Gemeinderat,
3. Sitzung vom 26.6.2001, Wörtliches Protokoll
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setzgebung, gibt es
auch eigene Vollzugsgesetze in den Ländern und in den Gemeinden. Und ich meine
auch, dass Wien in Ermangelung eines Bundesgesetzes den Weg gehen könnte,
einmal den guten Anfang bei sich selbst zu machen und ein Landesdiskriminierungsgesetz
zu schaffen. Vielleicht allerdings gäbe es die Möglichkeit, eine Arbeitsgruppe
zumindest zu diesem Thema hier im Hause einzurichten und in den nächsten Jahren
zu einer Einigung zu kommen. Also, ich verliere hier nicht die Hoffnung.
Und vielleicht
so als Abrundung ein kleiner Beitrag Wiens zum europäischen Jahr der Sprachen.
Es könnte auch sein, dass eine feierliche kleine Publikation darüber, welche
Sprachen in der Stadt gesprochen werden insgesamt, welchen Ursprung diese
Sprachen haben und teilweise auch wo sie gelehrt werden und wie man sie lernen
kann, wenn man Interesse hat, herausgegeben wird. Vielleicht ist so etwas
bereits geplant, aber so es nicht geplant ist, hätte wir ja noch ein paar
Monate Zeit, um das zu machen, als Beitrag der Stadt zum Jahr der Sprachen.
Also, meine
Damen und Herren, wenn so viel zu tun ist, folgen natürlich bald Argumente,
warum man sich das alles nicht leisten kann und beziehungsweise auch warum man
das alles nicht gleich angehen kann. Ich denke freilich, das ist alles eine
Frage des Erkennens, des Setzens von Prioritäten und des effizienten Einsatzes
von finanziellen Mitteln, was ja auch mitunter Thema dieser Debatte heute sein
soll.
In meinen
Augen misst sich ein effizienter Einsatz von Mitteln heutzutage unter anderem
an folgenden Faktoren, die gerade für eine Menschenrechtspolitik, eine Integrationspolitik,
Behindertenpolitik, eine Politik für Lesben und Schwulen enorm wichtig sind. Zunächst
einmal wäre hier hervorzuheben die Differenziertheit der Angebote. Hier geht es
darum zu begreifen und auch wahrzunehmen, dass in einer Stadt so viel Vielfalt
vorhanden ist, dass es nicht möglich ist, Dienstleistungen so zu gestalten,
dass man sagt, hier ist ein Null-Acht-Fünfzehn-Bürger, Dienstleistungen werden
so gestaltet, dass sie ihm gerecht werden. Und alle diejenigen, die diesem
Muster nicht entsprechen, sei es weil sie Frauen sind, weil sie Kinder sind,
sei es weil sie Senioren sind, weil sie Migranten sind, weil sie Lesben oder
Schwule sind, weil sie behindert sind, egal, all diejenigen haben ein Problem,
die sollen schauen, wo sie bleiben. Die Differenziertheit der Angebote, wie
gesagt, ist hier ein sehr wichtiges Kriterium und die könnten wir schon
deutlich verbessern. In diesem Zusammenhang erwähne ich und fordere ich mit
Vehemenz die Einführung der 24-Stunden-Assistenz, die Wohnbürgerschaft für
MigrantInnen als differenziertes Angebot der Stadt Wien an eine große
Bevölkerungsgruppe und des Mainstreams der Mehrsprachigkeit, was ich bereits
erwähnt habe.
Ein zweites
Kriterium ist für mich das Erzielen von messbaren Änderungen und Besserungen in
den angestrebten Bereichen. Das heißt, wenn wir beispielsweise den Anteil von
Migranten unter dem Personal der Stadt Wien erhöhen möchten, so haben wir zu
erheben, wie viele gibt es jetzt, an welchen Positionen, wir haben Förderungspläne
zu erstellen und wir haben letztlich in fünf Jahren zu messen, welche Besserungen
haben wir erzielt.
Ein drittes Kriterium, das
sehr wichtig ist für mich, ist das Lenken und Erzeugen von Verhalten. In diesem
Zusammenhang fordere ich endlich ein Antidiskriminierungsgesetz, das, wie wir
alle wissen, auch sehr viel im Bewusstsein der Menschen ändern würde und nicht
nur den Betroffenen die Möglichkeit geben würde, sich wehren zu können, aber
auch vielleicht dass die Stadt Wien den Weg geht, vermehrt Kooperationen mit
Betrieben und Unternehmen einzugehen, um hier vielleicht effektive
Migrantenförderung oder Behindertenförderung in den Betrieben und in den Unternehmen,
die in dieser Stadt angesiedelt sind, zu erreichen. Und last but not least
natürlich misst sich effizienter Einsatz der Mittel an der gesellschaftspolitischen
Bewegkraft der Maßnahmen und damit bin ich bei der Wiener Ehe angelangt.
Es ist bereits erwähnt
worden, ja, wir haben die Wiener Ehe nicht vorgeschlagen, weil wir der Meinung
sind, dass damit die Diskriminierung von Lesben und Schwulen der Stadt wirksam
beendet oder gar behoben wird. Die Wiener Ehe ist ein Schritt, der eine große
symbolische Wirkung hätte und sehr wohl auch eine gesellschaftspolitische Bewegkraft
hätte.
Das ist ein mutiger Schritt, damit steht es eins zu
null für die Stadt Wien gegenüber dieser wirklich - in dem Fall muss ich das
sagen - feigen und unmenschlichen Politik, die von der Bundesregierung her
betrieben wird. Es ist ein Bekenntnis der Stadt zu Offenheit, zu Weltoffenheit
und dazu, dass Menschen in der Stadt eben verschieden sind, dass sie daher aber
nicht diskriminiert werden dürfen. Ich betrachte es als eine Verpflichtung von
uns, das zu unternehmen, was in unserer Macht liegt. Das ist bescheiden, was in
unserer Macht liegt. Wenn die Möglichkeit, eine symbolische Ehe für Lesben und
Schwule in der Stadt zu schaffen, in unserer Macht liegt, dann sollten wir,
denke ich, diesen Schritt setzen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Deswegen haben wir den entsprechenden Antrag bereits
eingebracht, und zwar bewusst auf Zuweisung. Denn ich weiß, dass für einen
solchen Schritt sehr wohl ein breiter Diskussionsprozess notwendig ist und ich
hoffe sehr auf eine sehr fruchtbare Debatte im Ausschuss.
Voraussetzung für all diese Dinge, die ich aufgezählt
habe - und ich habe mir bewusst etwas länger Zeit gelassen; wer mich kennt,
weiß, dass ich es mit meinen Reden meistens sehr kurz halte, aber einmal in
fünf Jahren gönnt man es sich doch, ein bisschen weiter auszuholen und das eine
oder andere zu erläutern -, ist es, dass man die Handlungsfelder erkennt, dass
man sich dafür zuständig sieht und sich dafür auch zuständig fühlt.
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