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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 21.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 99

 

erfahrener und Neuerungen gegenüber aufgeschlossener Theaterfachmann als Leiter des Theaters in der Josefstadt nominiert. Er ist jemand, der das Wiener Theaterleben in den letzten 20 Jahren maßgeblich mitgestaltet und mitgeprägt hat, der das Theater in der Josefstadt unter den gegebenen schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen in eine gute Zukunft führen wird. Mit Thomas Birkmeier konnte für das Theater der Jugend, einer ganz großen, wichtigen und ausreichend hoch subventionierten Bühne ein junger und engagierter Theatermann gewonnen werden, der das Haus mit einem interessanten Konzept weiter öffnen will.

 

Das Duo Lechner-Welunschek steht für ein junges, urbanes, trashiges Volkstheater, das im Rabenhof seinen Platz finden wird. Gemeinsam mit dem bereits bestellten Duo Berg-Kosky als neue Schauspielhausleiter hat sich damit innerhalb von nur wenigen Monaten eine grundlegende Erneuerung der Theaterszene ergeben. Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass die Theatertournee in den Außenbezirken unmittelbar auch gefährdet war und nunmehr runderneuert unter der Leitung von Emmi Werner, Johanna Tomek und den Leiterinnen der Drachengasse, Eva Langheiter und Johanna Franz, weiter bestehen wird. Darüber hinaus ist es auf Ebene der kaufmännischen Leitungen gelungen, mit Marianne Aly im Theater der Jugend, Susanne Moser im Schauspielhaus und Ulrike Lintschinger für das Tanzquartier, Frauen in wichtige Leitungsfunktionen zu berufen.

 

Für all diese Funktionen war es mir wichtig, den Prinzipien von Offenheit und Erneuerung zu folgen.

 

Für all diese Funktionen ist dies am Ende auch gelungen. Für die überwiegende Mehrzahl dieser Funktionen war der Weg dorthin auch problemlos. In zwei Fällen war es das nicht, im Fall der Josefstadt und im Fall des Rabenhofs. Und das hängt zum einen damit zusammen, dass die beiden Probleme vor meiner Amtszeit am längsten ungelöst waren und die Entscheidungsstrukturen dort durch die vorangegangene Kulturpolitik sogar noch verkompliziert wurden, so als ob sie nicht ohnedies kompliziert genug gewesen wären.

 

Seit September 2000 war bekannt, dass Helmut Lohner im September 2002 die Leitung der Josefstadt abgibt. Im Jänner heurigen Jahres antwortete der damalige Kulturstadtrat auf eine Frage der Presse, ob er die Josefstadtführung vor der Wahl entscheiden wolle: "Nein, das hat Zeit." - Das eineinhalb Jahre, bevor Helmut Lohner geht.

 

Im Juli 2000 wird ein Sanierungskonzept beschlossen, in dem es unter anderem heißt, dass in den nächsten Wochen - Juli 2000 - die Umstrukturierung in eine Stiftung stattfinden soll. Knapp ein Jahr später war davon weit und breit nichts zu sehen. Vielmehr gab es zwischen dem Bund und der Finanzverwaltung der Stadt Wien eine Vereinbarung. In dieser Vereinbarung, die die Unterschrift des Kulturstadtrats und des Kunststaatssekretärs trug, wurde besiegelt, dass beide, nämlich der Bund und die Finanzverwaltung der Stadt Wien, von allen weiteren außerordentlichen Aufwendungen für die Josefstadt entbunden sind. Das heißt nicht mehr und nicht weniger, als dass alle weiteren Aufwendungen für die Josefstadt aus dem operativen Kulturbudget zu tragen wären. Die Wiener Kulturschaffenden würden, wenn das tatsächlich so wäre, sich schön bedanken.

 

Die Entscheidung über den Rabenhof wiederum wurde damals einfach an die Josefstadt Gesellschaft rückdelegiert, die damals von sich aus mit Karl Welunschek einen Vertrag abgeschlossen hat. Soweit, meine Damen und Herren, zu den Vorgeschichten.

 

Wenn all das so leicht gegangen wäre, wie Sie heute tun, dann stellt sich die einfache Frage, wieso die diesbezüglichen Entscheidungen fast ein ganzes Jahr, nämlich bis zum 27. April 2001, nicht getroffen wurden. Im Sinn der Öffnung und der Erneuerung, aber auch um die geradezu unlösbar erscheinenden Probleme auf eine neue lösbare Basis zu stellen, erschien es mir daher angebracht, über den Weg der Ausschreibungen gewissermaßen noch einmal bei Null zu beginnen. Im Fall der Josefstadt, wo es drei Entscheidungsberechtigte, nämlich Bund und Land als Subventionsgeber und fünf Gesellschafter als formal Entscheidungsberechtigte gibt, kam es dann zu Schwierigkeiten, und das erst dann, als sich zwei Entscheidungsträger plötzlich nicht mehr an das Ausschreibungsverfahren gebunden fühlen wollten, dem sie zuerst zugestimmt hatten.

 

Ein zweites Problem war, dass sich die Jury, der man alles andere als Parteinahme vorwerfen kann, nur zu einer einzigen Empfehlung durchgerungen hat und diese empfohlene Persönlichkeit kurze Zeit später nicht mehr zur Verfügung stand. Umso wichtiger war es, sich rasch auf eine weitere Persönlichkeit, nämlich Hans Gratzer, einigen zu können. Im Fall des Rabenhofs hat die Jury eine offene Empfehlung abgegeben - so wie das auch in einigen Fällen vorher der Fall war -, mit vier interessanten Konzepten, von denen zwei schlicht und einfach nicht finanzierbar waren. Ich habe mich dann aus inhaltlichen, nicht nur aus qualitativen Gründen, für das vorliegende Angebot von Welunschek und Lechner entschieden.

 

Nein, meine Damen und Herren, darin kann ich keine Intransparenz erkennen.

 

Nein, darin kann ich auch keine Absprachen erkennen.

 

Nein, darin kann ich auch kein Chaos erkennen.

 

Und nein, darin kann ich schon gar keine Parteipolitik erkennen, weil auch für diesen Vorwurf sind Sie bislang jeden, aber auch schon jeden Beweis, schuldig geblieben.

 

Wer dies dennoch tut, muss die Welt ganz offensichtlich nur aus dieser parteipolitischen Brille betrachten. Was verständlich ist, wenn man sieht, wie in der Bundesregierung Personalentscheidungen getroffen werden. Ihre Empörung hätte ich mir über so manche Personalentscheidung auf dieser Ebene gewünscht.

 

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