Gemeinderat,
7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 138
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wohl traurigste
Kapitel dieser Stadtregierung in diesen Monaten ist die Anhebung von Gebühren
und Tarifen. Hier wird eben dem Bürger wieder tief in die Tasche gegriffen. Mit
1. November hat der Landeshauptmann per Verordnung den
Kraft-Wärme-Kopplungszuschlag in Höhe von 10,22 Groschen pro
Kilowattstunde einfach so verordnet. Der liegt doppelt so hoch, wie das von
Experten veranschlagt wird. Und wer ist betroffen? - Gerade die Bezieher
kleiner Einkommen. Sie müssen das dann an Abgaben und Tarifen wieder bezahlen,
was ihnen die Liberalisierung in ihren Geldbörsen gelassen hätte. Herr
Vizebürgermeister, das ist unsozial! (Beifall
bei der ÖVP. - GR Christian Oxonitsch: Genauso wie die Energieabgabe von Ihnen!)
Oder ist das sozial? - Nein, ist es nicht!
Die Bäderreform ist ausständig. Hier kumuliert sich
ein Defizit, und es ist zu befürchten, dass auch hier wieder der alte Weg der
SPÖ-Wien beschritten wird, dass die Tarife angehoben werden.
Beim ÖPNV-Vertrag, über den wir vor kurzem hier in
diesem Haus diskutiert haben, fehlt eben die Verpflichtung der Wiener Linien zu Effizienzsteigerungsmaßnahmen.
Auch hier besteht die Gefahr, dass sehr bald Erhöhungen der Preise der Fahrscheine
ins Haus stehen. Die Stadt Wien hat ja leider die Tarifhoheit aus der Hand
gegeben, eine Tarifhoheit ... (GR Dr Kurt
Stürzenbecher: Das war aber schon in der vorigen Periode, wo Sie noch dabei
waren!) Lieber Kollege Stürzenbecher, wir haben das damals diskutiert, wir
wissen ganz genau, wie das war. (GR
Godwin Schuster: Zugestimmt haben Sie! Sie vergessen das gerne!) Es war
nämlich so - und das bitte zur Erinnerung -, dass der Betriebsabgang durch die
Stadt Wien gedeckt wird und so hat Wien indirekt sehr wohl einen Einfluss auf
die Tarifgestaltung gehabt, solange bis dieser ÖPNV-Vertrag abgeschlossen
worden ist. Das wissen Sie genau. Erinnern Sie sich daran! (Beifall bei der ÖVP. - GR Godwin Schuster: Ja, wir erinnern uns!
Zugestimmt haben Sie!)
Ich hoffe auch, dass das eintritt, was Sie gesagt
haben, nämlich dass sie nicht dort, wo bereits heute gedeckte Gebühren
vorliegen - etwa bei Abwasser und Müll -, oder dort ,wo schon heute deutlich
überdeckte Gebühren vorliegen - das ist beim Wasser der Fall -, noch weiter
erhöht wird. All das wären Anschläge auf Wien als Wohnstadt und als Wirtschaftsstandort.
Tarif- und Gebührenerhöhungen, Steuern wie etwa im Strombereich sind eben
indirekte Lohn- und Gehaltskürzungen.
Ein Kapitel, mit dem wir uns deutlich auseinander
setzen müssen, ist die Kulturpolitik dieser Stadt.
Herr Bürgermeister! Sie haben am Anfang dieser
Legislaturperiode versprochen, bei der Auswahl des Nachfolgers von Peter Marboe
jene Qualitätsmaßstäbe beizubehalten, die von Peter Marboe in den letzten
Jahren entwickelt wurden. Es waren dies Qualitätsmaßstäbe, die sich in Europa
sehen lassen können: ein höheres Kulturbudget, Entschuldung der Theater,
Entpolitisierung, transparente Ausschreibungen, Dreijahresverträge. Das alles
wird zerstört durch die Politik von StR Mailath-Pokorny in den letzten Wochen
und Monaten.
Wenn Sie die Zeitungen aufschlagen und Artikel von
Kommentatoren lesen, die uns politisch in keiner Weise nahe stehen, dann lesen
Sie: "Der Verlierer heißt Mailath-Pokorny",
"Josefstadt-Farce", politisches Günstlingswesen", in der Wiener
Theaterszene werde "Zwietracht gesät" und anderes.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist für
eine Stadt wie Wien, für die die Kulturpolitik einen besonderen Stellenwert hat
- einen ideellen, aber auch einen Stellenwert als Wirtschaftsfaktor -, eine
Situation, die unzumutbar ist. Stellen Sie diese Situation ab! (Beifall bei der ÖVP.)
Hinsichtlich der Verkehrsorganisation wissen wir,
dass das in einer Großstadt schwierig ist, aber man muss diese Situation nicht
durch Schildbürgerstreiche noch "verbösern". Eine Aktion, wie sie
etwa im Bereich der Roßauer Lände vor sich gegangen ist, brauchen wir kein
zweites Mal. Man kann aber den Zeitungen entnehmen, dass Ihr neuer Verkehrsexperte,
nämlich BV Benke, schon wieder versucht, eine Stauidee am Gürtel zu entwickeln.
Das ist ein schlimmer Anschlag auf die Autofahrer in dieser Stadt und es dürfte
offensichtlich das Motto gelten: Jeden Monat eine Schnapsidee im Bereich des
Wiener Verkehrs.
Das, was aber notwendig wäre - und da könnten Sie an
das anknüpfen, was VBgm Görg in der letzten Legislaturperiode zustande gebracht
hat (GR Godwin Schuster: Was hat er denn
gemacht, der Stadtrat?) -, ist Folgendes: ein Weiterbau der U-Bahn, die
Verlängerung der U 2/5. (GR Godwin
Schuster: Überhaupt nichts hat er gemacht!) Eine U 2/5-Planung! Es
wurde ein neues Gebiet jenseits der Donau in der Planung neu erschlossen,
etwas, was durch viele Jahre von SPÖ-Stadträten im Bereich der Planung
verschlafen wurde. (GR Godwin Schuster:
Ja, genau! Verschlafen von Görg!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Knüpfen Sie
daran an! Wir haben ein konkretes Modell vorgelegt. Wenn man sich die Situation
am Wienerberg ansieht, wo rund 1 000 Wohnungen heute ohne attraktive
Erschließung mit öffentlichem Verkehr nicht jenen Stellenwert haben, den sie haben
könnten, dann muss man handeln. Handeln Sie und planen Sie im U-Bahn-Bau
weiter!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über dieses
Wunderbudget, wie es hier vom Herrn Vizebürgermeister vorgelegt worden ist,
kann man sich wundern, vor allem über die Zahlenspiele. Wir haben es auch heute
wieder gemerkt, wie er hier jongliert hat, wie er eigentlich immer nur auf die
Bundesebene ausgewichen ist, wie er immer wieder darauf hingewiesen hat, was
denn eigentlich der Bund tun sollte, aber nicht darauf hingewiesen hat, dass
das Nulldefizit herbeigeführt worden ist und damit auf Bundesebene jetzt wieder
Spielraum geschaffen worden ist, was
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