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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 21.9.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 105

 

Behandlung sein, ob eine Veranstaltung bestimmten Qualitätskriterien folgen kann, ob zu erwarten ist, dass diese Veranstaltungen für die Wiener Bevölkerung und darüber hinaus auch für das Ausland, für die Touristen, von Interesse sind, und dass nach solchen Kriterien zu entscheiden ist. Das ist im vorliegenden Fall beim Wiener Stadtfest so gewesen. Bis jetzt war es so in der Vergangenheit und wir werden auch in Zukunft sehr darauf achten, dass die Qualitätserfordernisse erfüllt werden und dann unsere Zustimmung geben.

 

Als Berichterstatter im konkreten vorliegenden Fall ersuche ich um Zustimmung zum vorliegenden Akt.

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Wir kommen nun zur Abstimmung.

 

Ein Gegen- oder Abänderungsantrag wurde nicht gestellt.

 

Ich bitte jene Damen und Herren des Gemeinderats, die dem Antrag des Herrn Berichterstatters zustimmen wollen, die Hand zu heben. - Das ist mehrheitlich gegen die Stimmen der Freiheitlichen und der GRÜNEN angenommen.

 

Es gelangt nunmehr die Postnummer 33 (PrZ 138/01-M07) der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft die Änderung eines Vertrags zwischen der Stadt Wien und der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft.

 

Ich bitte den Berichterstatter, Herrn GR Dr Michael LUDWIG, die Verhandlung einzuleiten.

 

Berichterstatter GR Dr Michael LUDWIG: Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden Akt.

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Frau GR Pilz. Ich erteile es ihr.

 

GR Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Das Boltzmann-Institut für Stadtgeschichtsforschung übersiedelt in den Gasometer. Das soll uns ein Anlass sein, einmal kritisch nachzuschauen, was es an Vergangenheitsbewältigung in der Boltzmann-Gesellschaft geben müsste und geben soll.

 

Sie wissen, dass den Wiener GRÜNEN die Vorgänge, die Verbrechen, die es während der NS-Zeit am Spiegelgrund gegeben hat, die Aufklärung dieses Verbrechens, die späte Aufklärung, ein sehr, sehr großes Anliegen sind. Und zur Aufklärung dieser Angelegenheiten muss man auch in die Geschichte der SPÖ, in die Geschichte des BSA und in die Geschichte der Boltzmann-Gesellschaft schauen. Die GRÜNEN haben daher am 1. August an den Herrn Bürgermeister eine Anfrage mit einigen Fragen zu den finanziellen Zuwendungen an die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft gestellt. In der Folge hat Herr StR Rieder auch sehr rasch reagiert und das möchte ich auch hier wirklich positiv anmerken.

 

Eine Forderung aus unserer Anfrage wurde schon umgesetzt, nämlich die Archive des BSA werden geöffnet. Das war nämlich eine unserer Anfragen, warum es denn nicht möglich ist, dass für die Forschung und Wissenschaft und für die Geschichtsbewältigung hier ein Zugang gegeben wird.

 

Ein Zweites wurde erledigt oder wird erledigt, wird endlich, endlich erfolgen, und das wird die Zur-Ruhe-Bettung der sterblichen Überreste jener Kinder vom Spiegelgrund sein, die immer noch als Präparate verfügbar waren. Diese Beerdigung wird im nächsten Jahr veranlasst werden. Es ist zu spät und höchst an der Zeit und gut, dass es endlich erfolgt.

 

Warum wir trotzdem jetzt über die Boltzmann-Gesellschaft reden wollen? - Der Anlass ist, dass wir möchten, dass die Aufklärung, die Vergangenheitsbewältigung nicht bei dieser Archivöffnung und bei dieser längst überfälligen Zur-Ruhe-Bestattung überbleibt. Vielleicht haben Sie wie ich das Buch gelesen "In den Fängen des Dr Gross". Da wird einem erstens schiach und schaurig, wenn man sieht, unter welchen entsetzlichen Bedingungen hier Kinder um ihr Überleben gekämpft haben, denen ein mordender Staat, eine mordende Diktatur das Lebensrecht abgesprochen hat.

 

Und das Schlimme am Nachkriegsösterreich ist die Tatsache, dass es möglich war, dass Akteure, die bekanntermaßen Akteure bei diesem Verbrechen waren, Eingang fanden ins politische und gesellschaftliche Establishment und der Herr Gross Mitglied des BSA werden konnte, ein beachteter, geachteter Gutachter. Und das betrifft jetzt die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft: 1968 wird das Ludwig-Boltzmann-Institut zur Erforschung der Missbildungen des Nervensystems gegründet und - erraten - mit dem Herrn Gross besetzt.

 

Ich denke, hier gibt es Aufklärungsbedarf. Hier gibt es Bedarf, die Vergangenheit anzuschauen und Klarheit in die eigene Geschichte der eigenen Institution zu bringen. Dazu gehört für uns auch, schlicht nachzuschauen, was dieses Institut gemacht hat, wie die Gelder, die Subventionen, die reichlichst geflossen sind, verwendet wurden. Es gibt aus einer langen Periode dieses Instituts keine Evaluierungen, keine Publikationen, die eigentlich klarlegen würden, wofür die reichlichen Mittel auch verwendet wurden. Überdies hat es eine hohe Bildung von Rücklagen gegeben. Das ist ja wohl auch nicht im Sinne des Erfinders von Subventionen.

 

In diesem Zusammenhang ist auch eine Frage nach einem sehr mächtigen Mann innerhalb der SPÖ, nach dem Herrn Bandion, zu stellen, der wie Gross Mitglied des BSA war und geschäftsführender Vorstand in der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft ist.

 

Wir wollen schon wissen, wieso gleichzeitig die Räumlichkeiten des Privatbüros des Herrn Bandion in der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft untergebracht sind und wir wollen Klarheit und Aufklärung, wer die Miete bezahlt und ob es hier eine sichtliche und korrekte Unterscheidung zwischen den Räumlichkeiten der Boltzmann-Gesellschaft und den Privaträumen des Herrn Bandion gibt.

 

Wir hoffen, dass die Öffnung des BSA-Archivs ein Anfang für eine Aufklärung ist, die Not tut, für eine

 

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