Gemeinderat,
7. Sitzung vom 20.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 125
weil gerade die
Sozialdemokratie, gerade auch jetzt in Wien mit ihrer absoluten Mehrheit, die
Chance hätte, es anders zu machen und uns zu zeigen - und auch der
Bundesregierung zu zeigen -, wie man Arbeitsmarktpolitik machen kann.
Aber was
machen Sie - und jetzt komme ich wieder auf die Frauen zurück -, was machen Sie
im Frauenbereich? - Sie kürzen. Ich finde es erschütternd, dass StR Rieder
gestern gesagt hat, wenn er sich das Budget anschaut, dann sieht er nirgendwo,
dass die Einsparungen des Bundes in Wien größere Einsparungen bewirkt hätten.
Er freut sich, dass die Opposition keine größeren Einsparungen gefunden hätte
und dass es in Wien wegen der Einsparungen des Bundes zu keinem Kahlschlag käme.
Nun, wir haben
aber nicht lange suchen müssen, bis wir gerade im Frauenbereich massive
Einsparungen gefunden haben. Ich spreche jetzt gar nicht von den bis zu
20 prozentigen Kürzungen der Frauen- und Mädchenberatungsstellen im
Arbeitsmarktbereich. Ich spreche zum Beispiel von der ersatzlosen Streichung
der Frauenarbeitsstiftung und des Wiedereinsteigerinnenprogramms, die zwei
höchst erfolgreiche Programme waren - was auch die Evaluierungen ergeben haben
-, die eine hervorragende Kombination - endlich einmal - von
Arbeitsmarktpolitik und Sozialpolitik waren, weil sie auch zur Deckung des
Lebensunterhalts der Frauen beigetragen haben. Gerade diese Maßnahmen werden
von Ihnen ersatzlos gestrichen. (Zwischenruf
der GRin Sandra Frauenberger.)
Ich spreche
von der Kürzung der Frauenmittel - Sie kommen genau auf das, worauf ich zu
sprechen kommen will (GR Godwin Schuster:
... wider besseres Wissen! Sie wissen, dass das AMS diese Projekte ..., nur
sagen Sie es nicht! Das ist nicht gut!) -, von der Kürzung der
Frauenprojekte im Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds: Von
77 Millionen S auf 38 Millionen S wurde da hinuntergekürzt
- halbiert! Das Frauenbudget des WAFF wurde halbiert! "FAST" und
"Wieder-In" wurden ersatzlos gestrichen und es wurden keinerlei Kompensationsmaßnahmen
angeboten.
Das, was
angeboten wird - und deshalb, Herr Kollege, haben wir dem WAFF-Arbeitsprogramm
auch zugestimmt -, ist ein kleiner Ansatz in Richtung eines Kurswechsels in der
Wiener Arbeitsmarktpolitik, nämlich weg von der Verwaltung Arbeitsloser und von
der, ich nenne es einmal, statistischen Kaschierung der Arbeitsmarktpolitik,
hin zu Qualifizierungsmaßnahmen von in Beschäftigung stehenden Menschen. Das
ist ein ganz wichtiger Schritt, auch in unseren Augen - und wir haben das begrüßt
-, in Richtung der Behebung der strukturellen Defizite des Wiener
Arbeitsmarkts, die vor allem Frauen treffen: Frauen werden in immer höherer
Zahl in so genannte atypische Beschäftigungen abgeschoben, sie müssen in immer
höherer Zahl nicht Existenz sichernde Arbeitsplätze annehmen. Die
Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern steigen wieder. Wenn ich mir
die Zahlen zwischen 1995 und 2000 anschaue, dann stellt es mir wirklich die
Haare auf - das klingt ein bisschen blöd bei meinen Haaren. Von 1995 bis 2000
ist der Einkommensvorteil der Männer gestiegen: Bei den 30- bis 34-Jähringen
beträgt er satte 52,5 Prozent, bei den 35- bis 39-Jähringen
63 Prozent, bei den 40- bis 44-Jährigen 59 Prozent, bei den 45- bis
49-Jährigen 54 Prozent, von den 50- ... (GR Gerhard Pfeiffer: Rechnen Sie die atypisch Beschäftigten dazu?) -
Sie haben völlig Recht. (GR Gerhard
Pfeiffer: Sie rechnen die atypisch Beschäftigten dazu!)
Das sind die atypisch Beschäftigten! Genau das
ist es, Herr Kollege! Und genau deshalb dieser Einkommensnachteil der Frauen,
der ihnen zugemutet wird, auch durch Ihre Arbeitsmarktpolitik, die Frauen immer
mehr in atypische Beschäftigungen drängt,
weil sie keinen Vollzeitarbeitsplatz mehr finden! (GR Gerhard Pfeiffer: Sie wollen atypische Beschäftigungen!) Ein
Drittel aller Frauen findet keinen Vollzeitarbeitsplatz mehr und muss in nicht
Existenz sichernde Arbeitsplätze ausweichen! Jetzt reden Sie mir nicht davon,
dass alle Frauen das freiwillig machen (GR
Gerhard Pfeiffer: Lesen Sie die Stellengesuche in den Zeitungen!) und ihre
Existenz nicht sichern wollen! Das ist wahrscheinlich Ihr Frauenbild! - Ich
weiß nicht, wie es bei Ihrer Frau ausschaut; bei mir ist das jedenfalls nicht
so! (GR Gerhard Pfeiffer: Weil viele
Frauen bei ihren Kindern sein wollen!) Ach ja! (GR Mag Rüdiger Maresch: Sie wissen das ganz genau, Herr Pfeiffer! -
Ruf bei den GRÜNEN: Sie wissen, was Frauen wollen! - GR David Ellensohn - in
Richtung ÖVP -: Die wollen nicht bei euch drinnen sitzen, die Frauen! Daher
sind nur drei Frauen in der ÖVP!) - Spannend, spannend, bei solchen Themen!
- Ring frei!
Wir begrüßen
jedenfalls die Umorientierung des Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds. Wir
begrüßen auch das konstruktive Diskussionsklima im Wiener
ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds und freuen uns auch, dass wir drei Anträge
zum Gender Mainstreaming und auch zur Streichung des Begriffs der
"Humanressource", der unserer Ansicht nach Menschen zu
Produktionsfaktoren reduziert, einbringen konnten und dass diese Streichung aus
den WAFF-Publikationen vorgenommen wurde. Wir sehen darin aber erst einen
ersten Schritt und so etwas wie einen Tropfen auf den heißen Stein. Wenn ich
mir StR Rieder anhöre, der sich von einer kommunalen Beschäftigungspolitik
vollständig verabschiedet, weil er meint, Arbeitslosigkeitsbekämpfung sei
allein Sache des Bundes, so bin ich leider nicht sehr zuversichtlich, dass
dieser erste Schritt in Richtung aktive Arbeitsmarktpolitik auch wirklich
weiterhin den politischen Rückhalt haben wird.
Wir GRÜNE würden uns
freuen, wenn er ihn hätte, und wir werden Sie bei den Diskussionen um den
Territorialen Beschäftigungspakt, die wir, so nehme ich an, zu Jahresende in
diesem Haus führen werden, sicher wieder daran erinnern. Wir wollen eine präven-
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