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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 127

 

Wiener SPÖ, weil hier nichts gemacht wurde.

 

Daher: Nützen Sie wenigstens die noch verbleibende Zeit und schauen Sie, dass Sie so schnell wie möglich die notwendigen Maßnahmen treffen, indem Sie zum Beispiel endlich eine Ausbildungsoffensive ins Leben rufen, eine klare Zuständigkeit im Rahmen der Referatseinteilung und der Landesregierung, aber auch des WWFF und des WAFF schaffen, wo die Verfahren konzentriert werden müssen und so weiter. Trachten Sie danach, dass wir vor allem im Ausbildungsbereich möglichst schnell andere Voraussetzungen schaffen, denn was bisher geschah, war einfach alles zu wenig.

 

Ich möchte nur ein Wort zu der Hoffnung sagen, die da und dort immer wieder anklingt: Wenn Lücken entstehen, dann werden wir einfach Fachleute aus dem Ausland holen. Ich sage Ihnen eines - jetzt unabhängig von einer Quotendiskussion oder Ähnlichem -: Die Bundesregierung könnte für solche Fachleute völlig aufmachen, es würden keine kommen, weil es sie auch im Ausland nicht gibt. Daher müssen wir aus Selbsterhaltungstrieb, aus Verantwortung für die weitere Entwicklung unserer Stadt, aber auch aus Verantwortung für die Jugend - aber nicht nur für die Jugend, sondern durchaus auch für ältere Arbeitnehmer, die Schwierigkeiten mit ihrem Job haben -, so schnell wie möglich die Ausbildungsstätten schaffen, die bisher in Wien nicht vorhanden sind.

 

Erinnern Sie sich: In Deutschland hat es diese Diskussion um die Green Card gegeben. Da wurde angepeilt, dass 20 000 Ausländer hereingeholt werden sollen. Geworden sind es 5 000. Das heißt - das ist der schlagende Beweis dafür -, wir werden diese Lücke, unabhängig von der ganzen Quotendiskussion, selbst wenn wir es freigeben, nicht wirklich auffüllen können. Daher ist es eine ganz, ganz wichtige Sache für die Zukunft, dass hier die entsprechenden Aktionen von Wien gesetzt werden. Ich sehe derzeit keine Ansätze, dass das gemacht wird. Ich kann nur anbieten: Wir sind bereit zu einer Zusammenarbeit auf diesem Gebiet, weil das eben wirklich die Zukunftsfrage unserer Stadt sein wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Wie man es nicht machen soll und wie sozusagen die Gefahr besteht, dass tatsächlich nicht die Demut herrscht, die der Herr Bürgermeister nach dem Wahlerfolg der SPÖ in der Wahlnacht angeschnitten hat, wobei er versprochen hat, dass die SPÖ sich durchaus dieser Demut befleißigen wird, möchte ich an einem Beispiel zeigen: Wenn man davon ausgeht, dass die Demut nach einer Definition des Brockhaus die Eigenschaft ist, sich selbst um anderer Menschen Willen oder angesichts göttlicher Macht - aber das würde ich jetzt einmal im Hinblick auf die SPÖ eher ausklammern - zurückzustellen, dann wäre das an sich ein schönes Ziel. (GR Johann Driemer: Das ist ein solidarischer Begriff!) Nur, die Zeichen, die wir in den wenigen Wochen von Ihnen bekommen haben, gehen eher in die Richtung, dass Sie in die alten Fehler verfallen werden.

 

Ich nehme ein Beispiel heraus, das ist die Frage der Objektivierung im öffentlichen Dienst und da speziell die Besetzung der Direktorenposten in den Schulen. Da waren wir schon weiter, aber momentan hat es den Anschein, dass die Entwicklung in eine negative Richtung geht. Im Jahr 1999 hat der Herr Bürgermeister hier im Gemeinderat versprochen - da war das ganze Assessmentverfahren, also das Auswahlverfahren für die Besetzung der Direktorenstellen noch ein Pilotprojekt, und er hat es sogar für sich reklamiert -, es darf nicht am Geld scheitern, denn es handelt sich hier "um eine Grundsatzentscheidung, die nicht an den paar Netsch" - so hat er sehr plastisch wortwörtlich gesagt - "scheitern kann". Und er hat für sich reklamiert: "Ich habe diesen Weg der Einführung dieses Assessmentverfahrens vorgeschlagen und das wird auch durchgeführt werden."

 

Sie wissen aber, wo wir jetzt stehen. Vergangene Woche sind zehn Direktorenposten an Pflichtschulen besetzt worden - und weit und breit kein Assessmentverfahren! Die SPÖ hat gesagt - das grenzt wirklich schon an Lächerlichkeit -, die Bundesregierung ist schuld daran. Nein, das geht schon voll zu Lasten der SPÖ! Vergessen sind die durchaus positiven Worte vom Herrn Bürgermeister aus dem Jahr 1999, der gesagt hat, an den paar Netsch darf es nicht scheitern, der gesagt hat, dass das eine Grundsatzentscheidung ist und dass er das auch selber – ich will jetzt gar keinen Vaterschaftsstreit beginnen - vorgeschlagen hat. Und kaum ist die absolute Mehrheit vorhanden, ist alles vergessen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genau dieses Beispiel zeigt aber, dass die Befürchtungen, dass es mit der Demut nicht weit her sein wird, berechtigt waren, dass das eben leider nur ein durchaus schöner Begriff war, den man in die Diskussion geworfen hat, an den man sich aber nicht wirklich halten will.

 

Ich kann Ihnen sagen, Sie würden gut daran tun, wenn Sie nicht wieder genau bei diesen Dingen, weswegen viele Wienerinnen und Wiener Sie schon einmal verlassen hatten und Ihnen jetzt teilweise wieder das Vertrauen gegeben haben, in diese alten Fehler zurückverfallen würden, wenn Sie nicht einfach über die Bürger drüberfahren und sagen würden: Mir san mir! Wir können machen, was wir wollen.

 

Da wird Ihnen auch nicht helfen, wenn heute in einer Wochenzeitung steht, Sie hätten eine stille Koalition mit denen, die hier zu Recht links außen sitzen. Das wird Ihnen gar nichts helfen, sondern es würde Ihnen gut anstehen, nicht einem Dezisionismus zu huldigen, nämlich der schrankenlosen Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit, sondern erstens einmal die eigenen Grundsätze - wie etwa bei dieser Auswahl von Führungspositionen in den Schulen - wieder zu beherzigen und nicht über Bord gehen zu lassen und sich insgesamt mehr auf die Gesamtheit zu konzentrieren und nicht nur auf Ihre eigene Partei, denn Sie haben eine Erfahrung auch schon gemacht: Auch Mehrheiten können wieder verschwinden und wir -

 

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