Gemeinderat,
4. Sitzung vom 27.6.2001, Wörtliches Protokoll
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nicht für notwendig. Aber die Verkäuferseite selbst hat
diese Bankgarantie angeboten.
Nun wird es nochmals interessant, denn die
Verkäuferseite bittet nun die Stadt Wien um Bekanntgabe, in welcher Höhe diese
Bankgarantie sein soll. Über eine Antwort gibt es keine Aussage im Akt, kein
Schriftstück findet sich dazu. Wie ist das zu erklären? Gibt es niemanden, der
sich damit auseinander gesetzt hat? Sollte nur einfach der Vertrag schnell
fertig gemacht werden, damit er schnell durch den Ausschuss geht, damit wir ihn
jetzt noch, nämlich vor Ende Juni, abschließen können, weil es da ja auch
vertragliche Bedingungen gibt, sodass dieses Verkaufsanbot so lange hält? Oder
vielleicht weil der Herr Liaunig am 11. Juli Geburtstag hat, damit man ihm
auch ein kleines Geburtstagsgeschenk machen kann? - Das kann es wohl nicht
sein! (GR Johann Driemer: Übertreiben Sie
doch nicht!)
Jedenfalls ist nicht klar, wie hoch die Bankgarantie
sein soll. Das kann man auch nicht wissen, weil, wie wir zuvor gehört haben,
die MA 45 auch festgehalten hat, dass nähere Kostenschätzungen zur
Dekontaminierung nicht möglich sind. Da nähere Kostenschätzungen nicht möglich
sind, kann niemand von der Stadt Wien sagen, wie hoch die Bankgarantie sein
soll. Daher wird es wahrscheinlich auch keine Bankgarantie geben. Wir werden
sehen, ob in Zukunft vielleicht die Steuerzahler herangezogen werden oder
nicht, denn Waagner-Biro existiert nicht mehr. Das Vermögen ist nicht mehr
vorhanden. Aus den Zahlen haben Sie klar gesehen, dass
405 Millionen S sofort an die Bankgläubiger gehen. Also, wo ist da
noch ein Vermögen, mit dem man zusätzliche Dekontaminierungskosten bezahlen
könnte?
Wir stellen aus diesem Grund folgenden
Beschlussantrag: "Der amtsführende Stadtrat für Wohnen, Wohnbau und
Stadterneuerung möge durch entsprechende Nachverhandlungen des Kaufvertrags
sicherstellen, dass dem Wiener Steuerzahler über die Kaufsumme hinaus keine
weiteren Kosten, speziell für die Sanierung der Kontaminationen, entstehen
..."
In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige
Abstimmung des Antrags. (Beifall bei der
ÖVP.)
Lassen Sie mich nochmals ganz kurz zusammenfassen:
Die Dienststellen der Gemeinde Wien haben - wie auch aus dem Aktenvorgang
hervorgeht - 108 000 Quadratmeter an Bedarf angemeldet. Gekauft
werden 140 000 Quadratmeter. Das bedeutet, es wird um rund ein
Drittel mehr gekauft, als notwendig ist. Sie können sich diese
32 000 Quadratmeter auch umrechnen mit dem Quadratmeterpreis von
3 636 S, wie viel das nun ausmacht, und ob dies nun wirklich
notwendig ist, dass wir diese Überzahlung auch in Kauf nehmen, obwohl wir es
nicht benötigen. Wir wissen nicht, wie hoch die Kontaminierung dort wirklich
ausfällt, wir haben dafür noch keine Bankgarantie, nur das Angebot. Wir wissen
auch nicht, welche Bank diese Bankgarantie geben kann, bei einem Unternehmen,
das in Konkurs ist.
Es ist daher eindeutig nicht nur nicht unrichtig,
dieses Rechtsgeschäft abzuschließen, sondern natürlich auch strategisch falsch,
bei einer Bodenreserve von knapp 6 Millionen Quadratmetern ein
weiteres Grundstück anzukaufen, das überhaupt nicht notwendig ist und hier
übergeführt werden muss, das noch dazu ein Riesenrisiko für die Steuerzahler
beinhaltet, man nämlich nicht weiß, wie hoch diese Kontaminierungskosten noch
sind.
Wir können daher diesem Rechtsgeschäft keine
Zustimmung geben. Ich bitte die Regierungsfraktion, auch ihr Verhalten nochmals
zu überdenken. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als nächster Redner ist Herr GR Ing Wolfram zum
Wort gemeldet. - Bitte.
GR Ing Gunther Wolfram (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich werde es etwas kürzer machen als mein Vorredner,
GR Gerstl.
Sehr zornig war der Herr Bürgermeister, nachdem im
März 1999 die Massenkündigungen bei der Auricon-Tochterfirma Waagner-Biro
ausgesprochen wurden. Wir von der Baubranche waren nicht zornig, wir waren erschüttert
über die Tatsache, wie man dieses so renommierte Unternehmen kurzerhand
zusperrte!
Jene Stahlbaufirma, die noch kurz davor die
Stahlbrücken der Tangente bei voller Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs
sanierte, jene Firma, die national und international großes Ansehen hatte,
wurde in den Konkurs getrieben. Der Zorn vom Herrn Bürgermeister war
berechtigt. Er warf damals dem Industriellen und Auricon-Miteigentümer, Herbert
Liaunig, wie man heute schon gehört hat, Wortbrüchigkeit vor. "Ausbeuter"
war damals die Rede vom Herrn Bürgermeister, "der die SPÖ noch kennen
lernen wird", und so weiter, worauf Liaunig nichts Besseres zu tun hatte,
als den Herrn Bürgermeister zu klagen, anstatt sich um die 250 gekündigten
Mitarbeiter zu kümmern. Jedoch wurde das Verfahren - aus welchen Gründen auch
immer - ruhend gestellt. Es hat den Anschein, dass es überhaupt eingestellt
wird, da plötzlich der Zorn vom Herrn Bürgermeister verraucht ist, denn die
beiden Herren Liaunig und Häupl einigten sich über den Ver- und Ankauf der
Waagner-Biro-Liegenschaften in Stadlau.
Für dieses Areal von 14 Hektar soll die Stadt Wien von
der "Waagner-Biro" Anlagenverwaltungs- und Planungs-AG - wie wir
heute schon mehrmals gehört haben - 528 Millionen S bezahlen. Das
entspricht einem Kaufpreis von zirka 3 700 S pro Quadratmeter. Das
ist ein sehr stolzer Preis, vor allem wenn wir wissen, dass der Wiener
Wirtschaftsförderungsfonds - wie wir heute auch schon gehört haben - im
Nahbereich des Areals zwischen 2 000 S und 2 500 S pro
Quadratmeter für Betriebsansiedlungen verlangt. Das wissen auch die Herren der
Stadt Wien, denn die Verhandler mit der Auricon wollten, laut einem
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