Gemeinderat,
6. Sitzung vom 25.10.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 89 von 100
geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Herr GR Salcher hat eine gewisse heitere Komponente
in die Debatte gebracht, indem er die Kollegin Ringler gefragt hat, ob sie
zusätzliche Fähigkeiten hat, weil sie schon weiß, wie die Abstimmung ausgeht.
Ich habe da nur mit ähnlichem Erstaunen heute um
11.50 Uhr einen Beitrag von der ÖVP bekommen, ÖVP-Klub 11.50 Uhr:
"Im Rahmen der heutigen Plenarsitzung des Wiener Gemeinderats wurde gegen
die Stimmen der Wiener ÖVP eine Sondersubvention des Wiener Rabenhofs
beschlossen." (Heiterkeit und Beifall
bei der SPÖ und den GRÜNEN.) Also diese Fähigkeit dürfte offensichtlich
auch im ÖVP-Klub vorhanden sein. Wenn ihr mir beide verraten könnt, wie das funktioniert,
so täten wir uns alle miteinander, glaube ich, ein bisschen leichter.
Es ist im
Zuge dieser Debatte viel gesagt worden von Seiten der Opposition, viel
Inkonsequentes, Unwahres, teilweise auch Unverantwortliches, gegen die Kunst
Gerichtetes und leider auch sehr, sehr viel Hilfloses.
Meine Damen und Herren! In der Tat stimmen wir heute
und jetzt nicht über eine sozialistische Kulturpolitik oder über Besetzungen
oder was da nicht alles jetzt genannt wurde ab, sondern wir stimmen schlicht
und einfach über eine künstlerische Leistung ab. Wir stimmen ab über ein
Theater, das - und es wurde schon darauf hingewiesen - in wahrscheinlich fünf
Monaten - denn mehr waren es ja nicht, wenn man die Sommermonate abzieht -
17 Premieren, 60 Einzelveranstaltungen, 2 Uraufführungen, Stücke
von 4 österreichischen Autoren und immerhin 2 Nestroy-Nominierungen
zustande gebracht hat.
Man mag nun über Karl Welunschek denken, wie man
will, man mag selbst über die Art und Weise, wie das zustande gekommen ist,
denken, wie man will, aber es ist mit Sicherheit eine nachhaltige und interessante
und ansehnliche künstlerische Leistung dort erbracht worden. Und wir tun nicht
mehr und auch nicht weniger, als - so wie in allen anderen Fällen auch - über
diese Leistung abzustimmen. Und ich denke mir, dass der Rabenhof in dieser Form
diesen 9-Millionen-S-Zuschuss von der Stadt Wien wert ist, weil das, was der
Rabenhof zustande gebracht hat, wahrscheinlich gar nicht so viele andere
Theater, die vielleicht sogar auch mehr subventioniert sind, zustande gebracht
haben. Das ist eine sachliche Entscheidung.
Und die Frage, wie es dorthin gekommen ist, also die
muss ich schon zurückgeben, lieber Peter Marboe. Ich meine, ich verstehe schon,
dass du sagst, die Verantwortung will ich nicht übernehmen. Aber es ist ein
bisschen verwegen zu sagen: Ab Jänner war ich nicht mehr zuständig. Ich bin,
soweit ich mich erinnern kann, am 27. April hier vereidigt worden, und da
lief der Rabenhof. Da waren, wie ich nachgefragt habe, bereits
5 Millionen S verplant, verspielt. Mit diesem selben Argument bin ich
auch hier in den Gemeinderat gegangen. Da war vor dem Sommer eigentlich
durchaus noch eine Bereitschaft vorhanden, das zu unterstützen, und wenn ich
mich richtig erinnere, war man auch gemeinsam der Meinung, man sollte das
Rabenhof Theater erhalten. Es gab deshalb eine Zwischenfinanzierung, eine
Überbrückung, und es gibt jetzt eine weitere Finanzierung, um das zweite Halbjahr
zu Ende zu bringen.
Der Krokodilstränen gab es hier sehr viele zur Frage
der Ausschreibung. Na ja, Ausschreibungen kann man machen oder auch nicht. Ich
weiß, StR Marboe sagt, er hat das alles schon gemacht. Ich frage mich dann,
warum am 2. Jänner 2001 besorgte Künstlerinnen und Künstler eine sehr,
sehr lange Stellungnahme zu der grundsätzlichen Vorgangsweise des Herrn StR
Marboe formuliert haben oder gefragt haben, wie es denn möglich ist, dass noch
im Dezember 2000 ein Konzeptpapier, verfasst von Boris Marte, kursiert ist, das
nicht zwingend von einer öffentlichen Ausschreibung ausgeht. Soweit ich mich
dunkel erinnern kann, war das natürlich auch die Debatte, weil das keineswegs
selbstverständlich war, dass da ausgeschrieben wurde. Ist es nicht vielmehr so,
fragen die sogar, dass auch öfter Sie, StR Marboe, auf öffentlichen Druck und
Druck des Koalitionspartners reagieren und ausschreiben mussten?
Ich meine, das finde ich ja alles schön und gut, nur,
das sich dann sozusagen auf die Fahnen zu heften - ich bin sehr froh, dass es
zu dieser Lösung gekommen ist, und glaube auch, dass es eine gute Lösung ist
für das Schauspielhaus -, jetzt so zu tun, als wäre das alles eine glorreiche
Idee gewesen, ist ein bisschen doppelbödig.
Generell
zur Ausschreibung. Ich verstehe diesen ganzen Wirbel nicht ganz, muss ich
gestehen. Es wird ausgeschrieben nach Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes.
Die Mitglieder der Jurys, jetzt auch in der Josefstadt, wurden von mehreren
Seiten beschickt.
Ich kann eigentlich
nur sagen: Böse ist, wer Schlechtes dabei denkt. Denn was Sie uns da alles unterstellen,
und im Besonderen mir, da muss ich mir denken: In welcher Vorstellungswelt
leben Sie, wenn Sie annehmen, dass ich einer Jury, die unbestrittenermaßen
anerkannt ist, vorgeben ließe, was dabei herauskommen sollte? - Sie
diskreditieren ja sogar den Vorsitzenden dieser Jury, den Herrn Dior Lohner,
der in einem Brief, der seine Unterschrift trägt, schreibt, wie besonders
konstruktiv das Klima in dieser Jury war, wie einhellig letztendlich die
Meinung auch der Jury war und wie gut die Diskussion darüber war. Sie stellen
das jetzt alles so dar, als wäre das geschoben, als kennten die sich nicht aus.
Ich weiß nicht, wie stellen Sie sich das vor? - Ich rufe an und sage, Herr
Lohner, jetzt stimmen Sie so ab, oder Herr Hartmann, jetzt stimmen Sie so ab? –
Also, wenn das in Ihrer Vorstellungswelt so kursiert, und offensichtlich sprechen
andere Besetzungen dort, wo Sie politisch verantwortlich sind, genau diese
Sprache, dann muss ich Sie enttäuschen: Bei uns funktioniert es nicht so und
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular