Gemeinderat,
3. Sitzung vom 26.6.2001, Wörtliches Protokoll
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sage das nur deshalb, weil Ihre Kollegin Malyar vorhin so von
Gesprächskultur gesprochen hat. Ich nehme das gerne auf, ich bin ein Freund von
Gesprächskultur. Machen Sie das, melden Sie sich zum Wort und reden Sie von
hier aus! (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Ich greife Ihre Anregung durchaus auf, Herr Kollege
von den GRÜNEN, die Verpolitisierung im Schulwesen.
Wir erleben das zur Zeit auch im Bereich der Gymnasien. Da kriegen unsere
Kinder Flugzettel mit, die bringen sie mit nach Hause, und da steht dann drauf:
"Bundesgymnasium. Liebe Eltern und Erziehungsberechtigte!" Und dann
schreibt man hier, was da in diesen Budgetbegleitgesetzen vorgesehen ist. Da
steht zum Beispiel drinnen: "Eine neue Regelung der Supplierungen. Die
erste Supplierstunde in der Woche ohne Bezahlung, restliche Supplierstunden
werden durch eine Pauschale abgegolten, die für einen Großteil unserer Kollegen
eine deutlich geringere Entlohnung bedeutet. Nichteinrechnung der Klassenvorstands-
und Kustodentätigkeit in die Lehrverpflichtung. Diese Tätigkeiten werden vom
Dienstgeber nur mehr als administrative Tätigkeiten gesehen und in Form von
Zulagen bezahlt. Dadurch werden nicht nur Arbeitsplätze in unserem Bereich
gefährdet, sondern auch die vielfältigen pädagogischen Aufgaben der
Klassenvorstände und Kustoden dem Idealismus der Lehrerinnen und Lehrer
überlassen."
Daher kommt dann hier eine Ankündigung all dessen, was man in Zukunft nicht
mehr machen wird.
Es wird zum Beispiel keine Verteilung von Werbematerial mehr durch Lehrer
geben. Das finde ich an sich grundsätzlich in Ordnung.
"Keine Kontrolle der Einzahlungen von Selbstbehalten der
Schülerfreifahrt." - Die WIENER LINIEN werden eine wirkliche Freude haben.
"Einschränkung der Auskunfts- und Beratungstätigkeit auf die
gesetzlich vorgeschriebenen Zeiten." - Ich kenne Eltern, die werden sagen:
Endlich!
"Aussetzen der ehrenamtlichen Tätigkeit: Jugendrotkreuz,
Wettkampfleitungen, Schülerliga." - Na ja, dann ist mehr Zeit für die
unterrichtliche Tätigkeit da. Ich weiß auch nicht, ob das nur Entsetzen
auslösen wird, und noch ein paar weitere Punkte.
Trotzdem ist es so, dass man hier klare Position beziehen sollte. Nicht nur
deshalb, weil diese Aussagen auch von einem Schuldirektor unterschrieben
werden. Ein Schuldirektor ist bei einem Gymnasium Dienststellenleiter, also
Dienstgebervertreter. Das nur am Rande.
Apropos am Rande Dienstgebervertreter. Die Frau amtsführende Stadtschulratspräsidentin
ist ja auch Dienstgebervertreterin und die war da ein bisschen hin und
hergerissen, welche Position sie jetzt bei den Boykott-Maßnahmen einnehmen
soll: Die jetzt als BSA-Vorsitzende im Bereich der AHS-Lehrerschaft oder jetzt
als Dienstgebervertreterin? - Ich glaube, man soll ihr hier durchaus auch
hilfreich zur Seite stehen. Es ist auch so, dass der Wiener Gemeinderat nach
meiner Ansicht nach auch hier klar Position für die Schülerinnen und Schüler
beziehen sollte, wenngleich der Wegfall dieser angekündigten Leistungen, die
für die Eltern zum Teil sehr kostenaufwendig sind, eine Entlastung für die
Familienbudgets bedeutet, der Unterricht durch nicht notwendig werdende
Supplierstunden kontinuierlicher und - das wird Sie auch natürlich freuen, nehme
ich an - für den Dienstgeber kostengünstiger abläuft und mehr Zeit für den
traditionellen Unterricht in der Klasse frei wird, stellen ein- und mehrtägige
Schulveranstaltungen beliebte Höhepunkte eines Schuljahres dar und der soziale
Wert dieser Veranstaltungen ist ja jedem echten Pädagogen bekannt.
Nach unserem Antrag sollte der Wiener Gemeinderat auch zum Ausdruck bringen,
dass er die Ansicht vertritt, dass es Ausdruck der solidarischen Gesinnung ist,
dafür Sorge zu tragen, dass Kündigungen von Vertragslehrern beziehungsweise das
Auslaufen von Anstellungsverträgen vermieden werden sollen - das ist nämlich
die Intention auch dieses Bundesbugetbegleitgesetzes - und gleichzeitig eine
die zukünftigen Generationen entlastende Budgetsanierung vorgenommen wird. Aus
dieser Sicht sind die getroffenen Maßnahmen auch als sehr moderat einzustufen.
Weiters vertritt der Wiener Gemeinderat die Ansicht, dass die von Teilen
der AHS-Lehrerschaft angekündigten Boykott-Maßnahmen nicht auf dem Rücken der
Schülerinnen und Schüler ausgetragen werden sollen und schon alleine deshalb abzulehnen
sind. Wir werden auch hier einen Beschlussantrag einbringen und ebenfalls um
die sofortige Abstimmung ersuchen.
Ich glaube, es sollte hier klargemacht werden, wer welche Position
unterstützt. Das können wir dann gerne auch öffentlich weiter erörtern.
Meine Damen und Herren! Ich habe eingeleitet, indem ich gesagt habe, ich
gehe auf meine Vorrednerinnen und Vorredner ein. Zur Frau Kollegin Malyar habe
ich schon ein bissel was zur Gesprächskultur gesagt. Zwei Sachen noch als
Reaktion. Sie haben einen sehr richtigen Satz gesagt. Ich unterstreiche
"einen" nun "sehr richtig": "Das Geld ist
begrenzt." - Jawohl, das Geld ist begrenzt. Das hat die FPÖ auch mit
Eintritt in die Bundesregierung durchaus sehr schmerzvoll erfahren müssen. Ich
sage Ihnen das auch gleich noch im Detail. Und warum wir nicht zustimmen,
wollen Sie wissen. Das kann ich Ihnen auch sagen: Lesen Sie sich Ihre Rede
durch und Sie finden die Antwort.
Wir haben das sehr schmerzvoll erfahren müssen.
2 200 Milliarden S Schulden und eine ungedeckte Steuerreform.
Also, eine Steuerreform, die rot und schwarz im Nationalrat beschlossen und der
Finanzminister Edlinger seinen Sanktus dazu gegeben hat, wissend, dass es dafür
keine finanzielle Bedeckung gibt. Das Geld ist begrenzt. Das war ein
ungedeckter Wechsel auf die Zukunft, den man hier gezogen hat, und was auf
Wechselreiterei üblicherweise steht, werden Sie vielleicht wissen. In dem Fall
ist der Wähler zu der Erkenntnis gekommen, dass es doch ganz
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