Gemeinderat,
6. Sitzung vom 25.10.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 66 von 100
Bei einem modernen
Unternehmen in öffentlicher Hand, das aber nach marktwirtschaftlichen Kriterien,
soweit es notwendig ist, arbeitet, ist es, glaube ich, wie ich schon vorhin
gesagt habe, richtig, dass die Politik die Rahmenbedingungen gestaltet. Diese
sind im gegenständlichen Vertrag auch vorgegeben, denn da heißt es ja:
"Tariferhöhungen nur unter Berücksichtigung des zumutbaren
Rationalisierungs- und Einsparungspotenzials und nur im betriebswirtschaftlich
notwendigen Ausmaß". - Die erste Tariferhöhung der Wiener Linien muss sich daher, wie Sie vielleicht ohnedies
gelesen haben, Kollege Pfeiffer, nachweislich an objektiven Parametern orientieren.
Das sind eben Veränderungen beim Tariflohnindex der Wiener Stadtwerke -
Verkehrsbetriebe, Veränderungen des Verbraucherpreisindexes, Veränderungen der
Platzkilometer, durchgeführte Qualitätsverbesserungen.
Also, es ist
alles vorgegeben und in das wird dann hineingeordnet. Entweder man braucht
keine Tariferhöhung oder das Unternehmen kommt vielleicht irgendwann -
irgendwann wird es wahrscheinlich schon so weit sein - zu Tariferhöhungen, aber
die Grundlagen dafür sind vorgegeben, und es sind gute Grundlagen, die hier
festgelegt worden sind. (GR Dipl Ing
Martin Margulies: Es zeigt den Geist, wenn man jetzt schon von Tariferhöhungen
spricht!)
Auch sonst
gibt es, entgegen den Einwänden der Grünen,
durchaus sehr viele Möglichkeiten für die Stadt, bei wichtigen Veränderungen zu
reagieren. Jede Vertragspartei ist berechtigt, zu verlangen, den finanziellen
Ausgleich neu zu ermitteln, wenn sich relevante Umstände nachweislich geändert
haben, wenn nicht bloß Geringfügigkeit gegeben ist. Die Entscheidung über die
Finanzierung neuer Infrastrukturvorhaben erfolgt seitens der Stadt. Die Wiener Linien sind selbstverständlich
berechtigt, Vorschläge zu machen, und die Stadt Wien muss diese dann prüfen.
Zudem ist die Stadt Wien berechtigt, auf Grund budgetärer Notwendigkeiten eine
Anpassung der Finanzierung vorzunehmen. All das sichert weiterhin wichtige
Einflussmöglichkeiten, sofern eben wirklich die Notwendigkeit dazu gegeben ist.
Die Eile sehe
ich schon überhaupt nicht. Der Vertrag ist jetzt ein Jahr lang intensiv beraten
worden: in Unterausschusssitzungen, in Ausschusssitzungen, weiß Gott wo:
Überall ist das immer wieder beraten worden, verschiedenste Entwürfe hat es
gegeben. Die Opposition ist in hohem Maße eingebunden gewesen, und ich glaube,
dass auch die Vorgangsweise korrekt war.
Weil das
Stichwort Berlin gefallen ist - Kollege Madejski hat es teilweise schon richtig
gestellt -, möchte ich auch noch etwas dazu sagen. Die Situation der Berliner
Verkehrsbetriebe vor ein paar Jahren und die der Wiener Verkehrsbetriebe kann
man überhaupt nicht vergleichen, denn dort war es eben ein Sanierungskonzept,
wie richtig gesagt worden ist. Kollege Chorherr hat gesagt, 700 Seiten
würde er sich wünschen. Angeblich umfasst der Vertrag in Berlin, der eben nicht
zu vergleichen ist, über 100 Seiten, bei uns sind es 19 Seiten und
drei Anlagen.
Ich weiß allerdings
nicht, ob das in Berlin auch etwas mit so genannter preußischer Gründlichkeit
zu tun hat, aber ich erinnere mich von meinem Jusstudium her, dass es in
Preußen das Allgemeine Landrecht für Preußen gegeben hat. Das hat viele
Tausende Paragraphen gehabt. Jede noch so kleine Lebenssituation, alles, was
irgendwie passieren könnte, hat man in Paragraphen zu fassen versucht. Dadurch
hat man Tausende Paragraphen gehabt, während Österreich mit seinem Allgemeinen
Bürgerlichen Gesetzbuch, das ungefähr zur gleichen Zeit entstanden ist und ungefähr
das Gleiche geregelt hat, mit rund 1 500 Paragraphen ausgekommen ist,
also mit einem winzigen Bruchteil der preußischen Paragraphen. Faktum ist auch,
dass das Allgemeine Landrecht für Preußen in der Rechtswissenschaft als ungeeignet
abgehandelt wird und auch nicht besonders lang gegolten hat, während das
Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch in Österreich jetzt nach 200 Jahren
immer noch gilt. Also, es geht überhaupt nicht darum, dass etwas möglichst dick
ist, wenn etwas geregelt wird. (Beifall
bei der SPÖ.)
Das gilt für
ein Gesetz genauso wie für einen Vertrag. Ein Vertrag hat ja einen ähnlichen
Charakter für die Vertragspartner wie eben das Gesetz für alle Normunterworfenen.
Ein gutes Gesetz zeichnet sich wie auch ein guter Vertrag eben dadurch aus,
dass zwar nicht zu wenig, aber auch nicht allzu viele Bestimmungen und
Regelungen drinnen sind, weil es sowieso nicht möglich ist, jeden Lebenssachverhalt
in den Vertrag oder in das Gesetz - in dem Fall in den Vertrag - hineinzuschreiben.
Besser ist es, allgemeine, gute, vernünftige Vereinbarungen hineinzuschreiben
und praktisch dann die konkret auftretenden Sachverhalte darin zu subsumieren.
Man hat hier wirklich einen guten Vertrag auch im technisch-juristischen Sinn
gemacht und auch darauf, finde ich, können alle Schöpfer dieses Vertrags stolz
sein.
Zum Inhalt und
zur Länge der Regelungen habe ich schon einiges gesagt. Manche Kritik der
Opposition in dieser Hinsicht kommt mir jetzt ein bisschen kleinlich vor. Heute
hat es Frau StR Rothauer nicht gesagt, aber sie wollte zum Beispiel, dass man
mehr hineinschreibt. Es steht irgendwo drinnen, die Garnituren müssen regelmäßig
gereinigt werden. Sie will mehr drinnen haben. Sie will anscheinend, dass man
hineinschreibt, wie viele Reinigungskräfte pro Stunde eine Garnitur reinigen,
welche Besen dafür verwendet werden, vielleicht auch, ob man Pril oder ATA verwendet.
All das soll man in den Vertrag hineinschreiben. Aber es ist kein moderner,
technisch guter Vertrag, wenn man alles hineinschreibt, sondern ich glaube, so
wie es geschehen ist, ist es gerade richtig.
Um langsam zum
Schluss zu kommen: Ich glaube, auch die Vertragsdauer von acht Jahren ist eine
gute. Sie orientiert sich am gegenwärtigen Ausschussbeschluss, und ich sehe
nicht ein, warum man, wenn
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