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Gemeinderat, 9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 138

 

40 Prozent. Ich verweise auf Nordrhein-Westfalen - das zeigt eine Untersuchung der Filmproduzenten, meine Damen und Herren -: 160 Prozent Beschäftigungszuwachs durch eine Wirtschaftspolitik, die sich auf Film, auf Unterhaltung, also darauf konzentriert, sich cultural industries im Filmbereich zur Aufgabe zu nehmen.

 

Was passiert da in Wien? - Diese Studie zeigt - Schande über den Kulturstandort Österreich, den Wirtschaftskulturstandort Österreich -, dass unter allen 15 EU-Ländern Österreich den geringsten Anteil an Beschäftigten in der Filmbranche hat. Hier würde man längst erwarten - da gibt es zwar erste Ansätze, aber diese Ansätze dauern so lange und ich sehe hier kein Ende in Sicht -, dass Bund, Wien, bis hinein in den ORF ein Konzept vorlegen, wie man einen Filmstandort Wien wirklich entsprechend ausbauen kann. Der Kulturstadtrat hat einiges angekündigt. Wir werden sehen, wann hier etwas passiert.

 

Nächster Bereich: der gesamte Bildungsbereich. Da nenne ich einfach ein paar Anreize, wo ich mir denke: Warum dauert das so lange? Warum geht hier so wenig? - Was man einmal mehr den Briten hoch anrechnen muss, ist, dass sie neben cultural industries Bildung zumindest von der grundsätzlichen Ausrichtung her ins Zentrum der politischen Auseinandersetzung gestellt haben. Da gab es - leider in Österreich viel zu wenig diskutiert - vor 14 Tagen eine sehr, sehr umfangreiche Vergleichsstudie, PISA, die unterschiedliche Länder verglichen hat, wobei Österreich im Verhältnis zu Deutschland gut abgeschnitten hat, wobei aber insbesondere - zur Überraschung vieler - jenes Land, das cultural industries wirtschaftspolitisch massiv puscht, auch bildungspolitisch weit vor Österreich liegt, in dem Fall Großbritannien, und zwar auch in Bezug auf einen Kritikpunkt, der Österreich weniger, Deutschland mehr getroffen hat, nämlich inwieweit sich Unterschiede in den Einkommensverhältnissen bildungsmäßig niederschlagen.

 

Alle, die über Wirtschaftsförderung modern weiterdenken, sagen, cultural industries und auch Ausbildung sind in den Focus, in den Zentralfocus zu nehmen. Und da wiederum sagen alle - darüber gibt es auch Untersuchungen, die Ihnen vorliegen -, dass es eine unglaubliche Sachgüterkonzentration gibt, also dort, wo man etwas angreifen kann, dort, wo etwas produziert wird, das wird gefördert, also Hardware. Aber Software im weitesten - ich meine damit nicht Computer - ist angesagt. Dort, wo knowledge entwickelt wird, soll angesetzt werden, dort, wo Kultur produziert wird, müssen Anreize gesetzt werden, um das auch beschäftigungspolitisch und wirtschaftspolitisch rüberzuführen.

 

Schauen wir uns ein bisschen die Kunstszene an. Ich möchte jetzt einmal zwei Beispiele herausnehmen. Es gab unter StRin Ederer - und das ist einer der vielen Kritikpunkte, dass Sie das alles wissen, meine Damen und Herren vor allem von der Sozialdemokratie, aber auch noch von der ÖVP, die Sie in der Regierung waren - eine Studie, bei der Prognos in Auftrag gegeben und noch in der letzten Periode fertig gestellt, die ganz genaue Vorschläge gemacht hat, wie man cultural industries ganz genau in Wien umsetzen müsste. Wir hatten im Parlament vor einigen Wochen eine Enquete zu diesem Bereich, wo ein Verfasser dieser Studie anwesend war, der ein bisschen darüber erzählt hat. Er hat zum Beispiel zwei wirtschaftspolitische Bereiche hergenommen, wo man konkret ansetzen könnte. Ich möchte diese zwei hier nennen:

 

Aus wirtschaftspolitischen Gründen und um die knappen Budgets von StR Mailath nicht anzuknabbern, wäre zeitgenössische Architektur als wirtschaftspolitischer Cluster zu sehen. Es würde mich jetzt interessieren, wenn vielleicht auch der Herr Strobl spricht, wann im Wirtschaftsförderungsfonds einmal gefragt wird, wie wir im Bereich zeitgenössische Architektur, wo wir mit dem Architekturzentrum einen durchaus guten Player in Wien haben, wirklich über Aufträge, über Entwicklungen, über Digitalisierungen wirtschaftspolitisch Fuß fassen können. Das würde nämlich eines voraussetzen: dass ein Wohnbaustadtrat, ein Planungsstadtrat, ein Kulturstadtrat hier wirklich zusammenfassend bis hinein in die Ausbildung Voraussetzungen für start-ups schaffen.

 

Nächster Bereich, ein Riesenstiefkind, wo ein Schatz von meist unter erbärmlichen wirtschaftlichen Verhältnissen Agierenden in dieser Stadt schlummert, das ist der Bereich der neuen elektronischen Musik in Wien. Wo ist im Bereich der Wirtschaftsförderung die neue elektronische Musik in Wien ein Thema? - Keines! Überhaupt keines! Tausende müssen in Wien darben, im Unterschied zu Großbritannien, im Unterschied zu einigen deutschen Zentren, wo das erkannt wird, dass Rechte besitzen, dass Entwickeln eine Voraussetzung ist, um einen Produktionsstandort mit Tonstudios, mit Komponisten, mit Labels, mit Konzertveranstaltern, mit einer Gastronomie aufzubauen. Hier kann etwas entstehen.

 

Hier kann etwas entstehen - und ich höre heraus: Was hat denn das mit Wirtschaft zu tun? - Früher hat es geheißen, geht zum Marboe, jetzt heißt es, geht zum Mailath. Alle, die das sagen, haben nicht begriffen, dass das ein Kern sein muss.

 

Und wiederum Großbritannien als Beispiel: Die haben das erkannt. Dass es möglich ist - und jetzt mögen manche lachen, wenn ich das als Beispiel verwende -, zeigt so jemand wie der DJ Ötzi, den ich ganz bewusst hier nenne. Ich will damit auch vermitteln, dass es nicht um einen Streit geht: Was ist Unterhaltungskunst, was ist vielleicht nur Kommerz, was ist klassische Musik oder auch klassische zeitgenössische Musik? - Um diese Frage geht es nicht, meine Damen und Herren, wenn wir über cultural industries diskutieren. Es geht um einen Gesamtrahmen, der Kruder & Dorfmeister genauso möglich macht wie andere. Lesen Sie die Interviews, die die beiden im "Spiegel" gegeben haben. Die haben gesagt: Wir haben uns durchgesetzt, obwohl uns niemand und

 

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