Gemeinderat,
8. Sitzung vom 21.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 99
nachgesehen, und
genau diese beiden Werke von Erich Fried werden da für sein
antiimperialistisches und sein antizionistisches Engagement gewürdigt. Oder
schließlich seine Büchner-Preis-Rede, wo er die terroristischen Aktivitäten der
Baader-Meinhof-Bande öffentlich rechtfertigte. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Na,
na!)
Meine Damen
und Herren! Erich Fried ist also - endlich kommt ein bisschen Widerspruch auf -
durchaus ideologisch umstritten, Herr Kollege Stürzenbecher. Schließlich hat er
sich ja, wenn Sie im Literaturlexikon nachschauen, zeitlebens selbst als radikalen
Linken bezeichnet. (Zwischenruf des GR Mag Rüdiger Maresch.) Ich weiß
noch Ihre Zwischenrufe, Herr Kollege Maresch, vom letzten Mal. Da haben Sie gesagt,
das ist alles ein Schmarr'n. Das erinnert mich immer an Hofmannsthal, wenn Sie
reden. Nichts gibt so sehr das Gefühl der Unendlichkeit wie die Dummheit. (GR Mag Rüdiger Maresch: Reden Sie über sich
selber? - Heiterkeit bei den GRÜNEN.)
Aber Erich
Fried ist eines, die Gesellschaft ist ein Zweites. Bitte, meine Damen und
Herren, passen Sie ein bisschen auf. Weil sonst müssen wir das jedes Mal immer
bei jeder Subvention in aller Breite darlegen, wenn Sie einem nie zuhören. (GR
Mag Rüdiger Maresch: Schwachsinn bleibt Schwachsinn!) Darf ich Ihnen was
sagen? - Das Grundgesetz der Gewalt ist: Recht ist, was wir tun; was die
anderen tun ist Gewalt. So argumentieren Sie. Und das hat Erich Fried gesagt.
Also lassen Sie mich einmal reden und behalten Sie Ihre Argumente von der
Marxistenreihe für sich. - Ah, jetzt ist sie komplett. Jetzt sind sie alle da.
Ja, wunderbar. Nein, da ist zuerst wer anderer gesessen, der gar nicht so
gemeint war mit der Marxistenreihe. Wie vom Balkon aus der Muppetsshow.
Aber bleiben
wir ein bisschen ernsthafter. Es ist ja nicht nur ein Spaß das Ganze, wir
lehnen das ja ab, und ich möchte das auch ordentlich begründen hier.
Die
Erich-Fried-Gesellschaft ... (GR Mag
Rüdiger Maresch: Schauen Sie auf die leeren Bänke der FPÖ! Das wird Ihnen
abgehen!) Das ist nicht notwendig. Ich habe genügend Rückhalt und Ihre Zwischenrufe,
die schaffe ich schon allein.
Nach seinem
Tod wurde die Erich-Fried-Gesellschaft gegründet. Wie sein Nachlassverwalter
und der RAF-Anwalt, der auch zeitweise Berufsverbot gehabt hat, der Kurt
Grönewohl, gesagt hat: Erich Fried war für die Rolle des guten Österreichers wunderbar
geeignet, weil er den Bruch in der Geschichte repräsentierte. Also hat man 1989
die Gesellschaft gegründet und im Mai 1990 fand das erste Symposium statt. Und
da kam es zu dieser historisch entlarvenden Eröffnungsrede der StRin Pasterk,
die im Lichte des Mauerfalls gesagt hat - ich zitiere -:
"Die
politischen Verhältnisse haben sich seither radikal geändert, und nicht wenige
von uns werden sich schon die Frage gestellt haben, wie Erich Fried auf die
Ereignisse und neuen Konstellationen reagiert hätte, was er zu der praktisch
mit dem Fall der Mauer einsetzenden Verfolgung von Künstlern und Intellektuellen
gesagt hätte, meine Damen und Herren."
Das heißt, Sie
sprach nicht von der Verfolgung von Regimegegnern in der DDR, sie sprach von
der möglichen Verfolgung ehemaliger regimetreuer literarischer DDR-Granden. Das
war dann auch Gegenstand eines Misstrauensantrags von ÖVP und FPÖ im Jahre
1990. Das war der Anfang.
Seither gab es
sechs Symposien, seither wird jedes Jahr ein hoch dotierter Erich-Fried-Preis
vergeben, seither hat sich eine hochehrwürdige unantastbare Gesellschaft
gebildet. Ja, unantastbar. Das hört man ja: Wenn man etwas sagt, wird man
gleich beschimpft. Dabei hat Erich Fried selbst gesagt: Gewalt herrscht, wo
irgendwer oder irgendetwas zu hoch oder zu heilig ist, um noch kritisiert zu werden.
Also lassen Sie mich kritisieren und tun Sie mich nicht immer verleumden und
schlecht machen.
Das war der
Anfang. Die damaligen Gäste aus der DDR, aus der regimetreuen DDR, wohlgemerkt
- ich zitiere Erich Fried -, sind ohne großes Aufsehen zu Granden in unserem
Kulturbetrieb geworden, haben, polemisch gesprochen, in einer Welt voller
imperialistischer und kapitalistischer Unterdrückung ein warmes Platzerl gekriegt
im Roten Wien.
Ja
und alle sind sie Mitglieder dieser Gesellschaft geworden, und zwar des
Präsidiums und des Vorstands. Das ist auch eine Besonderheit. Entsprechend der
vom Präsidium ausgegebenen Losung, das Zentrum der Gesellschaft ist das
Präsidium, gibt es da einen Vorsitzenden, einen Präsidenten, zwei Vizepräsidenten,
31 Präsiden, also praktisch einen Kopf ohne Körper. Und wenn man etwas
über die vielen Präsiden der Gesellschaft wissen will, dann schaut man eben am
besten in diesem Literaturlexikon der DDR nach.
Gleich im
Jahre 1990 beispielsweise ist dem DDR-Schriftsteller Christoph Hein der Preis
zuerkannt worden. Das ist jemand, der 1960 in die DDR zurückgegangen ist.
Übrigens, der Alfred Hrdlicka, unser Salonstalinist, wie man so sagt - wobei
ich nichts über sein künstlerisches Werk sage, man muss das schon auseinander
halten; künstlerisch finde ich ihn einen ausgezeichneten Bildhauer, aber
politisch hat er eigentümliche Ansichten; der gehört da dazu quasi -, der hat
diesen Preis kreiert. 1993 Christa Wolf, Jurorin, auch ehemalige DDR-Nationalpreisträgerin.
Das sind nur Schlaglichter. 1995 hat Elke Erb den Preis erhalten; sie siedelte
1949 in die DDR zurück. Ist mit einem gewissen Adolf Endler verheiratet
gewesen, der wegen Staatsgefährdung aus der BRD 1955 in die DDR gegangen ist.
Das ist alles in diesem DDR-Lexikon drinnen, bitte, bevor Sie sagen, ich
erfinde da irgendetwas.
1998 war Volker Braun
Juror und, wie das Leipziger Literaturlexikon sagt, einer der profiliertesten
Lyriker der DDR. War übrigens - nur als Seitenbemerkung - vor seinem Studium
Tiefbauarbeiter im Kombinat Schwarze Pumpe. Und, wie das Lexikon sagt, ein
Chronist und aktivierender Wegbereiter seiner am
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