Gemeinderat,
3. Sitzung vom 26.6.2001, Wörtliches Protokoll
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Regierung geht. Dass
so etwas wie die Messe, ein 2,5-Milliarden-Projekt, einfach so vergeben wird,
ist indiskutabel. Das zeigt eine grundsätzliche Herangehensweise, die fast noch
ärger wird, wenn man nachher sagt: Wir haben eh den Peichl drübergehen lassen!
- Da zeigt sich ein vollkommenes Missverständnis darüber, wie man das Bauen in
einem relevanten öffentlichen Raum umsetzt.
Wir haben
einen Antrag eingebracht. Weil es mir damit so ernst ist, weil er mir so
wichtig ist, möchte ich - ich werde ihn nicht noch einmal einbringen, sondern
er ist, hoffe ich, schon irgendwie in Behandlung - noch einmal im Inhaltlichen
darauf eingehen, weil er in einer gewissen Weise auch den Kern unseres Planungsverständnisses
darstellt.
In manchen -
leider zu wenigen - Medien, in manchen Veranstaltungen, speziell solchen der
Architektenschaft, wird vehement darauf gedrungen, eine Totalreform der
Wettbewerbe vorzusehen. Wenn man davon ausgeht, dass Planen ein öffentlicher
Akt ist, Herr Stadtrat, dann ist es auch ein Wettbewerb. Dabei gibt es
verschiedene Verfahren für Wettbewerbe, das heißt, nicht immer nur anonyme,
sondern es gibt die unterschiedlichsten Möglichkeiten, wie man das machen kann.
Der Aufruf, dass sich Alternativen präsentieren müssen, und eine qualifizierte
Jury auch öffentlich begründet, warum das Verfahren A und nicht das
Verfahren B umgesetzt wird, ist meiner Ansicht nach ein Schlüssel zur
Demokratisierung in der Architektur und in der Stadtplanung.
Erstens geht
es beim Rechnungsabschluss ganz banal darum: Qualitätssichernde Verfahren
kosten zwar wenig Geld, aber sie kosten auch Geld. So muss den zuständigen
MA 18, 19 und 21 auch das Geld gegeben werden, um derartige Verfahren durchzuführen.
Auch ist sicherzustellen, dass es um eine verbindliche Verfahrensordnung geht,
wie zum Beispiel diese Bauträgerwettbewerber - ich weiß, dass das auch im
Schnittfeld mit StR Faymann liegt - und diese Verfahren umgesetzt werden
könnten.
Es geht sehr
stark um die Öffentlichkeit und die Qualität der Wettbewerber. Ich nenne Ihnen
dafür ein schlechtes, ein ganz schlechtes Beispiel, den so genannten
Schönbrunn-Wettbewerb, der in ein paar Wochen ein Ergebnis erbringen soll. Wer
auch immer von den Damen und Herren Beamten dafür verantwortlich zeichnet -
wenn so etwas das nächste Mal daherkommt, werden wir noch lauter aufschreien.
Man sagt nicht
mutig, was für eine Richtung man in gewissen Bereichen von der Stadt her
vorsieht. Zum Beispiel das wäre mutig: Unsere Position, unabhängig vom Ergebnis
des Wettbewerbs, ist, dass dort, wo jetzt eine Kaserne steht, historisch ein
großer Park war und das soll weitgehend wieder als Park zugänglich gemacht
werden. - Wie das dann in der Ausformung genau umgesetzt werden kann, das soll
und kann durchaus ein Wettbewerb klären. Aber zu sagen: da haben wir eine
Fläche, darauf steht jetzt eine Kaserne, die vielleicht irgendwann einmal
wegkommen wird, was könnten wir denn dort machen?, und dazu einen
Architektenwettbewerb zu machen, ist absurd.
Das riecht
nach etwas anderem, vor allem im umstrittenen Bereich der Steyr-Gründe, die
jetzt der Bank Austria Immobilien gehören. Man sagt nicht, welche Form von
Verdichtung gemeint ist - Klammer auf: das war ja das Umstrittene, Klammer
geschlossen -, oder durchaus auch beschreibend wäre, welche Art von Nutzung in
diesem sensiblen Gebiet interessant wäre - wie ich zuerst gesagt habe: Trennung
von Dichten- und qualitätsmäßigem Entwurf -, sondern man sagt: Hallo, da haben
wir eine Fläche, was könnten wir denn dort machen?
Das ist kein
Wettbewerb, meine Damen und Herren! Das ist kein Wettbewerb und dann läuft das
Ganze noch durchaus parallel in der Weise, dass die Schönbrunn-Gesellschaft ihr
eigenes Verfahren mit Herrn Prof Rainer macht und dass die Stadt Wien parallel
dazu etwas macht. Ich bin gespannt, was herauskommen wird, wenn man das
umsetzt.
Ein Detail war
interessant, ist aber wieder gefallen, und das ist mein Anliegen. Ursprünglich
war - da hätte schon, glaube ich, diese Woche die Jury sein sollen - etwas ganz
Neues geplant: dass die Jury tagt, aber am Tag vor der Entscheidung
AnrainerInnen Zugang zu allen Projekten haben und ihre Meinung sagen können,
bevor die Jury entscheidet. Das halte ich für einen ganz interessanten, ganz
wichtigen weiteren Schritt, indem wir sagen: Ja, Demokratisierung noch vor dem
Verfahren!
Wir sind jetzt
nicht dafür, dass über Verfahren abgestimmt wird, nämlich abgestimmt im Sinne
einer klassischen Abstimmung. Aber dass eine Jury, bevor sie entscheidet, Kenntnisse
einholt, die von Anrainern gegeben sind, sie auch bewertet und insofern in die
Entscheidung einschließen lässt, finde ich für sehr interessant. Ich weiß ja
nicht, wann die Schönbrunn-Jury endgültig tagen soll. Ich würde jedoch sehr darauf
dringen, dass diese kleine, aber wichtige Innovation entsprechend beibehalten
wird.
Ein Nächstes
an politischen Grundvoraussetzungen für eine Jury ist, wer dort drinsitzt. Es
waren sehr renommierte Architekten, die gesagt haben: Sag mir, wer in der Jury
sitzt, und ich sage dir, welcher Entwurf gewinnt. Es geht um dieses Hin- und
Herhüpfen: Einmal bin ich prominenter teilnehmender Architekt, einmal sitze ich
in der Jury, und - sagen wir es einmal weich, um hier nicht etwas anderes zu
sagen - eine Hand kennt die andere. Da liegt es sehr wohl an der öffentlichen
Hand, über die Zusammensetzung der Jury Qualität wirklich sicherzustellen und
zu sagen, warum ich prinzipiell eine bestimmte Anzahl von internationalen
Besetzungen von Menschen befürworte, die in Wien noch nicht gebaut haben,
vielleicht auch gar nicht in Wien bauen wollen und insofern auch kein Interesse
haben, gewissen Seilschaften, die es auch in der Architektenschaft gibt, die
Hand zu reichen.
Der nächste Punkt
ist, Jurysitzungen transparent und nachvollziehbar zu machen, damit so etwas
wie
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