Gemeinderat,
5. Sitzung vom 21.9.2001, Wörtliches Protokoll
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Wenn die Frau
Stadträtin meint, im Voranschlagsentwurf für das Jahr 2002 seien Einnahmen
enthalten im Bereich der Wiener Rettungsdienste, die es seit dem Jahr 2000
nicht mehr gibt, dann schreit das geradezu nach einer Sonderprüfung durch das
Kontrollamt.
Wenn die Frau
Stadträtin sich über die angewachsenen Schulden beklagt, dann ist es, glaube
ich, zweckmäßig und richtig, das Kontrollamt zu ersuchen, die Entwicklung der
Schulden im Gesundheitsressort zusammenfassend darzustellen.
Und letztlich
hat die Frau Stadträtin beziehungsweise die MA 47 im Zuge dieser Diskussion
mit dem Finanzressort auch bereits eine Reihe von Einsparungsvorschlägen
gemacht, die allesamt einschneidend sind und die wir vom Kontrollamt auf ihre
Zweckmäßigkeit und soziale Verträglichkeit überprüft wissen wollen.
Meine Damen
und Herren, der Brief ... (VBgm Dr Sepp
Rieder: Welches Papier meinen Sie?) Nun, ich meine dieses Papier der
MA 47, das anscheinend dem Falter vorliegt, in dem eine Reihe von
dramatischen Einsparungsvorschlägen enthalten sind. Ich halte fest, es ist
geplant ... (VBgm Dr Sepp Rieder: Das
sind also nicht die Vorschläge!) Herr Rieder, ich halte fest, ich beziehe
mich auf das, was der Öffentlichkeit bekannt ist. Es kursieren sichtlich
Einsparungsvorschläge (VBgm Dr Sepp
Rieder: Nun, da ist ja Pittermann nicht drinnen!), das muss man sich auf
der Zunge zergehen lassen, die die Heimhilfe um 10 Prozent zurückfahren
wollen, Wäschedienst und Besuchsdienste um 20 Prozent, den
Reinigungsdienst einstellen wollen und die städtische Kostenübernahme bei Essen
auf Rädern um die Hälfte kürzen wollen.
Ich erinnere
mich an den Wahlkampf, da haben Sie der Bundesregierung vorgeworfen, sie sei
verantwortlich für eine Kürzung der Aktion Essen auf Rädern. Wir haben damals
schon gesagt, das ist nicht die Bundesregierung, die dafür verantwortlich ist,
sondern die Gemeinde Wien. Und jetzt ist die Katze aus dem Sack (VBgm Dr Sepp Rieder: Herr Dr Serles, es
soll Ihre Redezeit nicht kürzen, aber wo ist da Dr Pittermann drinnen?), die Katze ist aus dem Sack und
offensichtlich gibt es hier eine Reihe von Einsparungsvorschlägen, die in der
MA 47 diskutiert werden und die bereits das Licht der Öffentlichkeit
erblickt haben und das wollen wir auf die soziale Adäquanz geprüft haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Herr Stadtrat!
Es ist auch völlig klar, wohin die Reise geht in dieser roten Stadtregierung.
Die Reise geht in Richtung Senkung der gesundheitspolitischen Standards, sie
geht in Richtung einer massiven Kürzung der Leistungen im Bereich der Hilfs-
und Pflegedienste, sie geht in Richtung von empfindlichen Gebührenerhöhungen im
Bereich der Hilfs- und Pflegedienste und ganz zentraler Aktionen, wie
beispielsweise der Aktion Essen auf Rädern. Die Kritik der Frau
Gesundheitsstadträtin zeigt aber auch die tiefe Kluft, die durch den Wiener
Stadtsenat und auch quer durch die SPÖ geht. Die tiefe Kluft, die darauf
zurückzuführen ist, dass sich sichtlich ein dramatischer Verteilungskampf
abzeichnet (VBgm Dr Sepp Rieder: Das
sollte von Ihrer Partei beobachtet werden!), der wiederum zurückzuführen ist auf ungelöste strukturelle Probleme
in Ihrem Budget und auf ungelöste strukturelle Probleme im Gesundheitsressort.
Wie muss es
aber um den Konsens und um die Kompromissfähigkeit in einer monocouleuren
Stadtregierung bestellt sein, wenn die Gesundheitsstadträtin einen an Sie
gerichteten vertraulichen Brief an die Öffentlichkeit weitergibt, weil sie sich
offensichtlich nicht mehr anders zu helfen weiß. Und kaum hat das die
Öffentlichkeit erfahren, so sagt sie im gleichen Atemzug "dieses
Mistvieh", copyright bei Frau Dr Pittermann, dieses Mistvieh sei
offensichtlich in Ihrem Büro zu suchen. Da hört sich wirklich, würde ich meinen,
die Freundschaft auf. Da hätte ich selbst wenig Verständnis dafür, Herr Dr
Rieder. (Beifall bei der FPÖ.)
Die
Vorgangsweise von Frau Dr Pittermann zeigt ein Bild einer bemerkenswerten
Hilflosigkeit. Sie selbst, Herr Dr Rieder, haben gestern aus Ihrer Sicht eine
etwas mildere Formel verwendet. Sie haben gesagt, es wäre eine unroutinierte
Vorgangsweise der Frau Dr Pittermann. Ich formuliere ein bisserl schärfer, ich sage,
das war bemerkenswert hilflos von Frau Dr Pittermann, es hat auch eine
bemerkenswerte politische Naivität der Gesundheitsstadträtin gezeigt und Frau
Dr Pittermann hat sich damit letztlich selbst, aber auch der gesamten
Stadtregierung ein politisches Jammertal beschert.
In besonderer
Weise bemerkenswert ist die Haltung des Herrn Bürgermeisters. Ich kann mich gut
erinnern, dass der Herr Bürgermeister im Laufe der sommerlichen Diskussion um
den ÖGB kritisch festgestellt hat: Wenn eine derartige dramatische Entwicklung
wie im ÖGB in Wien Platz greifen würde, dann wäre er innerhalb von
24 Stunden in Wien und würde klare Worte finden. Seit dem Brief der Frau
Dr Pittermann sind mehr als 24 Stunden vergangen. Der Herr Bürgermeister
ist und bleibt auf Tauchstation. Der Herr Bürgermeister hätte es in der Hand,
die Dinge in seiner Regierung zu ordnen, er ignoriert das ganz einfach und
überlässt den beiden Streithanseln die politische Bühne.
Herr StR
Rieder, ich muss Ihnen bescheinigen, Sie haben gestern ein bemerkenswertes
schauspielerisches Talent entfaltet. Dieses schauspielerische Talent gehört
aber eher auf Tschauner's Stehgreifbühne als in den Stadtsenat.
Herr StR
Rieder, gefragt sind nicht politische Pointen, gefragt ist politisches Handeln,
und das haben wir leider vermisst und deswegen kritisieren wir das auch.
Meine Damen und
Herren! Frau Dr Pittermann hat gemeint, dass sie unter den gegebenen
Bedingungen nicht in diese Stadtregierung eingetreten wäre. Jetzt hat sie ihre
Arbeitsbedingungen erkannt, sie ist damit
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