Gemeinderat,
7. Sitzung vom 20.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 125
mittlerweile eine
langjährige - nenne ich es - des Frauenvolksbegehrens ist. Auch diesen Antrag
haben Sie immer wieder aus Kostengründen abgelehnt und auch mit dem Argument,
es sei technisch so schwer machbar. Jetzt haben wir diesen Antrag heute wieder
gestellt. Vielleicht kann man das in die wirtschaftlichen Notmaßnahmen, für die
jetzt 14 Millionen EUR bereitstehen, aufnehmen. Das wäre einmal eine
ganz gute Idee, wenn Sie Frauen schon nicht im direkten Frauenbudget fördern
können, dann wenigstens indirekt. Der Antrag lautet:
"Der
Magistrat der Stadt Wien möge einen Vorschlag erstellen, welche rechtlichen und
faktischen Schritte unternommen werden müssen, damit Wien in Hinkunft alle seine
Auftragsvergaben derart gestaltet, dass vorrangig mit denjenigen Firmen
Verträge abzuschließen sind, die für ihren Betrieb Frauenförderpläne vorweisen
können."
Ich denke,
wenn ich mir das Auftragsvolumen der Stadt Wien anschaue, wäre das einmal ein
notwendiger und erster und richtiger Schritt in Richtung Gender Mainstreaming. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Zum Gender
Mainstreaming habe ich einiges zu sagen. Gender Mainstreaming ist einer der
Punkte, der mir sowohl in Ihrem Budget als auch in Ihrer frauenpolitischen
Umsetzung leider fehlt, obwohl Sie es immer angekündigt haben. Sie machen
Lippenbekenntnisse, Frau Stadträtin. Sie reden Jahr und Tag von Gender
Mainstreaming, aber ich finde es nirgendwo rechtlich verankert. Da ist die
Bundespolitik - und ich traue mich das gar nicht zu sagen und ich bin jetzt
sehr vorsichtig in meiner Ausdrucksweise -, da fällt Wien nämlich fast hinter
die Bundespolitik zurück, denn die Bundespolitik hat wenigstens die Verankerung
des Gender Mainstreaming im Rahmen einer interministe-riellen Arbeitsgruppe. (Kopfschütteln bei amtsf StRin Mag Renate
Brauner.) Jetzt weiß ich schon und deshalb, weil ich das Kopfschütteln
sehe, sage ich ja, ich drücke mich sehr vorsichtig aus, weil ich weiß, dass die
Bundesregierung das Gender Mainstreaming nur verwendet, um die aktive
Gleichstellungspolitik damit zu mindern und abzuschaffen. Das ist eine
missbräuchliche Verwendung, das weiß ich schon. Also ich will dem Herrn
Frauenminister gar keine positiven Gefühle in Richtung Frauenpolitik unterstellen,
das wissen wir. Das haben wir GRÜNE noch nie getan. Und schütteln Sie nicht so
den Kopf.
Aber gerade
Sie, Frau Stadträtin, sollten wissen, wie wichtig gerade für die Frauenpolitik die
rechtliche Verankerung von Vorkehrungen und Maßnahmen ist. Und wenn es keine
rechtliche Verankerung von Frauenförderung und von Gender Mainstreaming gibt,
und zwar nicht nur in der MA 57, sondern verdammt noch einmal in allen
Ressorts, dann wird es mit der Frauenpolitik und auch mit dem Budget weiterhin
traurig ausschauen. Leider ist Frauenpolitik noch immer keine
Querschnittsmaterie. Mir fehlen die frauenpolitischen Buffets - das war der
Freud'sche, glaube ich, die frauenpolitischen Buffets -, die frauenpolitischen
Budgets in Ihrem Budgetvoranschlag. Auch hier haben wir GRÜNE einen Antrag auf
Einsetzung einer Steuerungsgruppe eingebracht, auf Stadtratsebene zur
Sicherstellung des Gender Mainstreaming in allen Ressorts der Stadt Wien und
zur Umsetzung von offensiven Umsetzungsstrategien zur Gleichstellungspolitik,
denn darum geht es beim Gender Mainstreaming. Es geht nicht darum, die
Gleichstellungspolitik durch etwas anderes zu ersetzen und schon gar nicht, um
sie abzuschaffen. Es geht darum, sie zu ergänzen und offensive
Umsetzungsstrategien zu setzen. Offensive Umsetzungsstrategien, die für die
Gleichstellungspolitik notwendig sind, denn wenn wir uns die Zahlen, zum
Beispiel den Anteil von Frauen in Spitzenfunktionen im Magistrat, in der Stadt
Wien, in diesem Haus, anschauen, dann sehen wir, dass da leider ohne offensive
Umsetzungsstrategien trotz einer 50-Prozent-Frauenquote nicht sehr viel los ist
und auch im roten Wien Männer ganz unter sich sind.
Ich möchte
Ihnen da nur ein paar Zahlen nennen, um zu veranschaulichen, weshalb wir das
Gender Mainstreaming so dringend in allen Ressorts brauchen. Von
66 Magistratsabteilungen sind derzeit 9 mit Frauen besetzt.
Von
19 Bezirksämtern werden 6 von Frauen geleitet; derzeit gibt es in der
Magistratsdirektion-Baudirektion 1 Dezernatsleiterin; von den
PrimarärztInnen sind 18 weiblich und 118 männlich.
Wenn wir uns die
Dienstklassen anschauen, dann sehen wir auch da: Je höher die Dienstklasse,
desto weniger Frauen. Von 48 JuristInnen der Dienstklasse VII sind immerhin
noch 23 Frauen; von 68 JuristInnen der Dienstklasse VIII sind
20 Frauen und von 29 JuristInnen der Dienstklasse IX sind ganze
4 Frauen. - Bei den TechnikerInnen schaut es natürlich noch trauriger aus:
Von 159 TechnikerInnen der Dienstklasse VII sind 10 Frauen, von
80 TechnikerInnen der Dienstklasse VIII sind 4 Frauen und von
18 TechnikerInnen der Dienstklasse IX sind sage und schreibe
0 Frauen. - Da frage ich mich schon, welchen Stellenwert die Frauenpolitik
und vor allem die offensiven Umsetzungsstrategien für Sie in Ihrer Politik
haben!
Wir hoffen, dass unser
Antrag zum Gender Mainstreaming, den wir an Ihren Ausschuss zuweisen haben
lassen, von Ihnen angenommen wird, so wie Sie ihn auch - was uns sehr freut -
im WAFF-Kuratorium, bei den Wiener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern,
angenommen haben. Dort haben wir einen ähnlichen Antrag gestellt, nämlich dass
Frauenförderung in Zukunft nicht nur in einer eigenen Säule
"Chancengleichheit" verwirklicht werden soll, sondern in allen
Schwerpunkten und allen Leitlinien. - Das ist unsere Frauenpolitik: Nicht nur
eine Getto-Politik, nicht nur 7 Millionen EUR für ein Jahr - nicht
einmal ein Tausendstel -, sondern Frauenförderung in allen Ressorts, in allen
Gremien und auch frauenpolitische Budgets.
Lassen Sie mich, weil
ich den Wiener Arbeitneh-
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular