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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 87 von 138

 

dann arbeiten in dieser WG nur noch zwei Leute. Das geht bei aller Anstrengung und bei allem Engagement dieser Personen genau eine Woche gut. Länger geht das nicht. Das heißt, da muss etwas getan werden, und zwar nicht nur getan werden, wenn eine Person auf Grund von Krankheit sehr lange ausfällt, sondern ich garantiere Ihnen, bereits nach einer Woche geht das nicht mehr gut. Da fehlt es hinten und vorne.

 

Nächstes Beispiel: Wenn ein Kind früher neu aufgenommen wurde, konnten alle Erzieherinnen und Erzieher an diesem Einstandsgespräch, wo man erfahren hat, woher das Kind kommt, welche besonderen Probleme das Kind hat, teilnehmen. Jetzt - Sparmaßnahme, und wirklich schon ganz klein und ganz restriktiv gesehen - wird nur noch ein Erzieher bei diesem Aufnahmegespräch dabei sein.

 

Bei der Dienstübergabe hat die Dienstzeit der beiden Mitarbeiter früher - der eine geht und der andere kommt - um eine Stunde überlappt. Jetzt geht die Knauserigkeit - ich verstehe es schon gar nicht mehr - des Stundeneinsparens so weit, dass zuerst eine halbe Stunde genügen musste und nun teilweise überhaupt keine Überlappung mehr stattfindet, sondern dann heißt es: "Tragt es halt ins Dienstbuch ein." - Das sind gute Tipps, die aber für die Pädagogik und für das Funktionieren der Wohngemeinschaft nicht dienlich sind!

 

Nächster Punkt: Schauen Sie einmal, wie viele Kinder, die in Heimen untergebracht waren, vor zehn Jahren noch auf Urlaub gefahren sind. Da war es schon drinnen, dass man im Sommer zwei Wochen weggefahren und im Winter eine Woche Schi gefahren ist, und zwar mit vier Erzieherinnen und Erziehern. Gehen Sie jetzt einmal in die Wohngemeinschaften und fragen Sie nach! Da gibt es Kinder, die seit drei Jahren nicht mehr weggefahren sind. Eigentlich ist das, was sich noch ausgeht, eine Woche, und zwar mit zwei Erzieherinnen beziehungsweise Erziehern, wobei man dazusagen muss, dass die Kinder heutzutage gravierendere Schwierigkeiten haben als früher.

 

So wird im Kleinen gespart. Das geht alles aus einem Budget nicht hervor, stellt aber die gesamte Reform in Frage und spart auf dem Rücken der ärmsten Kinder dieser Stadt. Haben wir für diese 1 000 bis maximal 3 000 Kinder, die wir da weiter sehen könnten, nicht das Geld? - Das kann mir doch niemand einreden! Niemand kann mir einreden, dass das Geld für diese wenigen Kinder nicht vorhanden ist!

 

Oder - ich gebe Ihnen noch ein Beispiel - eine WG hat einen großen Balkon. Dieser sollte bepflanzt werden, aber das ist angeblich nicht Teil der pädagogischen Arbeit. Ich kann Ihnen versichern, das ist sogar ein prächtiges pädagogisches Projekt, einen Balkon gemeinsam mit den Kindern zu bepflanzen. Aber wenn nicht einmal die Stunden zur Verfügung gestellt werden, dass diese Pflanzen und das Notwendige eingekauft werden, dann wird am falschen Platz gespart, geknausert bis zum Äußersten, und zwar bei den ärmsten Kindern. Es gibt einen irren Druck in diesem gesamten Bereich der Heimunterbringungen, dass so wenig Stunden wie nur irgendwie möglich gemacht werden.

 

Oder nächstes Beispiel: Die Kinder haben sehr große Schwierigkeiten und sind dadurch auch schwierig. Jetzt war es eine große Erleichterung für die MitarbeiterInnen, dass am Nachmittag ein paar Kinder im Hort waren und nur die Hälfte der Kinder da war, oder nur zwei, drei, um das zu machen, was sie wollten, nämlich differenzierter zu helfen. Jetzt soll der nächste Schritt kommen, der Hort soll gestrichen werden. Kein Heimkind soll mehr in einem Hort sein, weil das dann eine doppelte Bezahlung wäre. Da würden dann die WG und der Hort für das Kind gezahlt werden. Das soll jetzt gestrichen werden. Ist es wirklich nötig, dass wir so sparen? - Da sparen wir lieber in einem Budget 2 Milliarden S ein, bevor wir dafür sorgen, dass diese WG anständig funktionieren? - Das kann doch nicht wahr sein! All das geht aus einem Budget nicht hervor!

 

Das Beispiel "Taschengeld der Kinder": Seit vier Jahren wurde das Taschengeld der Kinder nicht erhöht. Die Volksschüler bekommen zwischen 120 und 140 S, die Hauptschüler zwischen 220 und 240 S. So viel bekommen viele andere Kinder, die in Familien sind, auch, nur zahlen dort die Familien für die Familienausflüge. Dort wird auch sonst viel bezahlt. Das heißt, ich behaupte, dieses Taschengeld ist erstens zu gering und zweitens wäre es an der Zeit, dieses Taschengeld anzuheben.

 

Der Vorwurf, den ich Ihnen mache, ist, es wird absolut am falschen Platz gespart! Es wird völlig unnötig gespart! Es wird geknausert!

 

Jetzt behaupte ich etwas, wo Sie mir nachher sagen können, stimmt nicht, Jerusalem irrt sich. Ich behaupte, dass die meisten Gemeinderätinnen und Gemeinderäte gar nicht wissen, dass auf diese Art und Weise gespart wird. Wir müssen uns aber damit befassen, weil diese Heimreform nur dann funktionieren wird, wenn wir sie auch zum Funktionieren bringen.

 

Ich möchte jetzt noch etwas zur MA 12 sagen: Auch die MA 12 versucht und ist auf dem allerbesten Wege, eine Reform durchzuführen, eine längst überfällige, von den GRÜNEN sehr begrüßte Reform. Die Berichte von den Sozialämtern, der Klientinnen und Klienten sind eigentlich alle relativ gleich. Auf den Sozialämtern wird derzeit versucht, mit Mitteln der Abschreckung und der Demütigung möglichst dafür zu sorgen, dass die Menschen nicht wieder kommen. Das soll der Vergangenheit angehören, wenn diese Reform durchgeführt ist. Jetzt möchte ich nur sagen, wenn die Reform von den selben Sparmaßnahmen begleitet wird, wo wirklich Mickrigkeit regiert - wie das bei der "Heimreform 2000" der Fall ist -, dann kann das nicht gut gehen, denn eine gewisse Großzügigkeit muss vorhanden sein. Man kann nicht sagen, soundso viel Geld haben wir, das teilen wir auf die Klienten auf und damit Schluss, sondern man muss schon darauf

 

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