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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 36 von 127

 

ländern einfach nicht.

 

Wenn die Arbeitslosigkeit wieder steigen sollte - wie es auch Martin Margulies gesagt hat -, dann ist das nicht auf die Kinderbetreuungssituation in Wien zurückzuführen, sondern dann ist das darauf zurückzuführen, dass es leider Maßnahmen seitens der Bundesregierung gibt, die Frauen nicht ermächtigen, eigenständig leben zu können, einen Beruf auszuüben, sondern die Frauen wieder vom Arbeitsmarkt drängen, denn Frauen wissen, was sie wollen, aber sie brauchen auch die Rahmenbedingungen dafür, wie wir sie in Wien, soweit es uns selbst möglich ist, zur Verfügung stellen.

 

Was wir sicherlich nicht brauchen, ist ein Körberlgeld, das die Bundesregierung so schön als "Kindergeld" formuliert und wie wir es jetzt leider haben, denn mit diesem Kindergeld - das wird sich in den nächsten Jahren zeigen - werden Frauen vom Arbeitsmarkt gedrängt. Es ist aber auch ungerecht, nämlich Familien, wo beide berufstätig waren, sind benachteiligt gegenüber Familien, wo nur eine Person berufstätig war, bevor ein Kind auf die Welt kam. Und es gibt kein Geld für andere Maßnahmen.

 

Es ist unglaublich, dass die GRÜNEN das gar nicht geglaubt haben, aber Tatsache ist, diese Bundesregierung hat keinen Groschen mehr für Kinderbetreuung in ihrem Budget. Im Bereich der Kindergärten wurde auch in Wien einiges dazu beigetragen - auch noch im Jahr 2000 -, dass es Kinderbetreuungseinrichtungen vermehrt gibt. Aber die Kinderbetreuungsmilliarde gibt es einfach nicht. Ich nehme an, mittlerweile hat es sich auch bei den GRÜNEN herumgesprochen, es gibt keinen Groschen mehr von Seiten der Bundesregierung für Kinderbetreuung.

 

Was es allerdings gibt, ist sehr viel Geld für das Kindergeld. Was heißt Kindergeld? - Kindergeld bekommen alle mit der Gießkanne, ganz egal, ob sie Alleinerzieherinnen oder Unternehmergattinnen sind. Alle bekommen dieses Geld und für andere Maßnahmen ist kein Geld mehr da.

 

Die Zahlen machen es deutlich, nicht nur im Vergleich Wien zu Österreich, zu den anderen Bundesländern, sondern man kann auch international ablesen, wo tatsächliche Familien- und Kinderpolitik gemacht wird und wo nicht. Es ist kein Zufall, dass es in Wien die höchste Frauenerwerbsquote gibt. Es ist kein Zufall, dass es beispielsweise in Schweden die höchste Frauenerwerbsquote von ganz Europa gibt. Was tut Schweden? - In Schweden gibt es auch 25 Prozent mehr Geburten als in Österreich. Das ist vielleicht ein Punkt, den auch die ÖVP, die sich so gerne als Familien- und Kinderpartei sieht, in den Mittelpunkt stellt, aber leider tut sie nichts dazu, sondern das Gegenteil. Warum gibt es 25 Prozent mehr Geburten in Schweden? - Es gibt dort eine ausreichende Anzahl an Kinderbetreuungseinrichtungen. Es gibt dort attraktive Teilzeitmodelle. Es gibt dort einen verpflichtenden Väterkarenz, das berühmte "Papa-Monat" und es gibt ein einkommensabhängiges Karenzgeld. Das heißt, auch mehr Väter sind im Karenz. Das sind letztendlich alles Bedingungen, die es möglich machen, dass Familien wieder mehr Kinder bekommen können und letztendlich familieneigenständig und abgesichert leben.

 

Für Wien habe ich schon genannt, warum es bei uns anders ausschaut, als in anderen Bundesländern. Wir setzen aber auch in anderen Bereichen Akzente, wo die Bundesregierung gerade das Gegenteil tut. Ich möchte nur einen Bereich hervorheben. Wir haben auch letztes Jahr wieder das Wiener Gleichbehandlungsgesetz novelliert, wo wir wieder einen Impuls gegeben haben, um Frauen verstärkt, auch im Rahmen des Wiener Magistrats, zu fördern. Was macht gleichzeitig die Bundesregierung? - Mit dem Objektivierungsgesetz setzt sie letztendlich die Gleichbehandlung außer Kraft.

 

Herr Kollege Tschirf, wenn Sie gemeint haben, wir sollen uns im Bereich der Demokratie mehr trauen, so tun wir das gerade eben. Es hat letzte Woche der erste Unterausschuss zum Wahlrecht stattgefunden. Es sind hier sehr viele Vorschläge eingeflossen. Ich weiß nicht, ob sich das in Ihrer Fraktion nicht herumgesprochen hat, aber genau dieser Unterausschuss hat zum Ziel, mehr Demokratie für mehr Menschen in dieser Stadt möglich zu machen. (GR Dr Matthias Tschirf: Breiter! Wir wollen viel mehr diskutiert haben!) Auch wir wollen, dass mehr Menschen in dieser Stadt am demokratischen Leben teilhaben können. Uns geht es darum, dass nicht nur die Menschen, die Österreicher sind und im Ausland wohnen, wählen können, sondern dass vor allem die Menschen, die in Wien leben und auch hier zahlen, an der Demokratie teilhaben können. Das gilt ebenso für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger wie es auch für jüngere Menschen gilt, weil zum Beispiel auch die Wahlaltersenkung auf 16 Jahre ein deutlicher und großer Schritt zu mehr Demokratie in dieser Stadt bedeuten würde. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Sozialpolitik für die Schwächsten in dieser Stadt heißt aber auch, dass man Menschen, die sich in absoluten Krisen- und Notsituationen befinden, wirklich hilft, nicht in Presseaussendungen mit Lippenbekenntnissen, sondern wirklich hilft, was sich letztendlich im Budget beziehungsweise in Rechnungsabschlusszahlen wieder findet. Ein Beispiel - weil es mir sehr am Herzen liegt - sind zum Beispiel die Opferschutzeinrichtungen. Um es wieder zu erwähnen, auch von dieser Stelle, Wien ist die einzige Stadt, die mit der Eröffnung des vierten Frauenhauses der Europaratslinie nachkommt, dass pro 10 000 Einwohnerinnen ein Platz in einem Frauenhaus sein soll.

 

Was heißt das konkret? - Sie, Kollege Serles - wenn Sie noch im Raum sind -, haben die Subventionen angesprochen, die Sie eigentlich nicht mehr im Rechnungsabschluss finden wollen. Die Wiener Frauenhäuser bekommen eine solche Subvention, nämlich 39 Millionen S dieses Jahr. Das macht möglich, dass Frauen, die sich in derartigen Krisensituationen befinden, in Wien zumindest einen Platz finden. Leider ist

 

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