wir Anreize schaffen, dass privat in Wien mehr investiert wird, wenn öffentlich zu wenig investiert wird? Wo sind denn Ihre Vorschläge? - Kommen Sie bitte heraus, machen Sie einen Antrag, dass wir das Bauherrenmodell für Wien wieder einführen! Sie wissen genau, dadurch werden arbeitsplatzintensive Baubereiche unterstützt. Wir werden Sie dabei voll unterstützen! Wir werden versuchen, das mit der Bundesregierung einzuführen, ich nehme an, auch die Kollegen von den Freiheitlichen. Kommen Sie heraus, stellen Sie einen dementsprechenden Antrag! Wir werden uns darum bemühen, aber für Private müssen wir die Anreize für Investitionen schaffen, nicht wieder, wie vor 20, 30 Jahren und früher, öffentlich.

 

Wirtschaftspolitik besteht nicht nur aus Steuererhebungen, meine Damen und Herren. Einsparungspotenziale in der Verwaltung wären zu überprüfen, wo man da irgendwelche Vorschläge sieht, letzten Endes - wie DDr Görg auch schon gesagt hat - die Privatisierungen, aber da haben wir sowieso eine geteilte Meinung.

 

Um jetzt wieder die Kurve zurück zum Gänsehäufel zu finden: Für das Gänsehäufel zum Beispiel könnte es heißen: sale and lease back. Auch das wäre eine Form intelligenter Privatisierung. (GR Heinz Hufnagl: Da schafft man wirklich eine Schutzmauer gegen Tariferhöhungen!) Dann könnten wir uns für die nächsten fünf Jahre alle Gebührenerhöhungen und Steuern sparen. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. - Herr Berichterstatter, bitte.

 

Berichterstatter GR Mag Thomas Reindl: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Ich bin überrascht, dass das Gänsehäufel (GR Mag Christoph Chorherr: Wellen schlägt!) eine so große Gebührenaufmerksamkeit der ÖVP erregt hat. Vielleicht liegt es auch daran, dass das Gänsehäufel eines der schönsten Bäder Wiens und Österreichs ist und dass das Ihre Kreativität zu diesem Thema, das

 

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