Gemeinderat,
7. Sitzung vom 20.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 105 von 125
gen, einfach keine.
Da suche ich an und welchen Pass ich habe, ist nicht interessant. In Birmingham
gibt es dasselbe, in Hamburg gibt es dasselbe. Die einzige Beschränkung ist, ob
man ökonomisch einen Anspruch haben soll oder nicht. Es gibt ökonomische
Beschränkungen, damit nicht Gemeinderäte und Gemeinderätinnen mit ihren Bezügen
einziehen, sondern ökonomisch Schwache. Es gibt nicht die Beschränkung, die es
bei uns gibt - und ich nenne das rassistische Beschränkung -, nämlich den Pass.
Das halte ich für ungeheuerlich.
Der wichtigste
Punkt bei der Öffnung: Der soziale Wohnbau in Wien hat die Aufgabe, Wohnraum
für die sozial und ökonomisch Schwächsten in der Stadt zu schaffen. Jeder
einzelne Sozialdemokrat und jede einzelne Sozialdemokratin sollten sich überlegen,
was das heißt, dass wir 212 000 Wohnungen haben und davon momentan nur ein
paar 100 Ausländern und Ausländerinnen zugänglich machen. Aber es wird
ununterbrochen darüber nachgedacht: Wie viel können wir der Bevölkerung
überhaupt zumuten? Geht das? Geht das nicht? Verlieren wir eine Wahl? Gewinnen
wir eine Wahl nicht? - Wenn in dieser Frage das soziale Gewissen vorginge,
müsste es eindeutig dazu führen, dass sich diejenigen in der Sozialdemokratie
durchsetzen - und die gibt es natürlich auch -, die der gleichen Meinung sind
wie ich, die der gleichen Meinung sind wie die GRÜNEN insgesamt. Sie müssten
sich für eine sofortige, schnelle, rasche Öffnung des Gemeindebaus für alle
Bürger und Bürgerinnen in dieser Stadt einsetzen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich bringe da
nochmals aufs Tapet, obwohl wir das auch bei der Rechnungsabschlussdebatte für
2000 hier diskutiert haben. Damals hat Herr Kollege Stürzenbecher von der SPÖ
gesagt: Wir machen eine behutsame Öffnung der Gemeindebauten - sehr, sehr
behutsam - in Übereinstimmung mit den Wünschen der Mieter und Mieterinnen im
Gemeindebau. Jeden Respekt vor jedem Menschen im Gemeindebau, aber seit wann
suchen sich Mieter und Mieterinnen ihre Nachbarn selber aus? - Wenn wir das
spielen, dann gibt es für allein erziehende Mütter, für Wohnungsgemeinschaften,
für Landhaarige, für Alkoholkranke - und ich weiß nicht, für wen alles - keine
Wohnungen mehr. Dann gibt es nur noch Wohnungen, wo links und rechts und oben
und unten keiner wohnen darf. Am besten noch geheizt rundherum, damit ich keine
Energiekosten habe.
Ich finde, es
ist schade, dass die Sozialdemokratie zuschaut, wie jemand von der ÖVP hier
herausgehen kann - das ist die gleiche ÖVP, die im Bund mit den Freiheitlichen
regiert, und was ich von den Freiheitlichen in der Regierung halte, das darf
ich da gar nicht sagen, Immunität hin oder her -, dass also jemand von dieser
ÖVP da herausgehen darf und da steht und sagt: Wir fordern die Öffnung des
Gemeindebaus!, und Sie schauen alle zu, 52 Leute. Ich finde, es ist eine
Schande für die SPÖ, dass sie da hinten nachhinkt. Ich finde es bedauerlich für
die Stadt, dass die GRÜNEN in diesem Punkt näher bei der ÖVP sind, als bei der
Sozialdemokratie. Ich finde das auch bedauerlich für uns.
Etwas mehr Mut
und nicht 100-Stufen-Pläne vorlegen! Ich wünsche denjenigen innerhalb der Sozialdemokratie,
die mit mir einer Meinung sind, die mit den GRÜNEN einer Meinung sind, viel
Glück beim Argumentieren. Falls Argumentationshilfen notwendig sind - es gibt
natürlich viel, viel mehr gute Gründe für die Öffnung des Gemeindebaus -, so
bin ich immer bereit dazu. Meine Telefonnummer im Hause ist: 818 26. Meine
Mail-Adresse sage ich auch noch, vielleicht liest jemand das Protokoll: david.ellensohn@gruene.at. Ich gebe
gerne Auskunft, wenn jemand irgendetwas wissen muss, warum der Gemeindebau
offen sein soll, warum es in vielen Städten auf der Welt so ist, wie weit
hinten Wien in dieser Frage momentan ist und nicht irgendwo im Mittelfeld. Ein
Drittel der Wohnungen in Wien ist nur für Inländer und Inländerinnen
zugänglich. Für die ist natürlich der Rest auch zugänglich, aber dieses Drittel
ist für Ausländer und Ausländerinnen gesperrt.
Ein Ceterum
censeo - unvermeidlich, aber ich werde mich nicht lange damit aufhalten - sind
die einkommensabhängigen Mieten. Wir haben ein totales Problem mit den Mieten
im geförderten Neubau, während gleichzeitig in alten Gemeindebauten Leute mit
gutem Einkommen auf großen Flächen wohnen. Hätte ich vor 15 Jahren eine
Gemeindewohnung bekommen - ich habe nicht darum angesucht -, würde ich heute
immer noch dort wohnen dürfen, obwohl ich heute ungleich mehr verdiene. Das
halte ich sozialpolitisch für ein Debakel.
Wenn wir nicht
in der Lage sind, die Wohnungen anders zu verbilligen, dann müssen wir
innerhalb der Wohnungen dafür sorgen, dass es zu einer Umverteilung kommt. Dann
müssen wir den Leuten sagen - wir sagen das klar und deutlich; ich weiß schon,
das ist auch wieder ein mutiger Schritt und es braucht ein bisserl Zeit -: Es
tut uns Leid, liebe Leute, wenn ihr lange in der Gemeindewohnung gewohnt habt
und jetzt viel, viel besser verdient, dann ist diese Wohnung teurer, weil
andere Leute, die in derselben Situation sind, in der ihr vor 10 Jahren,
15 Jahren, 20 Jahren wart, jetzt auch einen Anspruch haben müssen. Es
kann nicht sein, dass irgendjemand, der 20 Jahre in einem Gemeindebau
wohnt, weniger zahlt als die Leute, die neu einziehen, womöglich im gleichen
Haus. Das ist sozial unverträglich. Der soziale Wohnbau in Wien ist dann kein sozialer
Wohnbau mehr. Da könnte man jetzt Zitate bringen noch und noch.
Überlegen Sie
sich das mit der Öffnung des Gemeindebaus, überlegen Sie sich das mit den einkommensabhängigen
Mieten! Wir haben es oft genug gesagt. Wir stehen jederzeit für ein Gespräch
zur Verfügung. - Danke. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzende
GRin Josefa Tomsik: Ich
danke. - Als Nächster ist Herr GR Fuchs zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular