Gemeinderat,
6. Sitzung vom 25.10.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 100
gen und anordnen:
Dort müsst ihr das machen, da müsst ihr das machen, bei dem Wartehäuschen
gehört ein neuer Sitz und weiß Gott was. Mit all dem soll sich der Stadtrat
beschäftigen und Weisungen erteilen.
Ich glaube,
das ist für ein modernes Unternehmen, für ein großes öffentliches Unternehmen
nicht der richtige Weg, sondern der richtige Weg ist der, den wir beschritten
haben, indem wir die Wiener Linien
gemeinsam mit den anderen Unternehmungen der Stadt Wien ausgegliedert haben,
sie aber weiterhin zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt Wien sind, sodass
die Wiener Linien als
GesmbH & Co KG jetzt die bestmöglichen Rahmenbedingungen haben, um wirklich
im Interesse der Wienerinnen und Wiener gute öffentliche Verkehrsleistungen zu
erbringen. Und dabei soll es auch bleiben! (Beifall
bei der SPÖ.)
Ich habe mir
als Nächstes alles Mögliche zur Privatisierung vorbereitet, warum das so
schlecht ist und in welchen Ländern das gescheitert ist, stelle aber jetzt mit
Erstaunen fest, dass nicht nur die Freiheitlichen endgültig vom
Privatisierungswunsch abgegangen sind (StR
Karin Landauer: Das hat niemand gesagt!), sondern auch die ÖVP überhaupt
nicht mehr Privatisierungswünsche an den Tag legt. Zumindest bei der ÖVP ist
das für mich einigermaßen neu. (VBgm Dr
Sepp Rieder: Wahlergebnisse sind läuternd!) Wahlergebnisse sind läuternd,
hat der Herr Stadtrat jetzt richtig gesagt. (StR
Karin Landauer: Mein Gott!)
Ich glaube,
ich kann es mir jetzt ersparen, darüber zu reden, wie sehr in Amerika jetzt
schon dieser Privatisierungswahn allgemein in Frage gestellt wird, weil man
weiß, welche verheerenden Folgen die Privatisierung zum Beispiel in der öffentlichen
Sicherheit bei Flughäfen hatte, wo schlecht motivierte unausgebildete Leute für
Sicherheit sorgen sollen und natürlich nicht für Sicherheit sorgen. In vielen
anderen Bereichen ist das ebenso. Ich brauche Großbritannien nicht mehr zu
erwähnen, das haben wir jetzt auch schon oft genug erwähnt. Dort war die
Privatisierung nichts anderes, als ein fürchterlicher Fehlschlag zu Lasten der
Menschen und zu Lasten des öffentlichen Verkehrs. Vor ein, zwei Jahren, lieber
Kollege Tschirf, war das für dich noch ein Vorbild, jetzt bist du auch gegen
die Privatisierung. Ich gratuliere, dass du weiter gedacht und deine
Standpunkte geändert hast. (Beifall bei
der SPÖ. - GR Gerhard Pfeiffer: Nennen Sie ein Beispiel!)
Auch
Skandinavien brauche ich nicht zu erwähnen. Wir waren auf Ausschussreise dort.
Alle Fraktionen haben gesehen, welche teilweise sehr negativen Auswirkungen es
dort in doch reichen Städten gegeben hat und wie sehr sich die Situation für
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschlechtert hat, wenn es zu
Privatisierungen kam, weil dann die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
mehr oder weniger hinausgeschmissen worden ist. Und das ist eben etwas, was es
im sozialen Wien grundsätzlich nie geben wird.
Deshalb
erspare ich es mir jetzt auch, darauf hinzuweisen, dass man bei der Frage: Was
soll öffentlich sein, was soll privat sein? grundsätzlich nach pragmatischen
Kriterien vorgehen soll und nicht nach ideologischen, wie das bei der ÖVP ja
leider oft der Fall ist. Wasser soll selbstverständlich im Gemeineigentum
bleiben, die Gasversorgung muss weiterhin in der öffentlichen Hand bleiben,
desgleichen die Stromversorgung, die öffentliche Sicherheit und eben auch der
öffentliche Nahverkehr. Der öffentliche Nahverkehr eignet sich nicht oder nur
außerordentlich schlecht für Privatisierungen.
Unter dieser
Prämisse und unter den gegebenen Rahmenbedingungen der Europäischen Union ist
der vorliegende ÖPNV-Vertrag ein wirklich gelungenes Werk und man kann Herrn
VBgm Rieder dazu sehr herzlich gratulieren. (Beifall
bei der SPÖ. - Ironische Heiterkeit des GR Gerhard Pfeiffer.)
Es ist auch
so, dass der Vertrag dadurch der neuen Situation nach der Ausgliederung auch
rechtlich besser entspricht, als es bisher der Fall war. Für die Stadt Wien als
finanzierende Gebietskörperschaft gibt es durch die Bildung der zwei Rechnungskreise
jetzt mehr Transparenz als vorher, und durch die Abkehr von pauschaler
Verlustabdeckung gibt es auch mehr Eigenverantwortung des Managements.
Ich glaube,
dass es weiterhin möglich ist, ein optimales, integriertes, öffentliches
Gesamtverkehrsangebot in Wien anzubieten, und die Interessen der
Verkehrssicherheit sind bestmöglich gewahrt. Umweltschutz, Energieeinsparung
und auch die Ziele sind ja alle im Vertrag aufgezählt. Der Vorredner von der grünen
Fraktion, Kollege Margulies, hat gesagt, es seien keine Ziele festgelegt.
Hätten Sie den Vertrag durchgelesen, hätten Sie die Ziele auch gesehen. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Das sind
keine Ziele!)
Weiters meine
ich, dass es sehr gut ist, dass man bis zum Ausschussbeschluss im Europäischen
Parlament gewartet hat, weil man jetzt weitgehend weiß, woran man ist.
Dankenswert sind natürlich auch die Bemühungen von Bgm Häupl, der sehr, sehr
viel geleistet hat, dass es zu einer guten Lösung gekommen ist. Wir danken auch
jenen Personen im Europäischen Parlament, die zu dem Beschluss im Ausschuss des
Europäischen Parlaments beigetragen haben, der die Situation verbessert hat.
Natürlich, 100-prozentig sicher ist es nach einem Ausschussbeschluss noch
nicht, aber der Vertrag hat ja auch Möglichkeiten vorgesehen, wie man darauf
reagieren kann, sollte sich doch noch etwas ändern. Und auch das ist, glaube
ich, sehr wichtig.
Der
Hauptkritikpunkt, nicht von der FPÖ, die überraschend zustimmt, was ich für
erfreulich halte, sondern von ÖVP und Grünen,
ist die Tarifautonomie. Die Legende, dass wir die als Gemeinderat oder als
Stadt unmittelbar jetzt noch hätten, ist ja ohnehin schon ausgeräumt. Die
Tarifautonomie haben die Stadtwerke schon seit der Ausgliederung, also seit
1999, und das sollte man auch wissen.
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