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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 127

 

Verbindung und Integration. Kultur ist Auseinandersetzung und Provokation. Die Stadt Wien trägt dem in ihrer Kulturpolitik Rechnung.

 

Der vorliegende Kulturbericht 2000 zeigt, wie breit die Palette der geförderten Projekte ist, oder, um es frei nach unserem Kulturstadtrat zu sagen: Für die Kunst kann es nicht gelten, dass sie die Hand, die sie füttert, nicht beißen darf. Der Kärntner Landeshauptmann, der dieses Kulturverständnis der Abhängigkeit der Künstler vom Förderungsgeber geprägt hat, hat am Samstag Abend die Rechnung ja wieder einmal präsentiert bekommen. Ich habe hier (Beifall bei der SPÖ.) eine APA-Aussendung, dass das Konzert abgebrochen worden ist und Pfiffe jedes Wort des Landeshauptmanns übertönt hätten. Haider habe schließlich sichtlich betroffen die Bühne verlassen.

 

Die Kulturpolitik in Wien ist anders als in Kärnten oder auf der Bundesebene. Kultur ist nicht dazu da, um gefällig zu sein. Auch Unangepasstes muss gefördert werden. Damit soll traditionelle Kunst und Kultur, für die Wien weltweit bekannt ist, keinesfalls in Abrede oder hinten angestellt werden. In einer weltoffenen Kulturstadt wie Wien müssen aber auch Mittel und Wege gefunden werden, um den Dialog mit dem Anderen und mit dem Neuen zu fördern.

 

Apropos Neuem und Anderem. Heuer hat Wien von der Vereinigung der Europäischen Veranstalter der Regenbogenparade den Zuschlag für das Europride-Festival bekommen. Damit wurde Wien für den Monat Juni, zumindest aber für das Wochenende der Regenbogenparade, die temporäre Hauptstadt der europäischen Homosexuellen-Bewegung. Das Kulturprogramm in Wien ist das bisher größte in der Geschichte der Europride und das kann auch kein Zufall gewesen sein. Wien ermöglicht dies durch finanzielle Unterstützung und durch ein tolerantes Klima und das soll auch so bleiben! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich bin überzeugt davon, dass mit unserem neuen Kulturstadtrat das Verständnis für einen umfassenden Kulturbegriff in der kommunalen Kulturpolitik garantiert wird. Der Beginn ist bereits gemacht.

 

Stichwort Frauen. Dem Kosmos-Frauenraum, der durch Subventionskürzungen des Bundes akut gefährdet war, wurde rasch geholfen. Er soll auch weiterhin unterstützt werden und eine Plattform für Frauenkunst und Kultur sein.

 

Eine zweite kulturpolitische Entscheidung unseres Andi Mailath-Pokorny: Seit kurzem sind drei Frauen für das Projekt "Theater in den Bezirken" verantwortlich. Gerade wir SPÖ-Frauen freuen uns sehr über diese Entscheidung! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Ohne jemals den Titel "Europäische Kulturhauptstadt" verliehen bekommen zu haben, ist Wien eine der größten europäischen Kulturhauptstädte. Die Wienerinnen und Wiener und vor allem die Touristen schätzen die einzigartige Mischung aus Hochkultur und zeitgenössischer autonomer Kunst- und Kulturszene. Dass es ein gleichberechtigtes Nebeneinander beider Formen auch in Zukunft geben kann, das wird unsere große Herausforderung sein. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzende GR Josefa Tomsik: Ich danke der Frau Gemeinderätin. - Als nächster Redner ist Herr GR Mag Ebinger zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!

 

Bei der heutigen Rechnungsabschlussdebatte sollen wir uns über das letzte Kulturjahr unterhalten. Wir sollen auf Kulturausgaben von 2,4 Milliarden S im Jahr 2000 zurückblicken. Wir sollen aber auch auf ein Jahr der Wende zurückblicken. Auf ein Jahr des sozialistischen Identitätsverlustes. Auf ein Jahr, wo es speziell in Wien en vogue wurde, ein demokratisches Wahlergebnis nicht zur Kenntnis zu nehmen. Auf ein Jahr, wo das Wort "Widerstand" seiner Würde beraubt wurde und wo das absolute Maximum einer möglichen Repression die Kürzung einer Subvention darstellt und selbst hier die Gemeinde Wien in beispielloser Solidarität mit den unterdrückten Mitstreitern und Handlagern gegen die böse, böse Bundesregierung mit ihren Subventionen einspringt. Auf ein Jahr, in dem das Wort "Widerstand" nichts weiter mehr bedeutet als Event (GR Ernst Woller: Sie sprechen von Künstlern als Handlanger! Als Handlanger! Sie sprechen von Künstlern als Handlanger!), das für gewisse Kreise schick ist - ich komme schon noch drauf, warten'S ein bissel! (GR Ernst Woller: Sie sprechen von Künstlern als Handlanger!) -, und wo unter dem Mäntelchen der Kunst stereotyp die Regierung beschimpft wird, ohne jemals ernsthaft auf Dialog aus zu sein. Es ist ja auch so viel bequemer, Herr Woller! Es ist immer das gleiche Vorgehensmuster. Zuerst wird uns mehr oder weniger offen und unter Negierung aller existierenden Gesetze in Österreich unsere demokratische Gesinnung abgesprochen. Ich komme dann gleich mit einem Beispiel.

 

Ich will auch mit einem praktischen Beispiel vorgehen. Frau Ringler war heute so freundlich und verbindlich. Trotzdem habe ich hier die Homepage von Public Netbase, und da sehe ich gleich: "government-austria.at. offers a virtual alternative to Austria's far right government by proposing models and concepts for a truly democratic information society." Truly democratic! Man unterstellt uns also quasi, dass wir nicht "truly democratic" sind. Und das hat zur Folge, dass man uns ungestraft als Parias behandeln kann. Wenn man immer von weltoffenem Miteinander und von Toleranz redet, dann ist es klar, dass die sich so selbst ernannten Gutmenschen, die, wie sie sich nennen, die echten Demokraten, die linken Aktivisten freiheitlich ... (Heiterkeit bei der SPÖ.) Na, Sie wollten ein bissel Fundamentalopposition. Jetzt haben Sie es, damit ein bissel Schwung in die Debatte kommt, net, nachdem sich alle gegenseitig ... Freiheitliche nicht eingeschlossen, meine Damen und Herren!

 

Aber Spaß beiseite, das ist nicht tolerant! Das ist vor allem auch nicht demokratisch. Das ist diskriminierend.

 

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